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Unsleben
Nach Schuss auf Terrassentür Mitte November: Drohen dem Schützen eine Geldstrafe oder der Entzug des Jagdscheins?
In Unsleben durchschlug ein Projektil eine Terrassentür. Der Schuss war laut Staatsanwaltschaft keine Straftat. Er könnte für den Schützen dennoch Folgen haben.
Den Schuss, der in eine Terrassentür in Unsleben einschlug, hat ein Jäger wohl unbeabsichtigt abgegeben. Nun überprüft das Landratsamt Rhön-Grabfeld, ob der Mann seine Sorgfaltspflicht verletzt hat.
Foto: Patrick Pleul, dpa (Symbolbild) | Den Schuss, der in eine Terrassentür in Unsleben einschlug, hat ein Jäger wohl unbeabsichtigt abgegeben. Nun überprüft das Landratsamt Rhön-Grabfeld, ob der Mann seine Sorgfaltspflicht verletzt hat.
Kristina Kunzmann
 |  aktualisiert: 09.02.2025 02:30 Uhr

Ein lauter Schlag, ein Loch in der Terrassentür und ein beschädigtes Wohnzimmer: Diesen Schrecken erlebte ein Mann in Unsleben (Lkr. Rhön-Grabfeld) an einem Samstagmorgen Mitte November 2024. Ein Projektil in der Wohnung ließ auf einen Schuss als Auslöser schließen. Der Verdacht bestätigte sich. Tatsächlich hatte ein Jäger geschossen und eine abgefälschte Kugel schlug im Wohnhaus ein. Das hat nun ein Nachspiel. Die Staatsanwaltschaft Schweinfurt nahm Ermittlungen auf. Deren Ergebnisse liegen nun vor.  

Wie Markus Küstner, Oberstaatsanwalt und Pressesprecher der Staatsanwaltschaft mitteilte, schlug die Kugel demnach versehentlich in die Tür ein.  "Ein vorsätzliches Verhalten ist nicht nachweisbar und aufgrund der Ermittlungen auch nicht naheliegend", so Küstner. Ihm zufolge blieb strafrechtlich nur noch der Verdacht der Sachbeschädigung, der sich aber nicht bestätigte.

Wie Küstner weiter schreibt, ergaben die Ermittlungen, dass der Mann am 16. November 2024 gegen 5.20 Uhr in einem Jagdrevier nahe Unsleben von einer Kanzel aus mit seiner Jagdwaffe auf einen Fuchs schoss. Dabei wurde der Schuss "auf nicht näher feststellbare Weise" abgefälscht. Die Folge: Das Projektil des Kalibers 308 schlug in den Rahmen einer Terrassentür im zweiten Obergeschoss eines etwa 700 Meter entfernten Wohnhauses in Unsleben ein.

Die Polizei gehe davon aus, dass der Schuss aus einer größeren Entfernung und unbeabsichtigt abgegeben wurde, sagte Thomas Reubelt, Dienststellenleiter der Polizeiinspektion Mellrichstadt, einige Tage nach dem Vorfall.

Zur selben Einschätzung kam die Staatsanwaltschaft Schweinfurt: Ein Gutachten ergab demnach, dass auch bei einem Schuss in Richtung eines Tieres in Bodennähe nicht ausgeschlossen werden könne, dass ein Projektil abgefälscht wird und "noch über erhebliche Strecken" weiterfliegt. Das Verfahren gegen den Jäger sei eingestellt worden, "weil ein strafrechtlich relevanter Vorwurf nicht bewiesen werden kann", so Markus Küstner.

Es könnten laut dem Pressesprecher allerdings jagdrechtliche Vorschriften verletzt worden sein. So sei etwa ein Verstoß gegen ein Jagdverbot in bestimmten Bereichen oder Schussabgaben in bestimmte Richtungen denkbar. Da derlei Vergehen allenfalls Ordnungswidrigkeiten darstellen würden, müsse sich nun die untere Jagdbehörde am Landratsamt Rhön-Grabfeld damit befassen.

