Bürgermeister Eberhard Streit, der für diesen Herbst eine Entscheidung angekündigt hatte, musste die Nachfragenden vertrösten – erst wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen, insbesondere, was die Sicherung der Versorgung in der Innenstadt betrifft, wird der Stadtrat die Weichen pro oder kontra Rewe stellen. Dafür kündigte er zu gegebener Zeit eine Sondersitzung des Gremiums an.
Im Vorfeld präsentierte der Stadtchef nun beim Bürgerforum interessante Zahlen aus einer Umfrage, die Mitarbeiter der Cima im Frühjahr gemacht haben, um das Einkaufsverhalten der Mellrichstädter und das Einzugsgebiet für die Supermärkte im Stadtgebiet zu ermitteln.
Wie bereits berichtet, hatte Rewe bei der Stadt angeklopft – der Konzern möchte auf dem Gelände der ehemaligen Baufirma Streit einen Supermarkt mit Parkplatz errichten, dafür würde Rewe auch eine vierte Ausfahrt aus dem Kreisel an der ehemaligen Berufsschule bauen. Der Stadtrat wolle nicht darüber entscheiden, ob zusätzliche Einkaufskapazitäten nötig sind, sagte Streit, sondern habe bei der Entscheidung andere Dinge im Blick.
Zuschüsse stehen auf dem Spiel
Wie von der Cima mit Blick auf die Kaufkraft ermittelt, ist Mellrichstadt gut versorgt, was das Angebot an Supermärkten betrifft. Die Märkte befinden sich allesamt im nördlichen Stadtgebiet, für die Innenstadt ist der Kupsch-Markt ein wichtiger Faktor bei der Versorgung. Da Mellrichstadt im Zuge der Städtebauförderung Zuschüsse für den Erhalt der Innenstadtversorgung bekommen hat, muss geklärt werden, ob ein neuer Rewe-Markt dem Geschäft in der Stadt das Wasser abgräbt. Denn fällt der Einkaufsmarkt in der Stadt weg, muss die Stadt aller Voraussicht nach Fördermittel zurückzahlen. Das ist nicht im Sinne des Stadtrats.
Mitarbeiter der Cima hatten drei Tage lang vor Kupsch, Netto, Aldi und E-Center 430 Einkäufer befragt und ihrer Meinung nach repräsentative Antworten auf wichtige Fragen erhalten. Bei Aldi, Lidl und E-Center kaufen zu 34 Prozent Mellrichstädter ein, 66 Prozent der Einkäufer kommen aus dem Umland und aus Thüringen. Bei Netto (zur Zeit der Umfrage noch am Hainberg ansässig) sind 64 Prozent der Kunden Mellrichstädter, und bei Kupsch 74 Prozent. 40 Prozent der Einkäufer erreichen den Kupsch-Markt zu Fuß.
Zudem hat die Umfrage ganz klar ergeben: Kupsch ist auch wichtig für andere Geschäfte in der Stadt. Denn wer dort einkauft, macht in den meisten Fällen noch weitere Erledigungen. Und wer zum Arzt geht, schaut anschließend in der Apotheke und eben auch bei Kupsch vorbei, gaben die Befragten an.
Für den täglichen Bedarf
Weitere Erkenntnis: Bei Aldi und E-Center erledigen die meisten Kunden einen großen Einkauf pro Woche. Bei Kupsch kaufen die Bürger mehrmals pro Woche ein, um den täglichen Bedarf zu decken. Im Durchschnitt lassen die Kunden beim Einkauf im Aldi-Markt 45 Euro, bei E-Center 65 Euro, bei Kupsch liegt der Durchschnittseinkauf bei 30 Euro, bei Netto (noch am Hainberg) bei 29 Euro. Diese Zahlen, die Netto auch intern ermittelt hat, haben die Konzernzentrale wohl auch bewogen, den Standort vom Hainberg in die Loh zu verlegen, so der Stadtchef.
Die Umfrage macht laut Bürgermeister deutlich: In den Supermärkten am Stadtrand kaufen die Leute lediglich ein, während der Kupsch-Markt eine große Nahversorgerfunktion hat, auch für Leute, die in der Stadt arbeiten, und für die Schüler der benachbarten Schulen. Die Regierung von Unterfranken habe deutlich gemacht, dass man Rewe aus städtebaulicher Sicht durchaus zulassen könne, wenn sichergestellt wird, dass der Kupsch-Markt am Standort bestehen kann. „Dabei geht es nicht darum, ein Geschäft zu schützen, sondern die Nahversorgungsfunktion im Ort für die Bürger zu gewährleisten“, hob Streit hervor. „Und da wir keine Städtebauförderung riskieren wollen, müssen wir eben noch einige Fakten klären und dann die richtige Entscheidung treffen. Alle sind noch im Rennen“, machte er deutlich.
Kein neuer Markt am Hainberg
Für die Ansiedlung eines neuen Markts am Hainberg machte Streit den Bürgern wenig Hoffnung. Der Besitzer der Immobilie strecke seine Fühler aus, doch Netto habe den Markt noch langfristig gemietet und kein Interesse daran, vorzeitig aus dem Vertrag auszusteigen. Allerdings lägen auch keine Anfragen von anderen Supermarktketten vor, in das Gebäude einzuziehen.