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BAD NEUSTADT
Neujahrswünsche vom Glücksbringer
Glück gehabt hat bei diesem Foto die Fotografin. Sie rutschte trotz des Regens nicht vom Dach. Eigentlich reinigt Kaminkehrer-Meister Christian Dinkel nur noch selten selbst den Schlot. Fürs Foto hat er sich extra das Kehrwerkzeug seines Sohnes und Mitarbeiters Florian Dinkel aushändigen lassen.
Foto: Ines Renninger | Glück gehabt hat bei diesem Foto die Fotografin. Sie rutschte trotz des Regens nicht vom Dach. Eigentlich reinigt Kaminkehrer-Meister Christian Dinkel nur noch selten selbst den Schlot.
Ines Renninger
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:59 Uhr

Der Schornsteinfeger ist das Glücks-Symbol zu Silvester. Kaminkehrer-Meister Christian Dinkel aus Bischofsheim ist einer von zehn bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegern im Landkreis Rhön-Grabfeld. Zum Jahreswechsel verrät der 47-Jährige, was für ihn Glück bedeutet und wie man dem am besten auf die Sprünge hilft.

Frage: Wie trinken Sie Ihren Kaffee?

Christian Dinkel: Mit „schwarz“ kann ich leider nicht dienen. Kaffee schmeckt mir nicht. Ich bevorzuge Milch.

Sehen Sie öfter schwarz?

Dinkel: Nein, ich bin ein sehr optimistischer Mensch, der nur von Berufs wegen schwarz trägt. Selbst beruflich sehe ich selten schwarz, weil ich nur noch in Ausnahmefällen das klassische Kaminkehren übernehme. Dafür habe ich mittlerweile drei Mitarbeiter.

Gerade zum Jahreswechsel freut sich jeder, der Sie sieht. Warum gelten Schornsteinfeger als Glücksbringer?

Dinkel: Das kommt aus längst vergangenen Zeiten. Es ging damals um das Thema Brandschutz. Die Häuser in den Städten waren direkt aneinandergebaut, nur in gewissen Abständen wurden Brandwände eingezogen. Wurden Kamine nicht gekehrt, war die Brandgefahr wesentlich höher. Und: Brannte ein Haus, brannte das ganze Viertel bis zur nächsten Brandmauer. Da es damals noch keine Kehrpflicht gab, waren die Leute glücklich, den Kaminkehrer zu sehen. Sie empfanden Glück, weil durch seine Anwesenheit ein Unglück in Form eines Brandes verhütet werden konnte.

Heute ist der Kaminkehrer eine Art Glücksbringer-Maskottchen...

Dinkel: Ja, manche sagen: Den muss man drücken, um Glück zu haben. Andere wollen an speziellen Knöpfen meiner Uniform drehen. Wieder andere wollen mir auf die Schulter fassen. Mich stört das nicht. Da gibt es mitunter lustige Zusammentreffen: Einmal fiel mir eine Braut in die Arme. Sie dachte, ich sei eigens für sie engagiert. Dabei steckte ich mitten in Kehrarbeiten und war richtig dreckig. Dass sie bei der Umarmung schwarz wurde, fand sie weniger gut.

Fürs Glückbringen werden Sie nur leider nicht bezahlt. Womit verdienen Sie Ihr Geld?

Dinkel: Ich leite eigentlich zwei Betriebe: Einen Kaminkehrerbetrieb mit freien Dienstleistungen, wie Kaminkehren, Reinigung von Lüftungsanlagen, Reinigung von Feuerstellen, Installation von Rauchmeldern. Wir stellen außerdem Energieausweise aus. Bei diesen freien Dienstleistungen können sich die Kunden seit einer Gesetzesänderung 2013 ihren Schornsteinfeger frei auswählen. Darüber hinaus übernehme ich als bevollmächtigter Schornsteinfeger hoheitliche Aufgaben wie die Feuerstättenschau und die Bauabnahme. Für diese Zuständigkeiten ist mir ein fester Bezirk, in meinem Fall im Raum Bad Neustadt, zugewiesen. Kunden in diesem Bezirk müssen diesbezüglich auf mich zurückgreifen.

Das Kaminkehren hat in Ihrer Familie Tradition. Ihr Vater Alfons, 73 Jahre, war Kaminkehrer, ihr Sohn Florian, 19 Jahre, hat ebenfalls den Beruf gewählt.

Dinkel: Mein Beruf ist meine Berufung. Das war beim Vater schon so, etwas davon scheint auf den Sohn übergegangen zu sein. Als ich zwölf Jahre alt war, ist unsere Familie von Aschaffenburg nach Schönau gezogen. Damals hat mein Vater dort den Kehrbezirk übernommen, den später ich über zehn Jahre geführt habe, bevor ich vor eineinhalb Jahren in die Region Bad Neustadt gewechselt bin.

Was ist in Ihren Augen Glück?

Dinkel: Glück ist, wenn es mir und meiner Familie gesundheitlich gut geht. Das kann ich mit keinem Geld der Welt kaufen. Glücklich bin ich auch, wenn ich mir die einfachen Wünsche im Leben erfüllen kann. Könnte man sich alles erfüllen, würde man es, denke ich, auch nicht mehr wertschätzen.

