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Ostheim
Nach Anzeige wegen Ruhestörung in Ostheim: Viel Sympathie für den krähenden Hahn Uwe
Hühnerhalten als Hobby ist in Mode. Ein Nachbar zeigte Steffen Tzscheutschler an, weil sein Hahn zu laut krähte. Gibt es einen Kompromiss im Ostheimer Kräh-Konflikt?
Hahn Uwe fühlt sich wohl in der Ostheimer Gartensiedlung. Doch die Hühnerhalter Erik (links) und Steffen Tzscheutschler haben wegen des Tieres etwas Ärger.
Foto: Gerhard Fischer | Hahn Uwe fühlt sich wohl in der Ostheimer Gartensiedlung. Doch die Hühnerhalter Erik (links) und Steffen Tzscheutschler haben wegen des Tieres etwas Ärger.
Gerhard Fischer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 16:10 Uhr

Alle preisen das Landleben. Ruhe, Natur, weit weg sein von der Hektik der Großstadt. Alles schön und gut - solange, bis ein Hahn am frühen Morgen kräht und die Menschen aus den Betten jagt. Im beschaulichen Ostheim hat das jüngst zu einigem Ärger geführt.

Weil ihn das Krähen des Hahnes seines Nachbarn störte, erstattete ein Ostheimer Anzeige, vermeldete jüngst ein kurzer Polizeibericht, der für einigen Wirbel und viele Kommentare in den sozialen Medien sorgte. 

Der Hahn als Ruhestörer in Ostheim

"Ständig und lautstark" krähe der Hahn, hält der Polizeibericht fest. Hahnbesitzer und Nachbar konnten sich trotz Schlichtungsgesprächen nicht auf einen Kompromiss einigen. Als der Hahn am vergangenen Montag um 4.30 Uhr erneut krähte, zeigte der Nachbar den Tierbesitzer wegen Ruhestörung an.

Wer da mit offensichtlich toxischer Männlichkeit sein Revier und seinen Hühner-Harem beansprucht, ist Hahn Uwe. Ein Prachtexemplar aus der Rasse der Sundheimer. "Im Mai 2022 haben wir uns fünf Küken gekauft für unseren Schrebergarten", erklärt sein Besitzer, der Ostheimer Steffen Tzscheutschler. Die Idee hatte Sohn Erik, der mit einem Kumpel auf das Hobby stieß. Sich Hühner zu halten, ist seit einiger Zeit sehr beliebt, auch unter Jüngeren. Die Haltung ist unaufwändig und das Frühstücksei aus eigener Haltung Regionalität in Reinform. 

Schrebergarten von der Stadt gepachtet

Aus den Küken vom Mai des letzten Jahres sind fünf stattliche Tiere geworden. Und eben Hahn Uwe. "Dass eines der Tiere ein Hahn ist, konnte man den Küken nicht ansehen", so Steffen Tzscheutschler. Der hat den Schrebergarten von der Stadt gepachtet. Eine ganze Reihe solcher Gärten zieht sich entlang der Streu. "Im Pachtvertrag stand nichts über ein Verbot. Hühner oder auch Enten oder Gänse werden hier ja ebenfalls gehalten", so der Ostheimer. Aber trotzdem wurde, siehe oben, Hahn Uwe polizeibekannt.

Kaum war die dazugehörige Polizeimeldung veröffentlicht, kochte die Volksseele hoch. "Wer Hähne kennt, weiß, dass diese sehr nervtötend sein können, auch wenn sie angeblich zum Dorf gehören", hat ein Kommentator eher Verständnis für den Anzeigenerstatter.

Braucht es den Gockel für das moderne Hobby?

Differenzierter betrachtet es ein weiteres Posting. "Hühner sind 'modern' und werden deswegen oftmals neu angeschafft. Wer sich aus Hobbygründen einen Hahn im Wohngebiet anschafft, verhält sich allerdings meiner Meinung nach sehr asozial. Es muss einfach nicht sein!", heißt es hier. "Das gehört auf dem Land dazu und so schlimm wird es wohl nicht sein", meldet sich eine andere Stimme zu Wort.

