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Bad Neustadt
Ihre Vision: Eine Bio-Heumilch aus der Rhön
Landwirte aus Rhön-Grabfeld und Fulda wollen eine Rhöner Heumilch-Linie kreieren. Was an der Milch besonders wäre und was passieren muss, damit sie Realität wird.
Eine eigene Bio-Heumilch aus der Rhön, das ist die Vision von Landwirten aus den Landkreisen Rhön-Grabfeld und Fulda. Einer der Pioniere in Sachen Heumilch ist Landwirt Karl-Heinrich Weber aus Wülfershausen.
Foto: Ines Renninger | Eine eigene Bio-Heumilch aus der Rhön, das ist die Vision von Landwirten aus den Landkreisen Rhön-Grabfeld und Fulda. Einer der Pioniere in Sachen Heumilch ist Landwirt Karl-Heinrich Weber aus Wülfershausen.
Ines Renninger
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:37 Uhr

Landwirt Karl-Heinrich Weber aus Wülfershausen ist Überzeugungstäter. Und als solcher die Pionier-Rolle gewohnt. Bio-Milch beispielsweise machte er schon lange - nämlich 14 Jahre - bevor er eine Bio-Molkerei als Abnehmer dafür hatte. 

Dass Weber nun die Rhöner Bio-Heumilch-Idee entscheidend vorantreibt, ist also nicht überraschend. Heu verfütterte er schließlich schon immer an seine Kühe. Mal weniger, seit 2011 aber deutlich mehr. Damals entschied er sich bewusst gegen den Bau eines weiteren Silos und für die Errichtung einer modernen Heuhalle.

Die ursprünglichste Form der Milchgewinnung

Doch zurück zum Anfang: Was ist Heumilch? Und was macht sie so besonders? Heumilch, definiert die Managerin der Ökomodellregion Rhön-Grabfeld, Corinna Ullrich, als Milch von Kühen, die ohne Silofutter (ungetrocknet vergärtes Futter) aufgezogen werden. Letztlich handle es sich um die "ursprünglichste Form der Milchgewinnung", im Sommer grasen die Tiere auf heimischen Weiden, im Winter gibt's Heu aus der Heuhalle. 

"Das hat klare Vorteile für die Tiergesundheit", erklärt Bio-Landwirt Karl-Heinrich-Weber. Nur ein einziges Mal musste im vergangenen Jahr der Tierarzt  auf seinen Schwalbenhof kommen, und das auch nur, weil eine Kuh Probleme beim Kalben hatte. 

Heumilch für die Biodiversität

Ist die Heumilch auch für den Menschen gesünder? "Geschmacklich besser ist sie auf jeden Fall", erklärt Ullrich. Und Weber verweist auf den höheren Anteil an Omega-3-Fettsäuren. Ein weiteres Argument für die Heumilch, so Ullrich, seien die guten Käserei-Eigenschaften. Emmentaler, Bergkäse oder Parmesan beispielsweise wären ohne Heumilch nicht denkbar. Zudem wirke sich die schonende und extensive Wirtschaftsweise positiv auf Natur und Umwelt aus. "Für die Insekten und die Biodiversität ist Heumilch gut, weil nicht mehr das ganze Grünland auf einmal gemäht wird, wie beim Silo, sondern in Etappen", so Ullrich.

Mit Heumilch geht automatisch die Produktion von Belüftungsheu in der Halle einher, da an der Sonne getrocknetes Heu ein hohes Wetterrisiko birgt, erklärt Weber. Durch die mechanischen Bearbeitungsschritte auf der Wiese bleibe ein großer Teil der Blätter, nämlich die am schnellsten abtrocknen, als Brökelverluste auf der Wiese. Moderne Heubelüftungstechnik hat den Vorteil, dass noch leicht feuchtes, und damit für Brökelverluste wenig anfälliges Mähgut, schonend in der Halle getrocknet wird. Der positive Nebeneffekt: weniger unerwünschte Keime als im vergorenen Futter.

