Mit Rollkoffer und weißen Sportschuhen erschien der "Bobo" auf dem höchsten Bauernhof in der Steiermark, um eine Woche als "Praktikant" auf einem Bilderbuch-Anwesen zu verbringen. In dem Film von Kurt Langbein "Der Bauer und der Bobo", der auf Einladung von Maike Hamacher, Projektmanagerin Ökomodellregion Rhön-Grabfeld, im Kino in Bad Königshofen kostenfrei gezeigt wurde, ging es um die Entfremdung zwischen Stadt- und Landbevölkerung. Am Ende konnte diskutiert werden.
Was ist ein Bobo?
Bobo ist der Spitzname der Österreicher für Städter, die vom Landleben keine Ahnung haben. Florian Klenk, Chefredakteur der Wiener Zeitschrift "falter", hatte sich mit einem Artikel über eine Haftungsfrage den Unmut des Bio-Bergbauern Christian Bachler zugezogen, der auf Facebook der Presse und dem ganzen System die Leviten las.
Klenk gab zu, von der bäuerlichen Gesellschaft keine Ahnung zu haben, und nahm eine Einladung auf den idyllischen Hof an, den Bachler gemeinsam mit seiner Mutter bewirtschaftet. Die Alpenschweine, eine alte Rasse, die keinen Sonnenbrand bekommt, dürfen sich dort im Schlamm suhlen, werden noch eigenhändig gekrault und machen sich beim Bearbeiten eines Kartoffelackers nützlich. "Vorne Pflug und hinten Dünger" nennt es der Bauer.
Kühe und Yaks weiden auf den steilen Hängen, machen Landschaftspflege gegen die Verbuschung und liefern Bio-Fleisch, dazu kommen Gänse und Hühner. Trotz Selbstvermarktung mit Produkten wie Schnaps, Marmelade, Fleisch und anderen Erzeugnissen, kann der Bauer seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen.
Existenzangst ist ein ständiger Begleiter
Beim Blick hinter die Kulissen, erfährt Klenk von der dauernden Existenzangst, die den Bauern sogar an Selbstmord denken lässt. Weil er Kredite nicht mehr abzahlen kann, hat die Bank das Geld ganz eingefordert und droht mit der Zwangsversteigerung. Wie kam es zu der Verschuldung über 420.000 Euro?
Im Alter von 20 Jahren hatte Bachler den Hof übernommen und mit leicht erteilten Krediten einen neuen Stall für die Milchproduktion gebaut. Dann brach der Milchpreis ein, die Subventionen wurden verändert, der Klimawandel machte sich bemerkbar. 1,30 Euro für ein Kilo Schweinefleisch bekam der Bauer, wie der Bobo bei einem Gegenbesuch des Bauern erfuhr.
Mit Crowdfunding wurde der Hof gerettet
"Ein modernes Märchen" wird die Geschichte genannt, denn ein Facebook-Aufruf des Redakteurs bewirkte die Rettung des Hofes. Per Crowdfunding spendeten rund 13.000 Menschen in wenigen Tagen insgesamt 420.000 Euro. Mit kleinen Beträgen zu 20 bis 100 Euro kam die Summe zusammen, damit konnten alle Schulden getilgt und der Hof gerettet werden.
In der Diskussion nach dem Film mit Julia Back, Redaktionsleiterin der Main-Post für Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen, sowie mit Vollerwerbslandwirt Michael Derleth, wurde unter anderem die Entfremdung der Menschen zu ihren Lebensmitteln und der Landwirtschaft angesprochen.
Back rief dazu auf, sich mit aktuellen Themen an die Redaktion zu wenden. Zum Beispiel, wenn die Weidehaltung von Bio-Schweinen verboten wird, wie Karl-Heinrich Weber es ansprach, weil der Wassertrog keinen eigenen Wasserhahn hat, wäre das eine Geschichte für die Zeitung. Der im Film angesprochene Konflikt mit der Presse wurde von den Anwesenden nicht auf die örtliche Ebene übertragen.
Zwischen der Rhön und Österreich gibt es Parallelen
Derleth zog Parallelen von Österreich zur Rhön. "Solche Bilder hätten wir auch liefern können". In der Ausbildung hätte man gelernt, dass der Bauer die Welt ernähren muss, aber in den anderen Ländern gebe es auch Bauern, die für ihr eigenes Land zuständig sind. Die Preise richten sich allerdings nach dem Weltmarkt. Für die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit müsse jeder selbst sorgen und dürfe nicht aufhören, neue Ideen zu haben.
Mit der Selbstvermarktung kommt man an seine Grenzen
Mit der Selbstvermarktung komme man an seine Grenzen, bestätigte Weber, selbst schlachten, wie es im Film gezeigt wurde, sei wegen der vielen Vorschriften gar nicht möglich. "Immer kommt jemand und erklärt neue Vorschriften", sagte er. "Das Schlimmste ist die Bürokratie", bestätigte Hans Schöneberg. Die Bevölkerung wünsche sich eine bäuerliche Landwirtschaft, aber sie müsse finanziell machbar sein.
Mathias Klöffel hat seine Schweinemast wegen geänderter Vorschriften aufgegeben, er sieht aber trotzdem große Potenziale auf dem Land. Man sollte nicht auf die Regulierungen aus Brüssel warten, sondern sich den Herausforderungen stellen. Eva Warmuth wies auf das strukturbedingte Höfesterben hin, sie und ihr Mann betreiben noch den einzigen Vollerwerbshof in Wargolshausen.
Viele Themen hat der Film berührt, ohne Patentlösungen aufzuzeigen. Eine Rettungsaktion wie beim Steiermark-Bauern, der gern T-Shirts trägt mit Aufschriften wie "Sei muhtig", "Auftrags-Griller" oder "Acker-Demiker" ist ein Einzelfall. Die Anwesenheit von rund 130 Zuschauern im Kino zeigte, dass die Probleme auch hier aktuell und größtenteils auf hiesige Verhältnisse übertragbar sind.