"Von Seiten der unteren Jagdbehörde wird derzeit geprüft, ob dem betroffenen Jäger ein Sorgfaltspflichtverstoß zur Last gelegt werden kann, der auf einen nachweisbar unvorsichtigen oder nicht sachgemäßen Umgang mit der Waffe schließen lässt", teilt Melanie Hofmann, Pressesprecherin des Landratsamts, dazu mit.

Bei Verstößen gegen die Sorgfaltspflicht droht ein Einzug des Jagdscheins

Stelle die Behörde fest, dass der Jäger tatsächlich einen Sorgfaltspflichtverstoß begangen hat, würde das seine für den Jagdschein notwendige waffenrechtliche Zuverlässigkeit infrage stellen, so Hofmann. Mögliche Folgen: Ein Entzug des Jagdscheins und ein Widerruf der Waffenbesitzkarte. Wann und ob ein entzogener Jagdschein wieder erteilt wird, liege im Ermessen der Jagdbehörde.

Mit einer Geldstrafe muss der Verursacher des Einschussloches in der Terrassentür aber wohl nicht rechnen: "Bußgeldbewehrte Verstöße gegen ein Jagdverbot sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich", heißt es weiter vom Landratsamt. Der Behörde sind nach Auskunft der Pressesprecherin keine ähnlich gelagerten Fälle wie der in Unsleben bekannt.

 
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  • Georg Ries
    wenn ich die Kommentare der "Fachleute" lese....
    .308 ist ein weit verbreitetes Kaliber bei Jägern, so wie etliche andere auch. Es gibt für die Jagd verschiedenste Geschosse, bleihaltig, bleifrei, Vollmantel usw. Mit Krieg hat das mal gar nix zu tun. Eher mit der Eignung für den vorgesehenen Zweck. Ein Fuchsbalg kann bei Erlegung mit 308 durchaus noch gegerbt werden und als nützliches Bekleidungsutensiel genutzt werden. Muff, Pelzmütze etc..
    Dass ein Geschoss abgelenkt wird, ist duchaus möglich, auch um 90!!! Da reicht ein gefrorener Untergrund oder ein Stein. Das wird die Polizei ermittelt haben. Danach wird unter Bewertung der Umstände entschieden, ob Fahrlässigkeit vorlag oder eben nicht.
    Der Gefahrenbereich bei Büchsengeschossen beträgt übrigens rund 4.000 Meter. Stand das nicht bei wiki 😉
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  • Hans-Martin Hoffmann
    Dann wundert es mich - @ Georg Ries -

    dass es in unserem schönen Deutschland keine Bestimmung gibt, die das Schießen mit der genannten Munition innerhalb der von Ihnen zitierten 4000 m Abstand von Wohnbebauung untersagt (oder zumindest der Entfernung, ab der keine Gefahr mehr für "versehentlich" getroffene Menschen besteht, und zwar egal ob es sich um einen direkten Treffer oder einen Querschläger handelt).

    Die Führung von Schusswaffen ist hierzulande nicht umsonst streng geregelt und ich erlaube mir als gewesener Soldat meine Anmerkungen zu machen, wenn ich den Eindruck habe, da gibt es entweder eine Gesetzeslücke oder irgendjemand hatte "Mut zur Lücke". Jeder Todesfall durch unsachgemäßen Schusswaffengebrauch (oder ggf. aufgrund ungenügender Regulierung) ist in meiner Anschauung einer zuviel.
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  • Georg Ries
    Als gewesener Soldat sollten Sie die Basics beigebracht bekommen haben. Egal. Eine Schussabgabe bei der Jagd ist nur bei ausreichendem Kugelfang, z. B. gewachsener Boden, erlaubt. Niemalsgegen den Horizont! Ob der Schütze in diesem Fall fahrlässig gehandelt hat oder nicht, sollte ermittelt sein. Nachdem kein Strafverfahren eingeleitet wurde, wird nun eine Owi geprüft. Ggf. auch hier ein "Freispruch", wenn kein Fehlverhalten festgestellt wird. Steht aber glaub ich im Artikel 👍
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  • Elisabeth Hofmann
    Wäre das auch eine Ordnungswidrigkeit, wenn jemand verletzt worden wäre ??
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  • Hans-Martin Hoffmann
    Ohne Jurist zu sein - @ Elisabeth Hofmann -

