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Bad Königshofen
Streit um die Grabfeldrallye: Welche Autos dürfen fahren?
Das Tischtuch zwischen dem ADAC Nordbayern und dem AMC scheint zerschnitten, wenn auch der Automobilclub noch von einem schwebenden Verfahren spricht. Wie kam es dazu?
Die Auseinandersetzung um die so genannten Gruppe-H-Fahrzeuge bei der Grabfeld-Rallye rund um Sulzdorf kosteten den Bad Königshofer AMC den Status als ADAC-Ortsgruppe.  
Foto: Anand Anders | Die Auseinandersetzung um die so genannten Gruppe-H-Fahrzeuge bei der Grabfeld-Rallye rund um Sulzdorf kosteten den Bad Königshofer AMC den Status als ADAC-Ortsgruppe.  
Michael Petzold
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:29 Uhr

Was die Motorsportfans am meisten interessieren dürfte: Die 26. Grabfeld-Rallye wird am 6. Juli wie geplant gestartet. Auch wenn der ADAC Nordbayern, unter dessen Flagge die Veranstaltung 24 Jahre lang gelaufen war, dem ausrichtenden Verein AMC (Automobilclub) Bad Königshofen den Stuhl vor die Tür gestellt hat. Ausschlaggebend für die Aberkennung des Ortsvereinsstatus waren Auseinandersetzungen über die Ausrichtung der 25. Rallye im vergangenen Jahr. Unter anderem hatte da der Automobilclub auch Fahrer mit so genannten Gruppe-H-Autos zugelassen, obwohl das nach einer bis heute umstrittenen Regeländerung des übergeordneten Verbandes DMSB  (Deutscher Motor Sport Bund) seit Anfang 2017 nicht mehr zulässig war.

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Um welch komplexes Thema es sich bei der Zulässigkeit verschiedener Fahrzeuge handelt, macht die Aussage der AMC-Vorsitzenden Sylvia Wacker aus Sulzdorf deutlich: "Wir hatten aber auch viele topmoderne Fahrzeuggruppen des Weltverbands FIA  und alternative Antriebstechniken sowie umweltfreundlichere Kraftstoffe zugelassen, die der DMSB ebenfalls bei Veranstaltungen wie der Grabfeldrallye kategorisch ausschließt."    

Nach 65 Jahre Verbundenheit wurde dem AMC der ADAC-Ortsvereinsstatus entzogen 

Sylvia Wacker kann nicht nachvollziehen, dass ein Verein, der seit seiner Gründung 1952 - also mehr als 65 Jahre - mit dem ADAC verbunden war, so einfach vor die Tür gesetzt wird, zumal sie der Ansicht ist, dass der AMC alle Forderungen des ADAC erfüllt habe. Bei der Pressestelle des ADAC-Nordbayern ist dazu mit Hinweis auf das noch schwebende Verfahren keine Stellungnahme zu erhalten. Was in diesem Fall noch zu klären ist, erschließt sich allerdings nicht anhand des per Einschreiben verschickten und auf den 28. Februar datierten Schreibens zum "Entzug der Bezeichnung als ADAC Ortsclub ("im ADAC")". Denn hier wird nach einstimmigem Vorstandsbeschluss das Recht, sich ADAC-Ortsclub zu nennen, mit sofortiger Wirkung entzogen. Nachdem der AMC die vierwöchige Berufungsfrist nicht genutzt hatte, stellt sich die Frage, was an diesem Verfahren noch in der Schwebe ist. Auch dazu gab es von Pressereferent Florian Heuzerothder  für diese Redaktion keine Antwort.        

Anzeige für den Anbieter YouTube über den Consent-Anbieter verweigert

Fast das ganze zurückliegende Jahr hatte sich die Auseinandersetzung hingezogen, Schreiben gingen hin und her, Gespräche wurden geführt, Sylvia Wacker hat die Chronologie der Ereignisse festgehalten. Der AMC kam dabei der Forderung nach, die Grabfeldrallye nicht mehr mit dem Namen des ADAC in Verbindung zu bringen. Bereits im Januar hatte man entschieden, die Veranstaltung unter dem Dach des wenig später gegründeten RSC (Rallye-Supercup e. V.) durchzuführen, weil dort die strittigen Fahrzeuge noch starten dürfen. Den RSC leitet Patrick Mohr aus Coburg, der ehemalige Pressesprecher des AMC. Zwölf Tage vor Start der Rallye im vergangenen Jahr erreichte den AMC dann die Forderung des ADAC, die Veranstaltung nicht auszurichten, worauf sich der Verein nicht einließ. "Das war alles viel zu kurzfristig, um noch etwas zu ändern", sagt Sylvia Wacker. 

Fahrer wurden vom Sportgericht zu Geldstrafen auf Bewährung verurteilt

Zum Rennen sei dann ein ADAC-Vertreter gekommen, der Fotos gemacht habe von Teilnehmern, die nach der DMSB-Regel nicht hätten dabei sein dürfen, erinnert sich die Vorsitzende. Dabei handelte es sich um 36 Starter-Teams, die sich vor dem Sportgericht wiederfanden und zu je 2000 Euro Strafe auf Bewährung verdonnert wurden. Sollten sie bis Ende dieses Jahres allerdings als Lizenznehmer des DMSB noch einmal an einer vom Motor-Sportbund nicht genehmigten Veranstaltung teilnehmen, dann müssen sie zahlen. Weil auch die nächste Grabfeld-Rallye nicht mit dem Segen des DMSB laufen wird, befürchtet Sylvia Wacker natürlich, dass die verurteilten Fahrer der nächsten Rallye am 6. Juli fernbleiben. Das würde das normalerweise 100 bis 180 Starter starke Teilnehmerfeld deutlich dezimieren würde und auch erhebliche finanzielle Einbußen mit sich bringen.          