Weil der Hahn von Steffen und Erik Tzscheutschler zu laut krähte, zeigte ein Nachbar Tzscheutschler wegen Ruhestörung an.
Foto: Gerhard Fischer | Weil der Hahn von Steffen und Erik Tzscheutschler zu laut krähte, zeigte ein Nachbar Tzscheutschler wegen Ruhestörung an.

Auch Hennen können ganz schön nerven

Interessant die Ausführungen eines weiteren Schreibers zu einem Verzicht auf einen Hahn. "Was die wenigsten wissen: Eine reine Hennengruppe, also dort wo der Mann fehlt, übernimmt nicht selten eine Hühnerdame dessen Aufgabe und beginnt zu krähen. Noch dazu können Hennen bisweilen sehr laut und anhaltend gackern. Aber das wissen verheiratete Ehemänner schon lang!", heißt es mit einem Schmunzeln.

Die Ostheimer Posse um den krähenden Hahn ist auch bei Silvia Stengel angekommen. Sie ist aktiv bei der Facebook-Gruppe "Wenn der Hahn kräht - lass ihn krähen". Die Gruppe mit rund 3500 Mitgliedern in ganz Deutschland kämpft dafür, dass im ländlichen Raum Emissionen wie Hahnenschreie geduldet werden. Der Ostheimer Fall wurde auch in der Facebook-Gruppe thematisiert.

Auch der Bayerische Landtag ist aktiv geworden

2020 hat sie mit einer Initiative die "Petition zum Schutz ortsüblicher Emissionen des Landlebens als Kulturgut" ins Leben gerufen und diese Anfang 2022 im Bundestag mit über 70.000 Unterschriften eingereicht. "Dort wird sie leider immer noch geprüft", so Silvia Stengel gegenüber dieser Redaktion.

Facebook-Gruppe will den Hahnenschrei schützen

Die Aktivistin aus Hofheim im Taunus sieht das Dorfleben in Gefahr: "Gerade die immer mehr werdenden Beschwerden bis hin zu Klagen lassen unsere Dörfer verstummen und den Dorfcharakter verschwinden." Dabei sei eine Tierhaltung auf dem Land zumeist artgerechter als anderswo.

"Wo Tierwohl verlangt wird, müssen auch die Tierlaute und Gerüche in der Freilandhaltung akzeptiert werden", findet Stengel, die damals die Petition an den Bundestag ins Leben gerufen hatte. Hintergrund ist ihr eigener Fall des krähenden Hahnes Flecko.

Bürgermeister Steffen Malzer befürwortet Hühnerhaltung

Sie hat auch einen Kompromissvorschlag für ein einträglicheres Miteinander. "Für sehr früh morgens gibt es meist Lösungen, indem man die Tiere etwas länger im Stall lässt". Geräusche, die aus dem Stall dringen, seien durch das Bürgerliche Gesetzbuch geschützt, meint die Aktivistin.

Steffen Tzscheutschler hat am Hühnerstall eine automatische Hühnerklappe angebracht. Sie öffnet sich frühmorgens erst um 7.30 Uhr.
Foto: Gerhard Fischer | Steffen Tzscheutschler hat am Hühnerstall eine automatische Hühnerklappe angebracht. Sie öffnet sich frühmorgens erst um 7.30 Uhr.

Bürgermeister Steffen Malzer findet, dass eine Hühnerhaltung auch mit einem Hahn möglich sein muss. "Wir sind hier auf dem Land, da gehört so etwas dazu", so die klare Aussage des Bürgermeisters. Die beiden Nachbarn seien unabhängig voneinander auf ihn zugegangen in der Sache. "Der Besitzer des Hahnes hat meines Erachtens alles getan, um die Belästigung so gering wie möglich zu halten", sagt Malzer. Er wolle außerdem seinen Stall noch weiter abdichten, ergänzt der Bürgermeister, der selbst schon Hühner und einen Hahn gehalten habe.

Kleine Gruppen von Tieren

"Grundsätzlich unterstützt die Stadt die Haltung von Hühnern. Wir sind nur darauf bedacht, dass die Größe der Gruppen nicht zu groß ist", ergänzt der Bürgermeister von Ostheim. Für den Eigenbedarf ist alles ok, nur bei schon gewerbsmäßiger Zucht sieht Malzer Probleme. Die Initiative zum Schutz ländlicher Emissionen unterstütze er jedenfalls "voll und ganz", so Malzer abschließend.