    nö, da dürfte mMn zumindest der § 229 StGB (fahrlässige Körperverletzung) ins Spiel kommen.
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  • Hans-Martin Hoffmann
    Kann man wohl nur froh sein

    dass niemand vor der nämlichen Terrassentür stand...

    Ich frage mich ein klein wenig, wie es sein kann, dass man mit prinzipiell der gleichen Munition wie für eine Kriegswaffe (Kaliber 308 = 7,62*51 mm = Munition u. a. für G3; s. https://de.wikipedia.org/wiki/7,62_%C3%97_51_mm_NATO) in einem offenbar ungenügenden Abstand zu Wohnbebauung mehr oder weniger in deren Richtung einen Schuss abgeben darf. Erzähle mir bitte niemand, eigentlich hätte der Jäger ja in die entgegengesetzte Richtung gezielt, aber das Geschoss wurde irgendwie um 180 abgefälscht und hätte dann noch die Wucht gehabt, einen Türrahmen zu durchschlagen.
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  • Eugen Endres
    Huch, Tatsächlich! Hatte den Munitionstyp im Text garnicht wahrgenommen Und damit schiesst man auf Füchse? Was bleibt denn da noch übrig vom Fuchs bei nem Treffer? Finde ich zumindest merkwürdig.
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  • Hans-Martin Hoffmann
    Das Geschoss - @ Eugen Endres -

    geht - s. der Terrassentürrahmen - vmtl. "glatt" durch den armen Fuchs durch (was für diesen aber trotzdem fatal sein dürfte) und hat dann noch genügend Wucht, "Kollateralschaden" anzurichten, wenn es nicht im Boden o. ä. steckenbleibt.

    Zitat aus der Wikipedia:
    "Unter der zivilen Bezeichnung .308 Winchester ist das Kaliber 7,62 × 51 mm eines der, im Bereich der Bundesrepublik, am stärksten verbreiteten Kaliber für den jagdlichen Einsatz. Es bietet ausreichend Leistung für die Bejagung aller mitteleuropäischer Wildarten, zeichnet sich aber gleichzeitig noch immer durch einen moderaten Rückstoß aus."

    Ein moderater Rückstoß - ist das nix?! Ich erinnere mich aus meinen olivgrünen Zeiten nur, dass einen das G3 ordentlich knufft, wenn man "die Braut des Soldaten" nicht richtig an die Schulter drückt... also ich hab jedenfalls öfter mal den Eindruck, dass die Sorgfalt beim Umgang mit der Schusswaffe eine untergeordnete Rolle gespielt zu haben scheint.
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  • Georg Ries
    Das müsste die Haftpflichtversicherung des Schützen übernehmen. Er muss zwingend eine sog. Jagdhaftpflichtversicherung nachweisen. Bei Beantragung und Verlängerung des Jagdscheines.

    Für den Berichterstatter: So einen abgelenkten Schuss nennt man Querschläger oder Abpraller 😉
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  • Kristina Kunzmann
    Sehr geehrter Herr Ries, vielen Dank für Ihren Kommentar. Es ist doch immer wieder schön, von Leserinnen und Lesern wie Ihnen etwas Neues lernen zu können! Herzliche Grüße von Kristina Kunzmann, Lokalredaktion Rhön-Grabfeld
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  • Eugen Endres
    Wer kommt für die Schäden auf? Ist das ein Haftpflichtfall?
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