Mit dem Recht ist das so eine Sache: Recht haben, Recht kriegen, im Recht sein - das sind viele paar Stiefel. Die auseinander zu dividieren ist gar nicht immer leicht. Das mussten in den vergangenen Monaten auch die Rhön-Grabfelder Imker erfahren.
Zwischen dem Imker-Landesverband (LVBI) und der Rhön-Grabfelder Kreisvorsitzenden Annette Seehaus-Arnold (Burglauer) geht es schon des längeren giftig zu: Im September 2018 hatte der Landesverband beim Bayerischen Imkertag in Hof Seehaus-Arnold wegen "verbandsschädlichen Verhaltens" - so erläuterte es damals Bezirks-Vorsitzender Peter Maske - ausgeschlossen. Wogegen sich Seehaus-Arnold gerichtlich wehrte.
Ausschluss wegen Verfahrensmängel unwirksam
Nun gibt es in Sachen Ausschlussverfahren ein Urteil: Seehaus-Arnolds Ausschluss ist laut Amtsgericht Nürnberg aufgrund erheblicher Verfahrensmängel unwirksam. Damit werde die Vorsitzende "rehabilitiert", sagt stellvertretender Kreisvorsitzender Heinz Endres im Pressegespräch. Die Gegenseite, mit dem Landespräsident der Imker, Stefan Spiegl, verweist hingegen auf den Wortlaut im Endurteil: "Ob dieses Prozessergebnis ein Pyrrhussieg ist, wird die Zukunft erweisen."
Es bleibt also kompliziert: Wieso Pyrrhussieg? Wie ist dieser Gerichts-Spruch zu interpretieren? Weshalb sollte Seehaus-Arnold eventuell geschwächt aus ihrem eigentlichen Sieg vor Gericht hervorgehen?
Vor einem Ausblick braucht es erst einmal einen Rückblick: Weshalb gab es den Ausschluss-Versuch von Seehaus-Arnold 2018? Stein des Anstoßes im Landesverband waren wohl Rundbriefe des sogenannten "Imkernetzwerkes Bayern", die Seehaus-Arnold als Mitherausgeberin mitverantwortete. Darin wurde die Arbeit des Deutschen Imkerbundes und des Landesverbandes bayerischer Imker mehrfach kritisiert.
Die Rolle des Verbandes im Wachsskandal
Inhaltlich ging es vor allem um den Wachsskandal im Jahr 2016, als gefälschte Wachs-Mittelwände im Umlauf waren, an denen viele Bienenvölker zugrunde gingen. Da habe der Verband versagt, weil er zu spät informierte, so Seehaus-Arnolds Position. Obwohl das Ministerium die Verbände bereits im Sommer 2016 in Kenntnis gesetzt habe, so ihr Vorwurf, sei beim Imkertag 2016 kein Wort über verfälschtes Wachs verloren worden. "Hätte man informiert, wären viele Völker noch am Leben", ist Seehaus-Arnold überzeugt.
Weil sie den Verbands-Ausschluss nicht hinnehmen wollte, zog die Burgläurerin vor Gericht. "Aus verfahrensrechtlichen Gründen", schreibt das Gericht in seinem Urteil vom 4. April, komme es gar nicht darauf an, ob ein Ausschließungsgrund vorliegt. Denn die Ausschlussentscheidung sei wegen formeller Fehler unwirksam.
Kritik geriet zur Schmähkritik
Beispielsweise sei unklar, wer den Antrag auf Ausschluss überhaupt gestellt hat, weiter gebe es die Ausschlussentscheidung nicht in schriftlicher Beschluss-Form, um nur einige der laut Gericht "erheblichen Verfahrensmängel" zu nennen. Das Gericht erklärt deshalb: "Die Mitgliedschaft (...) wurde bisher nicht rechtswirksam beendet." Seehaus-Arnold ist also nach wie vor Mitglied im Landesverband sowie Kreisvorsitzende in Rhön-Grabfeld, die Kosten für die Gerichtsverhandlung muss der Landesverband tragen.
Da das Mitgliedschaftsverhältnis damit "bis auf Weiteres" weiterbestehe, sah sich das Gericht aber trotzdem veranlasst, inhaltlich zu der Auseinandersetzung Stellung zu beziehen und wertete die umstrittenen Rundbriefe des Imkernetzwerkes aus. Das Urteil: "Eine möglicherweise tatsächlich vorhandene sachliche Kernkritik sei durch Loslösung von der Ebene der konkreten Tatsachenschilderung und Verallgemeinerung auf die persönliche Ebene gezogen und zu einer massiven Schmähkritik entwickelt worden." Nachdem also - so die Gerichtsauffassung - "Vereinsinterna und Schmähkritik in die Öffentlichkeit getragen wurden", wäre es dem Landesverband durchaus erlaubt gewesen, sich von der Kreisvorsitzenden zu trennen. Aber eben unter Einhaltung der nötigen Formalia, was nicht geschah.
Ob die Kernkritik zutrifft, ist fürs Gericht belanglos
Doch das Gericht geht auch da noch einen Schritt weiter: Die Kritik in den Rundbriefen habe zwar die Grenze der Sachlichkeit überschritten und sei zur "Schmähkritik" geworden. Das sage aber nichts darüber aus, ob sie im Kern berechtigt ist oder nicht.
Das Gericht verkenne nicht, dass Seehaus-Arnold die Bekämpfung der sogenannten Wachspanscherei ein echtes Anliegen im Interesse aller Imker, des Verbraucher- und Umweltschutzes war und ist. Bezüglich der Verantwortung des Landesverbands schreibt es: "Es mag auch sein, dass der Verband dem Vorgang nicht, nicht von Anfang an oder nicht stets mit dem wünschenswerten Nachdruck die gebotene Aufmerksamkeit und seine politische Handlungskraft gewidmet hat." Was aber für den Ausschießungsgrund belanglos ist, denn die Kritik habe die Sachebene verlassen.
So geht es im Kreisverband weiter
So oder so, das Urteil ist gesprochen und Seehaus-Arnold, die sich auch zwischenzeitlich immer als Kreisvorsitzende empfunden hat, ist gewillt, für Rhön-Grabfelds Imker die anstehenden Aufgaben anzugehen.
Kürzlich hat sie zur Delegiertenversammlung eingeladen. Stattfinden wird diese am Dienstag, 4. Juni, um 18.30 Uhr in Mittelstreu im Gasthof zum Wilden Mann. Neuwahlen stehen da übrigens nicht auf dem Programm: Denn Seehaus-Arnold war ja erst bei der Delegiertenversammlung im Februar 2018 einstimmig als Vorsitzende für vier Jahre wiedergewählt worden.
Wie sich der Landesverband seiner Kreisvorsitzenden gegenüber zu verhalten gedenke? "Aktuell sind wir noch in der juristischen Auswertung und ich kann heute noch keine abschließende Aussage treffen", so Präsident Stefan Spiegl.
Neue Kritik: DIB-Glas bei Aldi
Kritik, erklärt Kreisvorsitzende Seehaus-Arnold, werde sie auch künftig äußern. Ein Punkt brennt ihr bereits jetzt wieder auf der Zunge: Seit Montag, 6. Mai, gebe es bei Aldi das 500-Gramm-Glas Honig des Deutschen Imkerbundes für 4,99 Euro. "In meinen Augen ist das ein Ausverkauf der Marke", sagt sie. Gehe man davon aus, dass Abfüller und Aldi auch mitverdienen wollen, könne kein Imker für diesen Preis produzieren.