Landrat Thomas Habermann sieht man die große Besorgnis an, auch hinter der FFP2-Maske. "Die Lage ist dramatischer denn je. Wir steuern auf Fallzahlen zu, die wir noch nie hatten." Der von der Ministerpräsidentenrunde beschlossene harte Lockdown sei wichtig, um die dritte Welle mit der britischen Variante zu brechen. "Wie gefährlich die ist, sieht man an den aktuellen Coronazahlen im Landkreis", erklärt Helmut Klum, der Verbindungsarzt im Krisenstab. Zu den vier am Montag an das RKI gemeldeten Neuinfizierungen seien aktuell 39 weitere Fälle dazugekommen. "Nur zwei davon konnten wir nicht der britischen Variante B.1.1.7 zuordnen", so Klum.
Dem Nachbarn kurz geholfen - infiziert!
Der Landrat wird noch deutlicher. "Wir haben einen massiven Ausbruch in einer einzigen Ortschaft registriert, so dass ich spätabends noch den Bürgermeister angerufen habe". Der Ausbruch in Trappstadt sei nicht auf einen einzelnen Hotspot oder grobes Fehlverhalten zurückzuführen, so Habermann. Und: "Das kann morgen überraschend auch in jedem anderen Dorf aufschlagen. Diese Mutante ist weitaus gefährlicher als das Ursprungsvirus. Die Lage ist sehr, sehr ernst!" Der Landrat kennt einen Infizierten, der "nur eine Viertelstunde seinem Nachbarn half, die Spülmaschine zu reparieren. Das reicht, um sich zu infizieren."
Diese potenzierte Gefahr sei offensichtlich noch nicht bei allen in der Bevölkerung angekommen. Es werde noch viel zu unvorsichtig miteinander kommuniziert. Er setzt auch deshalb auf die bevorstehenden fünf Oster-Tage, die jeder für sich als kontemplative Zeit annehmen und die Kontakte auf das allerwichtigste reduzieren sollte.
Drei Säulen bei den Testungen
Neben dem Impf-Fortschritt - bislang haben zwölf Prozent der Rhön-Grabfelder eine Erst-Impfung - sollen gerade auch flächendeckende Testungen helfen, etwaige Erkrankungen schnell zu erkennen und Infektionsketten zu unterbinden. "Diese Tests müssen wir ausweiten, das haben auch die Ministerpräsidenten und die Kanzlerin beschlossen in der Nacht zum Dienstag", so Habermann. Er verweist auf die Teststrategie in drei Säulen. Erstens werde an den Schulen getestet, und zwar auf freiwilliger Basis.
Rhön-Grabfeld habe auf Eigeninitiative seit 22. Februar Lehrkräften und Personal der Kitas angeboten, sich jede Woche auf Covid-19 testen zu lassen. Das Rote Kreuz hatte dazu 183 Personen mit medizinischen Vorkenntnissen geschult, wie ein solcher Schnelltest angewendet wird. 687 Personen haben dies in Anspruch genommen, "das sind etwa 60 Prozent des Personals landkreisweit", sagt Schulamtschefin Inga Palma. Und: "Aus meiner Sicht noch zu wenig!" Seit Montag gibt es auch die Schnelltests für die Schulen. "Mit dem Schul- und Kita-Personal werden sich etwa 2300 Personen zweimal in der Woche testen lassen", so Palma.
Schnelltests auch für 9108 Schüler in Rhön-Grabfeld
Spätestens nach den Osterferien sollen allen Schülern, das sind 9108 im Landkreis, Schnelltests angeboten werden, wenn genügend Material geliefert wird. Die Tests sind alle freiwillig. "Wir bitten alle Beteiligten, an der Testung teilzunehmen." Derzeit werde das Einverständnis der Eltern abgefragt. "Ich kenne die Sorgen der Eltern, wenn ihr Kind plötzlich positiv getestet wird und dann eine Außenseiter-Rolle hat", sagt Landrat Habermann. "Das muss man mit viel psychologischem Geschick handhaben!" Laut Schulamtschefin Palma kümmern sich die Lehrer im Vorfeld schon intensiv um die Akzeptanz. "Kein Kind wird ausgeschlossen bei uns!" In diesem Zusammenhang weist Palma darauf hin, dass Schulbeschäftigte, die aus einem Landkreis mit hohen Inzidenzzahlen kommen, einen negativen Schnelltest nachweisen müssen.
Die zweite Säule umfasst die kostenlosen Tests für die Allgemein-Bevölkerung, die dritte die Beschäftigten in den Betrieben. Zur zweiten Säule hat der Krisenstab beschlossen, im Landkreis neben den momentan elf anbietenden Apotheken auch Schnelltests an der Teststrecke Heustreu vorzuhalten. Dort könnten 66 Tests von Montag bis Donnerstag (jeweils von 13.30 bis 16.45 Uhr) durchgeführt werden, "wenn", so schränkt Alexander Klamt vom BRK ein, "die Software samt der App Doctorbox läuft. Wir warten nahezu stündlich darauf, dass das funktioniert", so der BRK-Mann aus Bad Neustadt.
Bischofsheim, Ostheim und Bad Königshofen
Feststeht allerdings, dass neben den vielen Hausarztpraxen alltäglich an drei Stellen im Landkreis montags in Bischofsheim, dienstags in Ostheim und mittwochs in Bad Königshofen dezentral Schnelltests für jeden durchgeführt werden können. Ab 29. März hat das Feuerwehrhaus in Bischofsheim geöffnet, ab Dienstag, 30. März, die Markthalle in Ostheim und ab Mittwoch der große Kursaal der Frankentherme in Bad Königshofen - alle drei Stellen an den genannten Tagen jeweils von 14 bis 16.45 Uhr. Dort können im Drei-Minuten-Takt jeweils etwa 56 Tests durchgeführt werden. "Wenn man sich die Doctorbox-App heruntergeladen hat, bekommt man sein Ergebnis aufs Smartphone. Solange das noch nicht möglich ist, muss man die 15 Minuten warten und bekommt eine Bescheinigung", so Alexander Klamt.
Sollte die Nachfrage nach Schnelltests noch höher sein, überlege man sich, ob nicht in Bad Neustadt noch ein Ort dazukommt, wie damals zu Weihnachten, sagt Thomas Habermann. Positive Ergebnisse dieser Schnelltestungen werden automatisch ans Gesundheitsamt für einen PCR-Test und zur Nachverfolgung weitergeleitet. In diesem Zusammenhang bittet das Amt darum, sich nicht im Gesundheitsamt zu melden, wenn in einer Kindergartengruppe ein positiver Fall aufgetreten ist. "Da soll man sich vorsorglich in Quarantäne begeben. Das Amt wird die Kontaktpersonen nach und nach anrufen", appelliert Habermann.
Der Landrat hofft, dass sich seine Befürchtungen ("Vor Ostern könnten wir noch über die 200-Grenze kommen") nicht bewahrheiten. "Uns allen stehen vier harte Wochen bevor. Ich setze darauf, dass das Licht am Ende des Corona-Tunnels mit der größeren Impfmenge immer deutlicher zu sehen ist. Aus meiner Sicht haben wir die Mitte der Pandemie schon überschritten!" Und dabei kam auch ein Lächeln unter der FFP2-Maske zum Vorschein.