Welche Auswirkungen haben der Krieg in der Ukraine und der Ausschluss fast aller russischen Banken aus dem SWIFT- Zahlungssystem auf die heimische Wirtschaft und den Lebensmittelsektor? Mit dieser Frage beschäftigten sich Richard Mergner, Vorsitzender des Bundes Naturschutz in Bayern, Stefan Köhler, Bezirkspräsident des BBV, Kreisbäuerin Margit Ziegler, Kreisobmann Mathias Klöffel und BBV-Kreisgeschäftsführer Michael Distel.
Sie trafen sich nach der Auftaktaktion in Junkershausen mit Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber zur Pflanzung von rund 3500 Solitärbäumen.
Versorgung mit Lebensmittel ist nicht das Problem
Die Verteuerung der Betriebsmittel (Diesel und Dünger) werden sich auf die Preise schlagen, sagten Klöffel und Ziegler voraus. Klöffel sieht in Bezug auf Nahrungsmittel, die hier gebraucht werden, keine direkten Auswirkungen, weil nur wenige Lebensmittel nach Russland oder in die Ukraine geliefert oder von dort bezogen werden.
Die Selbstversorgung in Deutschland ist groß, besonders bei Kartoffeln (Selbstversorgungsgrad 145 Prozent), bei Zucker (143 Prozent), bei Fleisch (118 Prozent), bei Milch (117 Prozent) und bei Getreide (101 Prozent), wie Daten des Statistischen Bundesamtes von 2020 zeigen. Bei Eiern, Gemüse, Hülsenfrüchten, Honig und Obst liegt die Selbstversorgungsrate zwischen 72 und 22 Prozent.
Was aber alle Verbraucher finanziell treffen wird, ist der eventuelle Stopp oder die Verknappung von Energie in Form von Gas, Öl und Kohle sowie Stickstoff als Düngemittel, der auch aus der Ukraine bezogen wird.
Ein Traum ist ausgeträumt
"Der Traum von der friedlichen Globalisierung ist gescheitert", sagte Bezirkspräsident Köhler. "Wir sind alle geschockt." Er sieht die Verlierer der gegenwärtigen Krise vor allem in den afrikanischen Ländern, die wegen ihrer Hungersnöte auf Hilfe angewiesen sind. Viel weniger Hilfsgüter werden aus finanziellen Gründen über die Schwarzmeerhäfen nach Afrika geschickt werden, vermutet er.
Er bemerkt aber auch ein Umdenken in Bezug auf die Regionalität und den Verbrauch von Energie. "Unsere Viecher fressen mehr regional als die Verbraucher", kritisierte er. Corona sei der erste Weckruf, der Krieg um die Ukraine der zweite. "Wie viele brauchen wir?" Keiner könne so weitermachen wie bisher, jeder sollte seinen Konsum um zehn Prozent abspecken, ist seine Meinung.
Mergner sieht Chancen in Bezug auf die Energiepolitik und forderte außerdem ein Umdenken und die Änderung der Beschaffungskriterien. Lockangebote in den Supermärkten sollten verboten und Produkte aus der Region bevorzugt werden. Nicht das billigste Angebot müsse angenommen werden, das führe dazu, dass alle, die ihre Mitarbeiter anständig bezahlen und verantwortlich produzieren, bei Ausschreibungen niemals gewinnen können.
Ausbau hat eine neue Brisanz
Er erinnerte daran, wie lange schon Umweltverbände und Initiativen den intensiven Ausbau der erneuerbaren Energien gefordert haben, um unabhängig vom Ausland zu sein. Wind und Sonne gebe es kostenlos, der Ausbau habe jetzt eine neue Brisanz, weil die Abhängigkeit von einem totalitären System endlich allen klar geworden sei.
Er lobte Initiativen wie die Agrokraft, die den Ausbau der erneuerbaren Energien als Genossenschaftsprojekte aktiv vorantreibt. Auch Biogasanlagen – verantwortlich geführt und mit Blühmischungen sowie Mais mit Untersaat beispielsweise gefüttert, könnten zu mehr Biodiversität beitragen.
Erneuerbare Energien im Fokus
Diestel hofft auf eine große gemeinsame Anstrengung zum Ausbau der erneuerbaren Energien. Für ihn wäre es "ein Traum", Hubert Aiwanger, Bayerns Staatsminister für Wirtschaft, Energie und Technologie, den BBV und den BN dafür zu gewinnen. "Der Druck ist jetzt da", meinte Mergner.
Er wies auf das von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck schon im Januar angekündigte "Osterpaket" und das darauffolgende "Sommerpaket" mit Sofortmaßnahmen hin, um die Ziele des Klimaschutzes zu erreichen. Das habe jetzt durch die bevorstehende Energiekrise durch den Ukraine-Krieg zusätzliche Bedeutung erlangt.
Alle Gesprächsteilnehmer waren sehr betroffen wegen der aktuellen Entwicklungen. Einig waren sie sich darüber, dass alle Sanktionen, die jetzt gegen Russland beschlossen werden, diverse Konsequenzen in Deutschland und vielen Ländern der Erde haben werden.