Steffen Tzscheutschler wartet nun ab, wie das Landratsamt auf die Anzeige reagiert. Er habe sein Möglichstes getan. "Ich habe eine programmierbare Hühnerklappe am Stall angebracht. Am Morgen öffnet sie sich erst um 7.30 Uhr", erklärt der hobbymäßige Hühnerhalter. Erst dann stolziert Hahn Uwe durch sein Reich, dieweil sein Harem echt Ostheimer Frühstückseier legt.   

 
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    Ich freue mich immer wenn ich einen Hahn morgens höhre da weis ich ich bin zuhause auf dem Land.

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  • L. W.
    Meine Eltern

    hielten immer Hühner, meistens mit Hahn.

    Als Jugendlicher (bekanntlich für ausgeprägten Morgenschlaf bekannt) störte es mich nicht im Geringsten, wenn der Gockel bei Sonnenaufgang krähte.

    Ich drehte mich im Bett um und schlief weiter.
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  • G. G.
    Wenn ich praktisch von Geburt an daran gewöhnt bin, dann ist das sehr viel leichter, dann kann es sogar sein, dass man eher Probleme bekommt, wenn der Hahn mal nicht kräht. Und einem eigenen Gockel verzeih' ich sehr viel leichter als einem fremden, wenn er mich zu früh weckt.
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    Ja wir leben auf dem Lande und? da sind einfach Tiere die sich melden dan zieht doch in die Großstadt da werdet Ihr von Polzei , Retungswagen Feuerwehr und solche geweckt. Da ist mir der Gockel den man nach ein paar Tagen eh nicht mehr hört lieber.
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  • S. K.
    die Anwohner diverser Straßen in Würzburg verdrehen gerade den Kopf
    und hätten gerne solche Probleme!

    bei denen "kräht" es nämlich oft die ganze Nacht bis zum Morgen...
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  • G. Z.
    Die Klappe sieht aus wie ein Guillotine...klar, dass der Hahn da nun pünktlich raus kommt. Da wird selbst dem dümmsten Göker, dass es ihm wörtlich an den Kragen geht, wenn er nicht spurt. Mein Nachbar hat Gott sei Dank einen Herrn Hahn, der stets heiser klingt, oder anders rum: man hört ihn, aber da kommt nix raus. Aber die Uhrzeit ist die gleiche...ob dass die Hennen mögen, wenn der Hahn immer so früh kommt?
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  • G. G.
    Ich hatte im Wohngebiet einen Goggl in 15-20 Meter Luftlinie von meinem Schlafzimmer entfernt als Nachbarn. Er fing im Sommer um ca. 4.30 Uhr zu krähen an, was bei gekippten oder geöffneter Balkontür meine Träume unterbrach und mich nicht mehr so recht einschlafen ließ. Im Winter legte der Hahn um 5.30 Uhr los. In beiden Fällen war der Nachbar einsichtig. Wenn man in der Nachbarschaft so eng aufeinander wohnt, dann kann das für Menschen mit einem leichten Schlaf sehr wohl zum Problem werden und man reagiert u. U. sehr gereizt. Ob das in Ostheim auch so eng hergeht, konnte ich dem Bericht nicht entnehmen, aber durch die nachträgliche Rücksichtnahme von Herrn Tzscheutschler kann das noch was werden mit einer friedlichen Koexistenz.
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  • G. Z.
    Welche "Sundheimer" sind denn des...die evangelische oder die katholische. Di Sundheimer kührn obber ned zu Uischte. Brarüm sted ann immer es wor in Ostheim? Un die annerer Sundemer kührn zu Mellerscht. Also irgendwo stimmt do wos ned. Odder sinds filläicht nur Fake-News. Bann obber die Mellerschter widder mit fünev Polizei-Autos kumme sin un homm die Feuerwehr debei, dann könnts scho widder gstimm. Mä wess es ned! Obber die Sundheimer? Häd ich ned gedochd, dess die scho su früh aufstenn.
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