Die Sitzung vor dem Weihnachtsfest nutzen traditionell die Stadtratsfraktionen wie auch der Bürgermeister zu einem Rückblick auf das zu Ende gehende Jahr sowie für einen Ausblick in die Zukunft. Da Bürgermeister Michael Werner wegen einer Erkältung der Sitzung in der Stadthalle fernblieb, oblag es allein den Fraktionssprechern, die aktuelle Situation der Stadt in einer kurzen Stellungnahme zu umschreiben. Neben vielen positiven Meinungen waren auch kritische Stimme zu vernehmen.
Man könnte schon weiter sein
Es zeigt sich Licht am Ende des Tunnels der Pandemie betonte Viola Neugebauer in ihrer Jahresabschlussrede für die Fraktion der Freien Wählergemeinschaft. "Wir könnten schon viel weiter sein", meinte auch Angelika Högn-Kößler für die Grünen. Bastian Steinbach (CSU) sprach von Meilensteinen, die es in Zukunft zu erreichen gilt. SPD-Fraktionssprecher Janis Heller will indes auch weiterhin im dichten Nebel des Alltagsgeschäfts die Leitsterne der Stadt finden und ausgestalten. Johannes Benkert als Sprecher der Fraktionsgemeinschaft Neuschter Liste/FDP holte zum Rundumschlag aus, was derzeit so alles schieflaufe in der Stadt und besonders im Stadtrat.
Blick auf die Innenentwicklung
Mehr Meilensteine wie den Ausbau der Alten Amtskellerei zu einem kulturellen Zentrum forderte Bastian Steinbach für die zukünftige Arbeit des Stadtrates. "Wir müssen Dinge anschieben, Projekte realisieren, sie auf den Weg bringen, uns nicht im Kleinklein verlieren, sondern echte Meilensteine setzen", sagte Steinbach. Der Fraktionssprecher der CSU betonte, die Innenstadt verstärkt in den Fokus zu nehmen, um sie nicht weiter zu verlieren. Die Modellstadt für Elektromobilität wie das große Projekt "Leben findet Innenstadt" müssten in die Zukunft gedacht werden. Dazu gehöre auch ein verstärkter Fokus auf Mehrfamilien- statt auf Einfamilienhäuser. "Das ist ein weiterer Meilenstein einer sinnvollen, zukunftsorientierten und nachhaltigen Stadtentwicklung", sagte Steinbach. Die Stadt müsse hierbei auch ihrer Verantwortung als "Lokomotive im Landkreis" gerecht werden.
Den Blick auf die jüngsten Mitbürger behalten
Ein Licht am Ende des Tunnels in Sachen Corona sieht Viola Neugebauer (Freie Wählergemeinschaft): "Zum einen durch das Impfangebot an alle Bürgerinnen und Bürger, zum anderen in den gesammelten Erfahrungen des vergangenen Jahres", so die Fraktionssprecherin. Ihr Augenmerk richtete sie auf die jüngsten Mitbürger für die die Stadt auch in Zukunft in Sachen Kitas, Horte und Schulen innovative und moderne Lösungen bereitstellen müsse. Neugebauer lobte die Weiterführung des sogenannten Brückenschlags zwischen Altstadt und Bahnhof: "Unsere schöne Stadt soll auch in Zukunft attraktiv wirken und zum Verweilen einladen."
Zu viele Autos in der Innenstadt
Das lange von den Grünen geforderte und nun endlich kommende Integrierte Mobilitätskonzept wurde von Fraktionssprecherin Angelika Högn-Kößler ausdrücklich befürwortet. "In Folge von Corona haben wir in der Innenstadt viel zu viele Autos", so Högn-Kößler. Besonders hob die Fraktionssprecherin das geplante alternative Energiekonzept des Baugebietes "Westlich des Lebenhaner Weges" hervor. Ein deutliches Nein äußerte sie jedoch in Sachen Wohnprojekt in der Von-Guttenberg-Straße.
Die Auswirkungen des Onlinehandels auf die Geschäfte der Innenstadt hob Janis Heller, Fraktionssprecher der SPD, hervor. Heller forderte den Stadtrat auf, wieder mehr "Leitsterne" zu erkennen und in die Tat umzusetzen. Das gelte auch für eine neue Weichenstellung in Sachen Klima- und Umweltpolitik, so Heller.
Warum diese Fluktuation im Rathaus?
Bedauert wurde von allen Fraktionen der Weggang von städtischen Mitarbeitern in Schlüsselpositionen wie in der Geschäftsleitung im Rathaus oder der Geschäftsführung der Tourismus und Stadtmarketing GmbH. Besonders deutlich wurde Johannes Benkert: "Man könnte fast unken, alles was noch nicht zu alt ist, flieht aus der Stadt", so der Fraktionssprecher der Neuschter Liste/FDP. Benkert schimpfte in seiner Rede über zahlreiche Projekte und Fehlentwicklungen.
Die Neuansiedlung von mittelständischen Unternehmen scheitere an fehlendem Grund und Boden, das Triamare sei "marode und technisch eigentlich kaum zu retten". Und dann der Hauptstreitpunkt im Stadtrat: Das Wohnprojekt in der Von-Guttenberg-Straße. "Hier hat sich in diesem Jahr gezeigt", so Benkert, "dass der Stadtrat in sich zerrissen ist." Und weiter: "Wenn das Projekt nicht in den nächsten Wochen gestoppt wird, dann hat das für Bad Neustadt dramatische Folgen", sagte Johannes Benkert.
Doch über all diesen Problemen steht auch seiner Meinung nach der Kampf gegen Corona. "Alle Kritikpunkte verblassen gegenüber dem, was oben in Herschfeld auf der Coronastation an unseren Mitmenschen geleistet wird."