
Was ist das für ein Urteil? Da rast eine Frau mit mindestens 1,1 Promille und 130 Stundenkilometern in den Gegenverkehr und verursacht den Tod eines Menschen. Und nun? Ein Jahr Jugendstrafe auf Bewährung. Dieses Urteil ist doch viel zu mild, wird mancher schimpfen. Man denke bloß an die Familie des ums Leben gekommenen Mannes.
Eine Meinung, die nicht unberechtigt ist. Nicht zuletzt sah das auch der Staatsanwalt so und forderte zwei Jahre und drei Monate Haft für die nun 20-jährige Frau.
Weg zurück in ein normales Leben offenhalten
Aber man kann durchaus auch zu einem anderen Urteil kommen. Das tat das Bad Neustädter Jugendschöffengericht. Und das war richtig. Auch wenn es juristisch wohl kein Argument ist: An das, was die junge Frau in den vergangenen eineinhalb Jahren und wohl ihr ganzes Leben lang als gesundheitliche Folgen des Unfalls ertragen hat und noch ertragen muss, kommt eine Gefängnisstrafe nicht heran. Von Schuldgefühlen ganz abgesehen.
Juristisch entscheidend ist aber: Dass es sich bei der jungen Frau noch nicht um eine "Erwachsene" handelt, war nicht nur für die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe offensichtlich. Entsprechend war Jugendstrafrecht anzuwenden. Das aber hat das Ziel, jungen Menschen Wege zurück in ein normales Leben offenzuhalten. Und genau das hat dieses Urteil getan.
Bedeutet der Satz im Gegenzug, dass man nach drei, vier, fünf Jahren und länger im Gefängnis also keinen Weg zurück in ein normales Leben finden kann?
Die junge Frau ist 19; selbst bei einem Urteil von 5 Jahren Haft ohne Bewährung und Anwendung der üblichen vorzeitigen Haftentlassung bei Ersttätern und selbst im Fall einer Privatinsolvenz nach all den möglichen Geldforderungen wäre die junge Frau in einem Alter von 25 Jahren ein Neuanfang gegönnt mit allem Chancen!
Schulabschlüsse und Ausbildungen sind im Gefängnis ebenfalls möglich und gerade so etwas kann auch eine gewisse Rettung sein.
Würde man einem jungen Täter vielleicht mit einer höheren Strafe nicht sogar etwas gutes Tun?
Durch so eine geringe Strafe fühlt man sich doch selbst ungerechtfertigt als "zu gut davongekommen".