Das Kreiskulturzentrum "Kloster Wechterswinkel – Kunst & Kultur" besteht heuer 15 Jahre. Eine "Lange Klosternacht" mit zahlreichen Aktionen war ursprünglich aus Anlass dieses kleinen Jubiläums geplant gewesen. Doch nicht nur zum Bedauern von Kreiskulturmanagerin Dr. Astrid Hedrich-Scherpf fiel diese Veranstaltung dem verordneten Sparstift zum Opfer. Statt Klosternacht hieß es am vergangenen Wochenende "Nachts im Kloster".
"Künstlerpech" nennt man wohl gemeinhin ein Missgeschick, das einem beim Ausüben einer Tätigkeit widerfahren kann. Und gleich eine ganze Menge "Künstlerpech" hatte Bildhauer Herwig Kemmerich bei diesem Jubiläumsabend. Das von ihm mit viel Engagement und Herzblut vorbereitete Happening "Kawumm", bei dem mittels eines Katapults Farbbomben auf eine Leinwand geworfen und dort dann einzigartige Kunstwerke kreiert werden sollten, nahm nicht den erwarteten Verlauf.
Bildhauer Herwig Kemmerich nahm das unvollendete Kunstwerk mit Humor
Erst waren es technische Probleme, dann fehlende Treffsicherheit und schließlich eine Verletzung, die dafür sorgten, dass das mit viel Vorfreude und Spannung erwartete Kunstwerk am Ende ein unvollendetes war. Doch der Protagonist des Abends nahm es mit Humor: "Es ist auch schön, wenn die Granaten mal nicht einschlagen", so der doppeldeutige Kommentar von Künstler Herwig Kemmerich.
Im Vorfeld hatte er im Innenhof des früheren Frauenklosters seine Apparatur sorgfältig aufgebaut. Das martialisch anmutende Katapult mit rotem Buzzer-Knopf beherrschte – von Scheinwerfern angestrahlt – das Bild im Innenhof. Davor die verstellbare Halterung für die Leinwand – aus Holz gefertigt. Alles war bestens vorbereitet. Über 30 Besucherinnen und Besucher wollten das Schauspiel live erleben beziehungsweise sich dabei eventuell selbst ein Kunstwerk schaffen.
Kloster Wechterswinkel: Eine nicht ganz so einfache "Bombenbauerei"
Gespannt warteten sie auf den Startschuss für das erhoffte Spektakel. Doch zunächst verzögerte sich der Beginn. Denn "es ist gar nicht so einfach, die Bombenbauerei", schmunzelte Kemmerich. Dann tauchten Probleme mit dem "Schnapper" auf, dessen Arretierung "mir 12 Stunden Arbeitszeit gekostet hat". Eine kurze Dachlatte sorgte dafür, dass weitere Reparaturversuche nicht noch eine "Verschlimmbesserung" der Situation zur Folge hatten. Da es auch mit der Ziel- und Treffgenauigkeit des Katapults haperte, zog der Performance-Künstler kurzerhand Plan B und damit seinen Ersatzkatapult aus der Tasche.
Der von ihm dafür verwendete Kinderstuhl funktionierte beim Werfen von Schaumküssen ganz gut, brachte aber ebenfalls die Farbbeutel nicht zum Platzen. Kemmerich schraubte, hämmerte und bohrte unverdrossen weiter. Doch am Ende musste der Künstler trotz allen Einsatzes einräumen, dass alle Mühen vergebens war.
Warum die aktuelle Ausstellung den Namen "Anmaßungen" trägt
Obwohl damit der Höhepunkt der Nachtveranstaltung im Kloster "ergebnisoffen" blieb – wie übrigens so manch anderes vom Künstler bewusst so geschaffenes Werk –, gingen die Besucher nicht enttäuscht nach Hause. Schließlich hatten sie in diesen Abendstunden einen gut aufgelegten Herwig Kemmerich erlebt, der sie mitgenommen hatte in sein künstlerisches Werden und Tun, ihnen erläuterte, warum er überwiegend raumbezogen arbeitet und auch darlegte, warum seine aktuelle Ausstellung gerade den Titel "Anmaßungen" trägt.
Gerade bei seiner Führung, die auf eine Dreiviertelstunde begrenzt war, aber gut und gerne zweieinhalb Stunden hätte dauern können, bekam man einen Einblick, wie Kemmerich die Welt sieht: Er will nach eigenen Angaben Dinge auf eine andere Ebene heben, um den Menschen einen anderen Zugang zum Ist-Zustand zu vermitteln. Damit möchte er einen Anstoß schaffen, sich auch einmal anders mit Gegebenheiten auseinanderzusetzen, andere Aspekte und Meinungen gewinnen.
Herwig Kemmerich: Ein innerer Ruf nach friedlichem Zusammenleben
Immer wieder kommt bei seinen martialisch anmutenden Werken, wie dem "Klingendraht", der "Rauchwolke nach Atombombenexplosion" oder den hölzernen Tellerminen der Irrsinn kriegerischer Konflikte, sein innerer Ruf nach friedlichem Zusammenleben zum Ausdruck. Wobei er auch eigene Erlebnisse und Erfahrungen, wie die in Laos mit seinen vielen durch Minen versehrten Menschen, verarbeitet.
Seine "Spikes" erinnern an Panzersperren, doch macht er deutlich, dass beim Aufspalten der Spießchen "darin der Baum zum Vorschein kommt, oft krumm, eben Natur". Auch mit seiner eindrucksvollen Rauminstallation "Diagramm" will er den Blick der Betrachter schärfen.