Architekt Peter Dechant hatte auf dem Freigelände der Caritas-Sozialstation in Mellrichstadt mit rot-weißen Bändern den Grundriss abgesteckt, auf dem das neue Pflegeübungszentrum (PÜZ) entstehen soll. Kreiscaritas-Geschäftsführerin Angelika Ochs freute sich, dass das Modellprojekt Fahrt aufnimmt. „Leider fehlen noch Dach und Wände, die Einrichtung wurde schon mal hingestellt“, wies sie humorvoll auf den Grundriss hin.
Per se ist dieses Modellprojekt etwas völlig Neues, bisher gebe es nichts Vergleichbares, was die Sache etwas schwierig mache. Hier sollen Angehörige und Kranke lernen können, mit einer Pflegesituation zurechtzukommen. Positive Anzeichen seien erkennbar, dass das Projekt vom Staatsministerium für Gesundheit und Pflege mit Geldern des Freistaats gefördert werde. Auch vom Deutschen Hilfswerk werde eine Förderung erwartet.
Besonders begrüßte Ochs Prof. Dr. Holger Truckenbrodt mit der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt mit seinen Studentinnen, die das Projekt im Vorfeld begleitet und eine Studie erstellt haben. Dank galt den Landtagsabgeordneten Steffen Vogel und Sandro Kircher, mit denen man gemeinsam für die Umsetzung gekämpft habe.
Angelika Ochs und die beiden „Erfinderinnen“ des PÜZ, Johanna Dietz und Ulli Feder, hätten ihm diese Idee präsentiert, die in keine Schublade passe, sagte Steffen Vogel. In München konnte man damit zunächst nichts anfangen, da Pflegeeinrichtungen nicht mehr gefördert würden. Alle drei hätten dann dem Arbeitskreis im Gesundheitsausschuss das Modell vorgestellt. Schließlich habe der Bayerische Landtag eigens einen Beschluss für dieses innovative Modell gefasst, 150 000 Euro Förderung wurden zugesagt. Denn die Familien wurden als größte Pflegeeinrichtung erkannt, so Vogel. Ganz Bayern würde nun auf diese geplante Einrichtung als Modellprojekt schauen.
Leuchtturmprojekt im Landkreis
Auch der stellvertretende Landrat Hans-Peter Suckfüll zeigte sich stolz auf das „Leuchtturmprojekt PÜZ“ in Mellrichstadt. Man habe die Zeichen der Zeit erkannt, lobte er, denn die demografische Entwicklung mache vor dem Landkreis Rhön-Grabfeld nicht Halt.
Johanna Dietz, Leiterin der ambulanten Altenhilfe im Kreiscaritasverband, stellte das Modellprojekt für und mit pflegenden Angehörigen und pflegebedürftigen Menschen vor. Ziel sei es, eine optimale Pflegesituation zu schaffen und dabei die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen. Hierbei sei ein zeitweiser Einzug in das PÜZ mit buchbaren Leistungen hilfreich. Das Projekt ist neutral, Pflegebedürftige können hier auch von anderen Pflegediensten versorgt werden. Auch an eine Schulung der Angehörigen sei gedacht. Ein wichtiger Aspekt, den die Studentinnen ins Spiel gebracht hatten: Im PÜZ können Barrieren eingebaut werden, um die häusliche Situation nachzustellen. Denn dort herrsche üblicherweise keine Barrierefreiheit. Die Finanzierung des laufenden Betriebs setzt sich zusammen aus normalen Leistungen der Pflege-/Krankenkassen ambulant und aus Selbstzahlern. Verhandlungen mit den Pflegekassen sollen noch aufgenommen werden.
Prof. Holger Truckenbrodt stellte den Studiengang „Pflege- und Gesundheitsmanagement“ an der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt vor. Alle Studierenden haben eine Ausbildung in einem Gesundheitsberuf. Das Projekt PÜZ sei eine Aufgabe im vierten Semester. In komprimierter Form stellten die Studentinnen dann die Ergebnisse ihrer Arbeit vor, gegliedert in vier Themenfelder: die Umfrageergebnisse, die Ausstattung des PÜZ, Öffentlichkeitsarbeit und die Kommentare zum Projekt.
Das wollen Angehörige
Aktuell befragte Pflegende erwarten Anleitung bei der Pflege, eine Einweisung in die Hilfsmittel, feste Ansprechpartner und eine kurzfristige Einzugsmöglichkeit. Für die Öffentlichkeitsarbeit wurde ein Flyer gestaltet, dazu Plakate und ein Info-Heft. Die Kommentare zu diesem Projekt waren neben einigen kritischen Anmerkungen überwiegend positiv.
Angelika Ochs dankte Prof. Truckenbrodt und seinen Studentinnen für die viele Arbeit, die in der Studie steckt. Eine Nachbetreuung zu Hause wäre auch bedenkenswert. Geplant seien zunächst zwei Wohneinheiten mit einem Gemeinschaftsraum, erläuterte sie. Bei Nachfrage könnte das PÜZ auf die doppelte Größe erweitert werden. Gedacht sei die Einrichtung nur für Bewohner des Landkreises Rhön-Grabfeld. „Die Sozialstation in Mellrichstadt ist prädestiniert, innovative Gedanken zu haben“, lobte sie abschließend die Verantwortlichen.