Im weiteren Verlauf der Auseinandersetzung versicherte der AMC im August 2018 bei einem Treffen mit Vertretern des ADAC-Nordbayern in Nürnberg, die Rallye als Verein nicht mehr auszurichten. Um den drohenden Rausschmiss zu verhindern und die Rallye trotzdem am Leben zu erhalten, kündigte der AMC an, den Verein ONS (Organisation Nationaler Sport) zu gründen. Damit schien für den AMC die Kuh vom Eis zu sein, was sich allerdings als Trugschluss herausstellen sollte.  

Ausgrenzung der Gruppe-H-Fahrzeuge sorgt in der Szene für heftige Diskussionen

Die Ausgrenzung der Gruppe-H-Fahrzeuge - hier handelt es sich meist um Autos etwas älteren Baujahrs, die von ihren Besitzern mehr oder weniger aufgemotzt wurden - sorgt auch in einschlägigen Fachmedien für gehörige Aufregung. In der Zeitschrift  "Rallye-Magazin" wurde ein Interview, in dem auch von der Grabfeldrallye die Rede war, mit einem Vertreter des DMSB mit durchweg kritischem Tenor bei den Kommentaren diskutiert. Auch der Verbandsvertreter gestand Fehler in der Sache ein, korrigiert wurden sie aber bislang noch nicht. Was wiederum ein Hauptgrund für den Verbandswechsel des AMC ist.   

Für Unmut hatte beim ADAC übrigens auch ein Presseartikel über die alljährliche vom AMC in den Ferien ausgerichtete Fahrradrallye gesorgt. Dort war von der Streichung der weiterführenden Regionalentscheide und des Bundesentscheids die Rede gewesen.  Pressereferent Heuzeroth  erklärte dazu, dass lediglich der Abschlusswettbewerb gestrichen worden sei, alle alle anderen aber nach wie vor stattfinden würden. AMC-Vorsitzende Wacker bleibt dabei, dass nur die lokalen Prüfungen übrig geblieben seien.  Vergangenes Jahr jedenfalls habe es keinen Regionalentscheid mehr gegeben.    

Wie geht es jetzt weiter? Schon jetzt ist klar, dass durch die drohende Geldbuße eine Reihe Fahrer am 6. Juli nicht mehr bei der Grabfeldrallye starten werden. Welche Konsequenzen das für Rallye-Veranstaltung haben wird, weiß Sylvia Wacker derzeit noch nicht zu beantworten. Ebenso wenig hat sie sich entschieden, ob sie privat noch Mitglied im ADAC bleibt.

 
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  • G. K.
    Rallyes sind ein völlig unzeitgemäßer Sport und sollte eigentlich gar nicht mehr stattfinden.
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  • G. F.
    Lieber Herr detalango diesen intoleranten und unangebrachten Satz hätten Sie sich ruhig sparen können. Haben Sie schon mal einen Motorsportler gehört der die Abschaffung von Fußball verlangt hat nur weil jedes Wochenende abertausende an Anhängern zu den Spielen fahren? Sicher nicht.
    Man sollte mal öfter über das Sprichwort "Leben und leben lassen" nachdenken als immer nur stur auf seine Meinung und Einstellung zu beharren.
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  • G. Z.
    Vorschlag: wenn ohnhin schon nicht mehr am ADAC-Reglement gebunden, dann noch eine neue Sportdisziplin aufmache. Zu den H-Fahrzeugen nun auch die B-Fahrzeuge. Die gibts beim Beton-Englert. Die fahren mit Karacho in frischen Beton und wer am weitesten fährt hat gewonnen. Der Testlauf in der vergangenen Woche hat schon perfekt geklappt und für bundesweit für Furore gesorgt. Das Bild davon ging um die Welt ! Auf nur Mut. Freie Fahrt für freie Bürger war einst der Slogan des ADAC und stammt nicht von der AfD! Danach war das der Spruch auf einem Plakat der Montagsdemos der DDR, die nachher die Wende mit herbeiführte. Der ADAC ist in seiner unversöhnlich monotheistischen Art die SED der Autofahrer. Der ADAC gängelt im Rennsportwesen! Ein Widerspruch in sich. Hier gehts um Sport, um Rennsport in der Automobilrepublik Deutschland. Eigentlich ein Verrat an sich selbst
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  • D. S.
    Sportgericht?? Was für eine Parallelgesellschaft ist das, die sich anmaßt Richter zu sein. Ich finde das lächerlich.
    ( berifft auch andere Sportarten )
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  • U. S.
    Dem ADAC ist wohl auch so einiges zu Kopf gestiegen.... Werde in einen anderen Automobilclub wechseln.
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  • G. F.
    Dieses Schmierentheater vom ADAC und des Sportverbandes DMSB schreit zum Himmel. Man spricht sich selbst Rollen zu und setzt Verhaltensweisen an den Tag die nur Macht und diktatorische Gier erkennen lassen. Der Sport, hier speziell der Breitensport, bleibt auf der Strecke. Jahrelang wurde der Breitensport von DMSB kaum beachtet, geschweige denn gefördert, der ADAC als der beherrschende Träger des DMSB fährt im gleichen Zug. Dann nehmen sich engagierte Leute dieser Missverhältnisse an und stellen etwas auf die Beine und bekommen nur Knüppel zwischen die Beine. Aktive und auch Helfer bekommen Strafen angedroht und auch ausgesprochen.
    Ich selbst bin schon vor Jahren aus dem ADAC ausgetreten da auch in anderen Bereichen Dinge passieren die man einfach nicht mehr tragen kann.
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