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SAAL
Mit dem Mountainbike über die Alpen
Am Tremalzo-Pass: (von links) Klaus Schmitt, Burkard Süß, Manuel Knobling, Michael Memmel und Silvio Friedrich
Foto: Silvio Friedrich | Am Tremalzo-Pass: (von links) Klaus Schmitt, Burkard Süß, Manuel Knobling, Michael Memmel und Silvio Friedrich
Bearbeitet von Michael Petzold
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:56 Uhr

Manchmal hätte Burkard Süß sein Rad am liebsten in die Felsen geknallt, so geschlaucht war er. Solche Momente gehören dazu, wenn man sich ein solch anspruchsvolles Programm vornimmt wie Klaus Schmitt, Manuel Knobling, Burkard Süß, Michael Memmel und Silvio Friedrich. Die fünf Männer im Alter von 30 bis 57 Jahren aus dem Raum Bad Neustadt hatten sich mit ihren Mountainbikes zu einer nicht alltäglichen Alpenüberquerung entschlossen.

9000 Höhenmeter in sechs Tagen

Deswegen waren sie auch nicht einfach einer der vielen ausgearbeiteten Routen gefolgt, sondern hatten sich ihre Tour selbst zusammengestellt. In sechs Tagen waren sie von St. Anton am Arlberg bis Riva del Garda 320 Kilometer unterwegs und meisterten dabei 9000 Höhenmeter. Das bedeutete Tagesetappen zwischen 40 und 70 Kilometer und 1000 bis 2400 Höhenmeter Richtung Gardasee. Im Schnitt waren sie gut zehn Stunden pro Tag unterwegs, wobei die Pausen nicht allzu üppig ausfielen.

Fotoserie

Wer sein Rad liebt, der schiebt

„Ich hab schon viele Alpenüberquerungen hinter mir, aber so anstrengend war noch keine“, erklärt Süß. Denn gemütlich ging es selten zu auf dieser Strecke. „Wir wollten die spektakulären Pässe mitnehmen“, erklärt Manuel Knobling aus Saal, für den es der erste Ritt über die Alpen war. Die Konsequenz: Es ging eigentlich immer nur bergauf und bergab. Und das in einem Gelände, das die Mountainbiker dazu zwang, immer wieder aus dem Sattel zu steigen und das Rad zu schieben. Wie etwa bei der Durchquerung der Uina Schlucht auf dem Weg zu dem auf 2309 Meter Höhe gelegenen Schlinigpass. Auf den zweieinhalb Kilometern durch die Schlucht mussten 500 Höhenmeter überwunden werden.

Nah am Abgrund

An Radfahren war angesichts des schmalen Weges nah am bis zu 100 Meter tiefen Abgrund nicht zu denken. „Das ist lebensgefährlich“, sagt Knobling. Also blieb nichts anderes übrig, als die gut 15 Kilogramm schweren Räder samt dem auch noch einige Kilo schwere Gepäck mühsam den über zwölfprozentigen Anstieg hochzuschieben. „Ich war so kaputt, dass ich nicht mal was essen konnte“, sagt Süß über den ersten Tag der Tour, die sich schnell als Tortur entpuppen sollte.

Keine Unfälle und Pannen

Von Unfällen und Pannen blieben sie zwar verschont, Blasen an den Füßen gab es aber jede Menge. Denn die speziellen Schuhe, die man zum Mountainbiking trägt, eigenen sich nicht, um damit über steiniges Gelände zu kraxeln. In sich hatten es auch die Abfahrten, die nicht selten über lose Schotterpisten führten und höchste Konzentration erforderten.

Fantastische Ausblicke am Gipfel

We sein Rad liebt, schiebt: Beim Durchqueren der Uina Schlucht bleibt auch (von links) Silvio Friedrich, Manuel Knobling und Klaus Schmitt keine Alternative.
Foto: Michael Memmel | We sein Rad liebt, schiebt: Beim Durchqueren der Uina Schlucht bleibt auch (von links) Silvio Friedrich, Manuel Knobling und Klaus Schmitt keine Alternative.

Allerdings sollte nicht der Eindruck entstehen, dass die fünf ihr Mountainbike-Abenteuer im Nachhinein bereuen. Die fantastischen Ausblicke, die wilde und raue Bergwelt und nicht zuletzt das Gemeinschaftsgefühl, das bei einer solchen Herausforderung entsteht, möchten sie nicht missen. „Wir haben alle geflucht, aber dann auf dem Gipfel das tolle Panorama genossen“, fasst Süß das schöne Erlebnis zusammen. Dazu hat auch das sonnige Wetter beigetragen, das sie Ende Juli in den österreichischen und italienischen Alpen erwartet hatte. Nur am ersten Tag hatte es geregnet.

