Es lässt sich getrost sagen, dass bei der Reich GmbH in Mellrichstadt der Haussegen schief hängt. Das Band zwischen Unternehmensführung und Belegschaft scheint zerrissen. Jedenfalls belegten Redner der Protestkundgebung der IG Metall auf dem Festplatz Streuwiese in Mellrichstadt die Geschäftsführung mit bitteren Vorwürfen für den überraschenden Austritt aus dem Arbeitgeberverband.
Am Tag der Arbeit versammelten sich laut Gewerkschaft mehr als 300 Teilnehmer. Gereizt war die Stimmung, denn groß war die Enttäuschung über den Schritt der Unternehmensführung, der laut Betriebsratsvorsitzendem Christian Zirk für die Mitarbeiter völlig überraschend erfolgt sei. Besonders getroffen habe ihn auch die Art und Weise, wie den Arbeitnehmervertretern die Nachricht überbracht worden sei: Ahnungslos seien sie am 19. April zu einem Treffen geladen worden, bei dem ihnen der Austritt und die Unwiderruflichkeit dieses Schritts mitgeteilt worden sei. "Das ist eine Respektlosigkeit, wie man sie sich eigentlich nicht vorstellen kann", sagte Zirk bei der Kundgebung.
Gewerkschaft verweist auf Verhandlungsbereitschaft
Geradezu als eine Frechheit empfinde er die Erklärung für das Verlassen der Tarifgemeinschaft, machte er deutlich. So soll die Unternehmensführung den Gewerkschaftsvertretern fehlende Verhandlungs- und Kompromissbereitschaft vorgeworfen haben. Einer solchen Behauptung fehle jedoch jegliche Grundlage, beteuerte Zirk und erinnerte an die jüngste Entwicklung bei der Firma Reich.
Demnach sei das Unternehmen 2018 in eine wirtschaftliche Schieflage geraten. Daraufhin habe die Belegschaft auf einen Teil des Lohns verzichtet. 2020 seien nochmals in einem Ergänzungstarifvertrag Abschläge vereinbart worden. Jetzt habe sich die Lage entspannt und das Unternehmen sei wieder auf einem besseren Weg, sodass der Austritt laut Zirk erst recht unverständlich sei. "Fehler in der Betriebsführung werden nun der Belegschaft angelastet", verwies er auf die Errichtung einer Produktionshalle, die immer noch leer stehe.
Übernahmeversicherung für Auszubildende fällt weg
Auch für Jugendvertreterin Lina Geis war die Vorgehensweise der Betriebsleitung "eine Enttäuschung". Mit der Aufkündigung der Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband und damit dem Außer-Kraft-Setzen der Tarifhoheit falle auch die Übernahmeversicherung für Auszubildende weg, stellte die junge Frau fest.
Beschwichtigungen, es werde sich erst einmal nichts ändern, sei grundsätzlich zu misstrauen, warnte Gewerkschaftssekretär Thomas Höhn von der Bezirksstelle der IG Metall in Schweinfurt. Erfahrungsgemäß würden sich Verschlechterungen Schritt für Schritt einschleichen, erinnerte Höhn an einen Vorredner und ehemaligen Remog-Beschäftigten aus Münnerstadt. Der hatte geschildert, dass bis zur Betriebsschließung der Belegschaft immer mehr Zugeständnisse abgerungen worden seien. Zuletzt mussten bei Remog sogar 40 statt 35 Stunden bei gleichem Lohn gearbeitet werden.
Betriebsrat kündigt weitere Aktionen an
Höhn warnte die Zuhörer, sich nicht von Versprechungen blenden zu lassen. Vielmehr forderte er auf, Solidarität untereinander zu zeigen und keine Eingeständnisse zu machen, die nicht von der gesamten Belegschaft getragen werden. "Es ist schon einige Jahre viel schiefgelaufen, dafür seid aber nicht ihr, sondern die Betriebsführung verantwortlich", rief Höhn unter dem Beifall der Zuhörer auf der Streuwiese.
Nach weiteren Beiträgen von DGB-Kreisvorstandsmitglied Thorsten Raschert sowie Gewerkschaftssekretär Matthias Gebhardt gab Christian Zirk gegenüber dieser Zeitung an, dass die Veranstaltung der Auftakt für weitere Aktionen sei, deren Umfang und Verlauf von der weiteren Entwicklung der Verhandlung abhängig sei.
Laut Polizei verlief die Demo ohne besondere Vorkommnisse unter Einhaltung der Corona-Regeln.
Die Gewerkschaften haben schon viele mittelständische Firmen in den Strudel der Maßlosigkeit und Unverhältnismäßigkeit gerissen!
Diese erpresserische Methoden in den Tarifverhandlungen haben Deutsche Betriebe schon lange die Wettbewerbsfähigkeit genommen.
Im internationalen Vergleich sind die Personalkosten zu hoch, die Arbeitszeiten zu niedrig und die zusätzlichen Leistungen maßlos überzogen.
Mir ist klar, dass der Arbeitnehmer nichts von den Pfründen abgegeben möchte. Aber wieviele Betriebe haben Teile dadurch verlagern müssen, schließen müssen oder zumindest Arbeitsplätze abbauen müssen. Die einzigen die sich die Hände reiben sind die Gewerkschaftsbosse, deren Statthalter in den Betrieben und die Betriebsräte.
Eure Arbeitszeitmodelle sind unrealistisch gegenüber dem Rest der arbeitenden Bevölkerung
Aber keine Sorge, ich liebe meine Selbstständigkeit und deren Nachteile