Nach dem Corona-Ausbruch bei Tönnies stehen Schlachthöfe in ganz Deutschland unter besonderer Beobachtung. Ende Mai hatte Gesundheitsministerin Melanie Huml Reihentests in allen bayerischen Schlachtbetrieben angeordnet. Die Mitarbeiter der Schlachthöfe in Bad Neustadt und in Wülfershausen wurden alle negativ getestet. Für diese Woche ordnete Landrat Thomas Habermann erneut Tests an. Nicht aus einem gegebenen Anlass, sondern um auf Nummer sicher zu gehen, sagte er in der Sitzung des Kreisausschusses am Dienstag. Das Landratsamt arbeite sehr eng und vertrauensvoll mit den Schlachthöfen zusammen.
Personal aus der Region
Verantwortlich gemacht werden für die Häufung der Infektionen in den Großbetrieben der Fleischindustrie vor allem die äußeren Rahmenbedingungen, unter denen viele ausländische Werkvertragsarbeiter sind. Oft sind diese Menschen auch noch sehr prekär untergebracht.
Solche Beschäftigte gibt es im Bad Neustädter Schlachthof nicht. In dem Betrieb der zur Baden-Württemberger Färber-Gruppe gehört, arbeiten 16 Facharbeiter aus der Umgebung. Sie schlachten ungefähr 200 Schweinen pro Woche, informierte Harald Koneberg, Lebensmittel-Ingenieur in der Färber-Zentrale in Emmendingen.
Auch im Wülfershäuser Schlachtbetrieb, der Rhön-Grabfeld-Fleisch GmbH, werden nur Mitarbeiter aus der Region beschäftigt, sagte Geschäftsführerin Kerstin Meckel. 13 Männer und Frauen arbeiten dort. Sie schlachten 100 bis 125 Schweine und 25 bis 30 Rinder pro Woche. Außerdem bringen Selbstvermarkter, beispielsweise Biohöfe, ihr Schlachtvieh nach Wülfershausen. Das Vieh komme von Bauernhöfen aus dem Grabfeldgau und der Rhön aus artgerechter Tierhaltung und Fütterung.
Warum kleine Schlachthöfe wichtig sein
Der Erhalt dieser kleinen Schlachthöfe ist dem Landrat wichtig, und dies aus mehreren Gründen: Ein Schlachthof vor Ort sei ebenso wichtig für die Metzger wie auch für die Landwirte der Region. Den Tieren würden keine belastenden, langen Transporte zugemutet und die Verbraucher könnten Fleisch aus der Region kaufen.
Den Verbraucher sieht Landrat Thomas Habermann besonders in der Pflicht: Denn wenn Kunden beim Metzger oder im Supermarkt mit Nachdruck Fleisch von Tieren verlangen, die in der Region unter Tierwohl-Vorgaben gehalten wurden, sei vielen gedient - den Tieren, den Erzeugern und den Schlachthöfen vor Ort.
Letztendlich zählt immer der Preis
Habermann hat auch eine Idee, wie man das durchsetzen könnte: "Fragen Sie in der Metzgerei und im Restaurant nach, wo das Fleisch herkommt. Der Verbraucher muss den Wirt und den Metzger unter Druck setzen", schlug Landrat Thomas Habermann in der jüngsten Sitzung des Kreisausschusses vor. Er selbst will mit gutem Beispiel vorangehen und in Restaurants nur noch Fleisch essen, das aus der Region kommt.
Kerstin Meckel begrüßt den Vorstoß des Landrats, mag aber nicht so recht glauben, dass der Verbraucher sein Konsumverhalten auf Dauer ändern wird. Viele Menschen haben ihrer Erfahrung nach keinen Bezug zu Nutztieren, zu der Art, wie sie in Ställen gehalten werden und wie sie letztendlich geschlachtet werden. Im Augenblick erfahre das Thema sehr viel Aufmerksamkeit. Sie zweifelt aber, dass dies zu langfristigen Verhaltensveränderungen führen wird.
Letztendlich, sagt sie, zähle immer der Preis. Das könne man jetzt, in der Grillsaison, sehr gut beobachten: Der Grill auf der Terrasse könne gar nicht teuer genug sein, das Fleisch, das darauf gegrillt wird, sei meistens das billigste.