Die Corona-Deutschlandkarte des Robert Koch-Instituts (RKI) hat seit diesem Mittwoch einen schwarzen Fleck. Der Landkreis Hildburghausen in Thüringen zeigt bei der Sieben-Tage-Inzidenz einen Wert von über 500. Laut RKI haben sich dort 526 Personen pro 100 000 Einwohnern in den vergangenen sieben Tagen mit Corona infiziert.
Hildburghausen ist der Nachbarlandkreis von Rhön-Grabfeld und den Haßbergen in Unterfranken. Auch der oberfränkische Landkreis Coburg grenzt an den südthüringischen Kreis. Dessen Landrat, Thomas Müller (CDU) machte gegenüber dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) vor allem Pendler aus dem benachbarten Bayern für die hohen Infektionszahlen verantwortlich. Viele Menschen pendelten zwischen den Bundesländern oder hätten private Kontakte nach Bayern, so Müller. Darüber hinaus habe es zwei private Veranstaltungen im Landkreis gegeben, bei denen sich sehr viele Menschen angesteckt hätten.
Pendlerströme nach Unterfranken
In der Tat gibt es eine große Anzahl von Pendlern zwischen Südthüringen und Nordbayern. So ermittelte die IHK Unterfranken im Jahr 2015, dass allein in die Kreisstadt Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) jeden Tag 1200 Arbeitnehmer aus den Landkreisen Hildburghausen und Schmalkalden-Meiningen sowie der Stadt Suhl einpendelten. Auf Nachfrage der Redaktion bestätigt das Rhön-Klinikum, dass auch am "Campus Bad Neustadt" Mitarbeiter aus dem Landkreis Hildburghausen beschäftigt seien. Sie würden jetzt nach der vom RKI empfohlenen Teststrategie regelmäßig auf das Coronavirus kontrolliert werden.
Klare Infektionsherde sind dem Hildburghausener Landrat Müller zufolge kaum mehr auszumachen. Die hohe Inzidenz sei auch deshalb bemerkenswert, weil Hildburghausen einen Flächenlandkreis ohne wirkliche Ballungsgebiete ist. Inzwischen gebe es dort flächendeckend in den unterschiedlichsten Einrichtungen Corona-Fälle: Schulen, Kitas, Verwaltungen, Polizei und auch Altenheime seien massiv betroffen, so Müller gegenüber der dpa. Die Infektionen gingen "querbeet durch alle Altersschichten".
Totaler Lockdown im ganzen Landkreis
Der Landkreis reagierte mit einem seit Mittwoch geltenden kompletten Lockdown, der bis zum 13. Dezember dauern soll. Alle Schulen und Kitas sind geschlossen, es gibt eine Notbetreuung für Kinder bis zur 5. Klasse. Alle Bewohnerinnen und Bewohner dürfen nur noch aus triftigen Gründen ihr Haus oder ihre Wohnung verlassen. Fast überall im öffentlichen Raum ist eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.
Der totale Lockdown betrifft auch Schülerinnen und Schüler aus dem benachbarten Rhön-Grabfeld-Kreis. Vor allem in Bad Königshofen ist die nur 15 Kilometer entfernte Ganztagesschule in Haubinda sehr beliebt. 25 Schülerinnen und Schüler aus dem Raum Bad Königshofen besuchen derzeit dort den Unterricht. Der eigens eingerichtet Transfer-Service wurde eingestellt, die Tagesschule muss vorerst geschlossen bleiben. Die Betreuung im angeschlossenen Internat sei aber weiterhin möglich, so Burkard Werner, Leiter der Hermann-Lietz-Schule. Man stelle auf Homeschooling um, für die Kinder bis zur 6. Klasse gebe es eine Notbetreuung.
Schnelltests für Schulen
Der strikte Lockdown soll zwar vorerst bis 13. Dezember gelten. Bereits von Montag an werde es jedoch Schnelltests für die knapp zehntausend Schulkinder und Lehrkräfte des Landkreises geben, um im Falle negativer Testergebnisse eher wieder in einen eingeschränkten Präsenzunterricht zurückkehren zu können. Das teilte das örtliche Gesundheitsamt in Absprache mit der thüringischen Landesregierung mit. Das Land habe bereits entsprechend Schnelltests bestellt, bei den Abstrichen soll auch die Bundeswehr helfen. Nach Angaben von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) könnte dieser Versuch zum Modell auch für andere Regionen mit hohen Infektionszahlen werden.
Der thüringische Nachbar von Hildburghausen, Würzburgs Partnerstadt Suhl, hat derzeit eine vergleichsweise niedrige Inzidenz von 32,6. Suhl ist damit einer der am wenigsten betroffenen Städte Deutschlands.
Mit Informationen von Alfred Kordwig
Man hätte diese Veranstaltungen in diesem Jahr von Anfang an gästemäßig niedriger halten müssen. Eine offenere Berichterstattung über diese Art des Ausbruchsgeschehens hätte vielleicht manches Brautpaar dazu bewogen, ihre Feier kleiner zu halten, zum eigenen Schutz und dem der Familie.
Thüringen hatte bis dahin sehr niedrige Coronazahlen und seitdem strahlen die hohen Coronazahlen vom Landkreis Hildburghausen auf die umliegendn Landkreise aus. Das kostet wohl auch Menschenleben, aber eine Hauptursache hierfür darf man nicht erwähnen.