Nicht nur in Ostheim und bei vielen Freunden regionaler Biere herrscht seit Tagen mindestens Erstaunen: Nach 305 Jahren Brauereigeschichte will Geschäftsführer Axel Kochinki die Streck-Brauerei Ende September schließen.
Die Nachricht, die er beim Bieranstich zum Ostheimer Stadtfest vergangenen Freitag verkündet hatte, schlug ein wie eine Bombe. In den Kommentarspalten zur Online-Berichterstattung wird in alle Richtungen diskutiert. Von einem "fatalen Signal" ist die Rede, das auch andere Betriebe in ähnlicher Ausgangslage zum Aufgeben bringen könnte.
Andere geben die Hoffnung nicht auf, dass sich bis zum 30. September noch eine Lösung für das alteingesessene Haus findet. An anderer Stelle wird eine Mitschuld auch den Konsumentinnen und Konsumenten gegeben, die preiswertere Industriebiere bevorzugen und dadurch kleine Brauereien zum Aufgeben zwingen würden.
Im Landkreis Rhön-Grabfeld gibt es viele Brauereien
Nicht nur Bürgerinnen und Bürger diskutieren das drohende Ende der Ostheimer Streck-Bräu. Auch die Branche selbst spricht über das Thema. Rhön-Grabfeld ist in der komfortablen Lage, mit der Rother Bräu, Karmeliter, Lang-Bier, Pax-Bier, dem Klosterbier oder der Stockheimer Stoxx-Bräu über eine besonders große Bier-Vielfalt zu verfügen. Das war vor zehn Jahren Grund genug, die Initiative "Wir sind Rhöner Bier" ins Leben zu rufen. Die will ihr Jubiläum auch begehen, für den 5. August ist bei Central Getränke in Wülfershausen eine Feier angekündigt.
Nach Stand der Dinge wird die Ostheimer Streck-Brauerei aus der Riege der Mitglieder ausscheiden. Zu ihr gehört auch die Rother Bier in Roth bei Hausen in der Rhön. Ihr Chef Xaver Weydringer findet das Ende der Streck-Bräu in Ostheim "bedauerlich". "Es ist schlimm, wenn ein solcher Traditionsbetrieb schließt. Natürlich stehen wir in einem gewissen Wettbewerb, aber ich bin gewiss nicht schadenfroh", kommentiert Weydringer das angekündigte Ende der Streck-Bräu.
"Aber ich kann die Entscheidung ein stückweit verstehen", sagt der Rother-Bier-Chef weiter gegenüber dieser Redaktion. "Als externer Faktor hat uns die Corona-Krise sehr zugesetzt. Und die aktuelle Krise scheint sich auf absehbare Zeit nicht zu bessern", muss auch der Brauereichef aus der oberen Rhön in das Klagelied seiner Branche einstimmen. "Jeder in unserer Branche steht massiv unter Druck", so Weydringer weiter.
Bei der Rother Bräu ist man auf Öl angewiesen
Als Betrieb fernab eines Ferngasnetzes ist die Rother-Bräu auf Öl als Energieträger angewiesen. Die Kühlungen sind kostspielig, von der Kohlensäure bis zum Reinigungsmittel seien Teuerungen zu verkraften. Der Kostendruck sei unvermindert hoch, dazu käme der Fachkräftemangel wie in vielen Bereichen der Wirtschaft.
"Bier ist ein sehr emotionales Produkt, dazu gehört auch das Thema Regionalität", so Weydringer weiter. Die Initiative "Wir sind Rhöner Bier" habe die Bedeutung der Regionalität bisher gut in die Öffentlichkeit getragen. Es wäre schade, wenn sich ein Anbieter aus dem Kreis verabschieden würde. Die Brauereien, auch die kleinen und innovativen wie Pax-Bier in Oberelsbach, hätten den Markt bereichert.
Ein Aspekt, der noch eine Rolle spielen werde, ist das Thema Fest-Ausstattungen, also Zapfanlagen oder Biertischgarnituren für Dorf-Feste oder Vereinsveranstaltungen. Da werde durch ein Ende der Streck-Bräu eine Lücke entstehen, befürchtet der Chef der Rother-Bräu.
Die Großbrauereien werden profitieren
Auch bei der Karmeliter-Brauerei in Salz hat man die Nachricht von der Ostheimer Schließung mit Bedauern registriert. "Es ist schade, denn es gab immer ein gutes und kollegiales Verhältnis untereinander", so Geschäftsführer Herbert Brust. Optimistisch ist Brust nicht, was das Aus der Streck-Bräu für die regionalen Brauereien bedeutet. "Die Menge wird verschwinden", formuliert es Brust. Nicht die anderen regionalen Brauereien werden profitieren und das Stück vom Kuchen übernehmen, sondern die Großbrauereien werden sich preisaggresiv weiter ausbreiten, ist sich Brust sicher.
"Die Rahmenbedingungen bleiben auch im vierten Jahr hintereinander schwierig für uns", spricht Brust für die gesamte Branche und auch für den eigenen Betrieb, der seit 30 Jahren im Industriegebiet von Salz angesiedelt ist. "Wir mussten Ende vergangenen Jahres die Preise erhöhen und wir bemerken das an teilweisen Rückgängen", sagt Brust zur Entwicklung in den ersten Monaten des Jahres. Es bleibe abzuwarten, wie das Wirtschaftsjahr am Ende ausgeht. Auf jeden Fall würde die Krise kleine Betriebe schwerer treffen als große Konzerne.
Mit Photovoltaik aus der Energiepreis-Falle
Immerhin ist die Karmeliter nicht so sehr von den Gastronomie-Verkäufen abhängig, weil es vergleichsweise weniger Verpachtungen gibt. So konnte auch die Corona-Krise besser bewältigt werden.
Gegen die steigenden Energiepreise wehrt sich Karmeliter mit einer eigenen Photovoltaikanlage auf dem Dach des Produktionsgebäudes, das Strom für Produktion und Kühlung liefern soll. "Die Anlage steht eigentlich, aber es fehlt ein Steuerungsteil", muss sich Brust leider in Geduld üben. Ein wirklicher Investitionsstau bestehe nicht. "Die Gärtanks aus Edelstahl sind praktisch unverwüstlich", kann Herbert Brust beruhigt sein, der mit zehn Mitarbeitern den Betrieb führt.
1993 hat er die Geschäfte von seinem Vater übernommen. Die Generationenfrage und die nach Fachkräften wird wohl über die Zukunft vieler Kleinen in der Branche mitentscheiden.
Dass kleine Brauereien seit Jahren mit Preiserhöhungen etc. zu kämpfen haben, sollte hinlänglich bekannt sein. Und dass das Konsumverhalten u.a auch von uns Verbrauchern dabei eine Rolle spielt, ist auch nicht bestreitbar! Hauptsache billig, die Qualität ist oftmals Nebensache.
Ob private oder gesundheitliche Gründe mit der Schliessung zu tun haben, darüber lässt sich sicher diskutieren aber wenn sie so selbstbewusst behaupten dass es Herrn Kochinki einfach zu gut geht, wäre es nett wenn sie uns mitteilen können woher sie das alles so genau wissen...