Manche kommen auf den Kreuzberg, um Hilfe zu erflehen für ihr Leben. Andreea Petraru hat das nicht getan. Und doch wurde ihr dort oben unerwartet Hilfe zuteil. Damit sie ihr Leben vielleicht besser meistern kann. Und diese Hilfe erreichte sie in der Großküche zwischen den Sauerkraut-Kesseln.
Andreea Petraru ist Rumänin. Sie ist alleinerziehend und lebt mit ihrer Tochter im hessischen Züntersbach bei Bad Brückenau. 2014 ist sie nach Deutschland gekommen, um Arbeit zu finden. "Begonnen habe ich als Zimmermädchen im Dorint-Hotel in Bad Brückenau", erzählt die 32-jährige Mutter.
Taff und sehr geschickt
Zwei Jahre später ist sie an den Kreuzberg gewechselt, um als ungelernte Hilfsarbeiterin in der Küche zu arbeiten. "Mir ist schnell aufgefallen, dass Andreea taff ist und sehr geschickt", erinnert sich Angelika Somaruga, die Leiterin der Klosterbetriebe, an die Anfänge der Kollegin.
"Sie war immer konzentriert und sehr schnell", sagt Somaruga über ihre Kollegin. Und Somaruga dachte sich, in Andreea Petraru steckt mehr. "Ich habe sie dann angesprochen, ob sie ihr Leben lang als Hilfskraft arbeiten oder lieber Köchin werden wolle", erzählt Somaruga.
Förderprogramm der Arbeitsagentur
Somarugas IHK-Ausbildungsberater Bernd Clemens wusste von einem besonderen Ausbildungsprogramm der Arbeitsagentur. Zusammen mit Iris Zwierlein von der Arbeitsagentur in Bad Neustadt wurde der Weg für eine Ausbildung der Rumänin zur Köchin geebnet.
"WeGebAU" heißt das Förderprogramm, es geht dabei um die "Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen", wie es ausgeschrieben heißt. Es geht also darum, schon etwas ältere Mitarbeiter weiter zu qualifizieren. Die Arbeitsagentur unterstützt dabei den Arbeitgeber bei der Entgeldzahluhng, aber auch die Arbeitnehmer profitieren von Vorteilen.
Kein einfacher Entschluss
Die eher zurückhaltende Andreea Petraru sagte schließlich Ja zu diesem neuen Schritt und begann ihre Ausbildung zur Köchin. "Und das ist beileibe kein einfacher Entschluss, wenn man bedenkt, dass die Ausbildung in zwei statt in drei Jahren absolviert werden muss", zollt Somaruga ihrer spätberufenen Kollegin Respekt.
"Klar war ich überrascht über Frau Somarugas Angebot. Aber ich habe ja auch Verantwortung für meine Tochter. Und ich hatte eine liebe Nachbarin, die mir während der Ausbildung viel geholfen hat", sagt Andreea Petraru. Schließlich musste sie Berichtshefte anfertigen und das mit noch recht wenigen Deutschkenntnissen.
Sehr guter Abschluss 2018
"Ja, das war schon ganz schön anstrengend. Und ich war ja die Älteste in der Berufsschulklasse", erzählt die rumänische Mutter über die zwei Jahre der Ausbildung unter ihrem damaligen Küchenchef Eduard Sept. Im Juni 2018 hat Andreea Petraru schließlich ihre Ausbildung beendet. "Die praktische Prüfung bedeutete, aus einem vorgegebenen Warenkorb mit Perlhuhn ein Menü zu kochen", erzählt die Jungköchin. "Nein, etwas Rumänisches habe ich nicht gekocht", schmunzelt sie. "Aber ich habe sehr gebangt, bis das Ergebnis da war", so Petraru.
Am Ende hat die Rumänin besonders gut abgeschnitten. Arbeitsagentur-Mitarbeiterin Iris Zwierlein war am Ende "stolz, auf die junge allein erziehende Mutter, die diese Ausbildung trotz aller Herausforderungen so gut gemeistert hat."
Große Freude in der rumänischen Heimat
Klar, dass Andreea Petraru nach bestandener Prüfung in ihrer nordrumänischen Heimat bei der Familie angerufen hat. "Alle wussten, dass ich das schaffen werde", lächelt die Köchin. Auch Tochter Alexandra fand es "ganz toll", was die Mama da in zwei Jahren geleistet hat.
Seit Sommer 2018 kocht also Andreea Petraru mit ihren 19 Kolleginnen und Kollegen der Klosterküche für die Gäste auf dem Kreuzberg. Aber auch für das Personal und für die verbliebenen vier Brüder des Klosters gibt es einen eigenen Speiseplan für die Woche. Vom Hähnchengeschnetzelten bis zu Leber Berliner Art oder dem Fränkischen Hochzeitsessen ist alles dabei.
Favorit Linseneintopf
Andreea Petraru selbst hat zuerst kein besonderes Lieblingsgericht parat, das sie auf dem Kreuzberg kocht. Dann kommt aber doch eines hinterher. "Vielleicht doch der Linseneintopf. So etwas kannte ich nicht aus meiner Heimat, wo viel Polenta, Kartoffeln und Fleisch auf dem Speiseplan stehen", erklärt die 32-jährige Köchin. Sie weiß jetzt sehr gut, dass sie es auf dem Kreuzberg beruflich sehr weit nach oben gebracht hat.
Kontaktmöglichkeit für Arbeitnehmer bei der Agentur für Arbeit:
Tel.: (0800) 4 55 55 00