Was macht Sie glücklich?

Dinkel: Ich wäre schon glücklich, wenn ich manchmal ein bisschen Zeit hätte, um ein Buch zu lesen.

Haben Sie schon mal jemandem Glück gebracht?

Dinkel: Kommt darauf an, was man unter Glück versteht. Materielles Glück? Nein! Ich wüsste von keinem Kunden, der mich angefasst, und anschließend einen Lottogewinn hatte. Wenn es um die Kleinigkeiten im Leben geht. Eine kleine Freude bereitet, das habe ich schon öfter.

Haben Sie schon mal Glück gebraucht im Leben?

Dinkel: Glück kann man immer brauchen. Bei Prüfungen beispielsweise, dass konkret das abgefragt wird, was man weiß. Aber ich bin überzeugt: Glück muss man sich immer auch erarbeiten, es fällt einem nicht in den Schoß. Einmal bin ich während der Arbeit durch einen Dachboden gebrochen, habe mir aber nichts gebrochen. Da war sicherlich auch Glück im Spiel. Prinzipiell hatte ich aber bislang Glück, dass ich noch nicht groß Glück gebraucht habe.

Ihr Glücksbringer?

Dinkel: Eine Familie mit drei Kaminkehrern braucht kein Kleeblatt und kein Schweinchen.

Wie kann ich meinem Glück auf die Sprünge helfen?

Dinkel: Vielleicht indem Sie mit Kleinigkeiten zufrieden sind. Man sollte nicht immer nur das Große, Unerreichbare sehen. Dann lernt man vieles wieder mehr wertzuschätzen.

Manchmal stehen ja absurde Dinge dem Glück im Wege. Was war das Bizarrste, das Ihnen mal den Schornstein verstopft hat?

Dinkel: Eine Eule. Gerufen wurde ich, weil es einen Rückstau gab und die Abgase nicht abgezogen sind. Die tote Eule war die Ursache. Vermutlich wollte sie sich wärmen. Bei der Gasheizung hat sie die Abgase nicht gerochen, irgendwann ist sie vergiftet in den Schornstein gestürzt.

Bei wem würden Sie eigentlich gerne mal fegen?

Dinkel: Da sind bei mir keine Wünsche offen. Ich hatte sie alle: Politiker, Unternehmer... Ich kehre bei Messies und Millionären. Ich wüsste nicht, wen ich mir da noch wünschen könnte. Seither weiß ich: Es gibt alles auf dieser Welt! Wenn meine Frau zu Hause sagt: Du hast nicht aufgeräumt, entgegne ich: Hast Du eine Ahnung! Wer, wie ich, in die verschiedensten Haushalte und Leben hineingucken durfte, geht recht zufrieden mit sich nach Hause. Ich bin mit mir im Reinen.

Ihre Neujahrswünsche für die Rhön-Grabfelder?

Dinkel: Ich kann jedem nur wünschen, dass er mit viel Gesundheit ins neue Jahr startet und dass sich die Kleinigkeiten, die er sich vornimmt und wünscht, auch nächstes Jahr in Erfüllung gehen.

 
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    @frei1000: Ihre Gedanken sind frei aber b.f.e.d.i.h!
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  • W. R.
    Kaminkehrer als Glücksbringer???
    Naja, mir bringt er alle Jahre wieder nur eine fette Rechnung.
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  • R. A.
    genau wie Kirchensteuer und Finanzamt. Tabaksteuer, Sektsteuer und und und .
    Alles an dieser Zunft festzumachen, ist oberschlau.
    Mag sein, dass der Sinn und Zweck des Berufsstandes sich über die Jahre gewandelt hat, jedoch ist Kontrolle der Feuerstätten eben doch nötig, wenn man die CO Toten in regelmässigen Abständen in den Medien zur Kenntnis nimmt. Gäbe es diese Kontrollen nicht, wären mehr Opfer zu beklagen.
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  • P. K.
    Ich hoffe, dass mir nie ein Kaminkehrer von meinem Dach runter fällt.
    In diesem Sinne viel Glück.
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  • M. K.
    Ich wünsche dem Schornsteinfeger Herrn Dinkel auch viel Glück und ich freue mich , das mal ein richtig zufriedener Mensch zur Beachtung kam. Könnten sich viele ein Beispiel daran nehmen und über die wichtigen Werte des >Lebens nachdenken! Viel Glück und Gesundheit für das Neue Jahr an alle Menschen da draussen!!!!!!! Wahres Glück ist kostenlos und fängt schon Morgens, wenn man den geschenkten Tag in die Arme nehmen kann an!!!!!!
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  • M. D.
    Glücksbringer gehören zu heidnischem Denken und sind dem Gott der Bibel ein Gräuel! Jeremia 10, Verse 3-6 erklärt uns die Nichtigkeit von Glücksbringern und Götzen, sie sind wie Vogelscheuchen im Gurkenfeld!
    Lieber Gruß
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  • M. S.
    Oh Mann,
    was für eine Weisheit
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