20 Prozent Steigung zum Madritschjoch

Da ließen sich denn auch die Strapazen ertragen, die auf dem Weg zum höchsten Punkt der Tour nicht ausblieben. Zunächst ging es noch ganz gemütlich mit der Seilbahn von Sulden aus, wo sie übernachtet hatten, zur Schaubachhütte auf 2610 Meter. Dann folgte der mit durchschnittlich 20 Prozent Steigung steile Aufstieg zum Madritschjoch im Ortler-Massiv, das mit 3123 Meter zu den höchsten fahrbaren Pässen der Ostalpen zählt.

Treffen mit dem Mountainbike-Guru

Tolle Aussichten: Ein landschaftliches Idyll bot sich den Mountainbikern bei der Abfahrt vom Madritschjoch zur Zufallhütte.
Foto: Manuel Knobling | Tolle Aussichten: Ein landschaftliches Idyll bot sich den Mountainbikern bei der Abfahrt vom Madritschjoch zur Zufallhütte.

Dort oben, in dünner Luft, trafen sie auch Manfred Stromberg, der in Mountainbiker-Kreisen einen legendären Ruf genießt. Der ehemalige deutsche Vizemeister im Downhill, also der Bergabfahrt, hat sein einstiges Hobby längst zum Beruf gemacht. Er schreibt für Fachzeitschriften und hat seine eigene Firma, die geführte Mountainbike-Touren, wie etwa zur Touristenattraktion Madritschjoch anbietet, das auch auf leichter zu bewältigenden Wegen erreichbar ist.

Wenn Manuel Knobling und Burkard Süß von der Tour erzählen, dann juckt es sie eigentlich schon wieder in den Beinen. Aber die nächste Zeit wird es erst einmal etwas geruhsamer. Abgesehen von den wöchentlichen Trainingseinheiten folgt im September nur noch eine kleine Rhön-Tour. Erst nach Weihnachten wollen sich alle wieder zusammensetzen, um den nächsten Schlachtplan zu entwerfen.

Die Tour über die Alpen

Die Etappen im einzelnen. 1. Tag: Von St. Anton am Arlberg über das Zeinisjoch (1842 Meter) und Ritzerjoch (2688 Meter) zur Heidelberger Hütte (2260 Meter). 2.Tag: Über den Fimberpass (2608 Meter) durch das Val d?Uina (Uina Schlucht) zum Schlinigpass (2309 Meter), Abfahrt ins Vinschgau. 3. Tag: Von Sulden per Seilbahn zur Schaubachhütte (2610 Meter), dann zum Madritschjoch (3123 Meter) und Trail-Abfahrt zur Zufallhütte (2264 Meter). 4.Tag: Von St. Gertraud im Ultental (1519 Meter) Anstieg hoch zum Rabbijoch (2460 Meter) und nach Rabbi. Dann über den Campo Carlo Magno (1702 Meter) nach Madonna di Campiglio. 5. Tag: Von Madonna di Campiglio über den Passo Bregn de l?ors (1848 Meter) durch das Brenta Gebirge. Mit dem Shuttlebus dann zum Pieve di Ledro am Ledrosee. 6. Tag: Zum Tremalzo Pass und runter über die Ponalestraße bis Riva del Garda.
Da gehts rauf: Die Alpenüberquerung war für die fünf Mountainbiker alles andere als ein Zuckerschlecken.
Foto: Burkard Süß | Da gehts rauf: Die Alpenüberquerung war für die fünf Mountainbiker alles andere als ein Zuckerschlecken.
Hoch zum Madritschjoch: Immerhin müssen (von links) Burkard Süß und Klaus Schmitt keine Schneeketten anlegen.
Foto: Manuel Knobling | Hoch zum Madritschjoch: Immerhin müssen (von links) Burkard Süß und Klaus Schmitt keine Schneeketten anlegen.
 
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  • A. V.
    Super Leistung! Hört sich interessant an. Wir haben heuer auch zu 5. eine Alpenüberquerung gemacht. Haben allerdings die bequemere Variante "Via Claudia" genommen mit nur 4.000 Höhenmetern in 4 Tagen genommen und nicht sehr schwierigen Passagen. Sehr schöne Bilder! Respekt!
    Aber kaum ist man zu Hause, sind die Strapazen vergessen und man denkt schon an nächstes Jahr. Wie heißt es so schön: "Nach der Tour ist vor der Tour"
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