Projektgruppe umfasst circa ein Dutzend Landwirte

In Süddeutschland haben bereits zahlreiche Molkereien die Heumilch als Premiumprodukt für sich entdeckt. In der Rhön und darüber hinaus in Nordbayern und Hessen gab es etwas derartiges bislang nicht. Das wollen Weber und eine Gruppe von Landwirten, etwa ein Dutzend aus den Landkreisen Rhön-Grabfeld und Fulda, nun ändern. Aus Rhön-Grabfeld ist neben Weber noch Thorsten Abe aus Urspringen in der Initiative aktiv, im Nachbarlandkreis Bad Kissingen signalisierten zwei, drei Landwirte Interesse.

Gemeinsam mit den Projektmanagerinnen der beiden Ökomodellregionen Rhön-Grabfeld und Fulda, Corinna Ullrich und Simone Müller, beschäftigt sich die Projektgruppe derzeit intensiv mit Fragen wie: Welche Investitionen sind für die Landwirte nötig? Welche Fördermöglichkeiten gibt es? Welche Vermarktungs- und Verarbeitungspartner finden sich? Gesucht werden außerdem auch nach wie vor noch Bio- oder umstellungsinteressierte Milchviehhalter, die der Gruppe beitreten wollen.

Weshalb die Verwirklichung noch Zeit in Anspruch nimmt

Schon diesen Herbst könnte Karl-Heinrich Weber die Richtlinien des EU-Gütesiegels für Heumilch erfüllen, einige seiner in der Initiative mitarbeitenden Kollegen sind allerdings noch lange nicht so weit. Weshalb es wohl nicht Monate, sondern realistischerweise eher Jahre dauernd dürfte, bis die Rhöner Heumilch dann auch wirklich im Supermarktregal zu finden ist. Doch sowohl Ullrich als auch Weber glauben an eine realistische Chance auf Verwirklichung ihrer Vision.

Karl-Heinrich Weber aus Wülfershausen hat schon, was andere an der Rhöner Bio-Heumilch interessierte Milchviehhalter in naher Zukunft erst noch bauen müssen: eine Heuhalle mit Kran. Schon heute verfüttert er kaum noch vergorene Futtermittel wie Silage. Spätestens im Herbst will er komplett auf Heu als Winter-Futtermittel umgestellt haben.
Foto: Ines Renninger | Karl-Heinrich Weber aus Wülfershausen hat schon, was andere an der Rhöner Bio-Heumilch interessierte Milchviehhalter in naher Zukunft erst noch bauen müssen: eine Heuhalle mit Kran.

Webers Vorteil: Er hat jetzt schon, was die meisten anderen erst noch errichten müssen, eine moderne Heutrocknungshalle, in seinem Fall mit Luftentfeuchter und Dachabsaugung. Am Ende seiner Wünsche ist er damit  noch lange nicht. Derzeit läuft sein Bauantrag auf Erweiterung der existierenden Heuhalle. Spätestens ab Herbst will Weber seine Kühe nämlich komplett ohne Silofutter ernähren.

Dafür allerdings braucht er die nötigen Vorratskapazitäten. Anders als in Süddeutschland und Österreich kämpfe man in der Rhön phasenweise mit extremer Trockenheit, weshalb größere Speicher nötig sein. Der Rhöner Heumilch-Preis müsse in Webers Augen folglich auch etwas über dem in den Vergleichsregionen liegen.

"Loser Kontakt" zu Molkereien geknüpft

Eine Heutrocknungshalle ist für Landwirte alles andere als eine unerhebliche Investition. Bevor die Landwirte diese tätigen, hätten viele in der Projektgruppe gerne die definitive Zusage einer Molkerei, dass die dann die neue Heumilch-Linie auch sicher in ihre Produktpalette aufnimmt. 

Produzierten sie Rhöner Heumilch, so die Rückmeldung einiger Molkereien, müssten sie andere derzeit existierenden Linien einstellen. Dazu seien sie eventuell gewillt. "Loser Kontakt", erklärt Ullrich, sei zu diversen Molkereien geknüpft. Die fordern, grob gesagt, alle zwei Tage einen Tanklaster mit 20000 bis 22000 Liter Heu-Milch. Eine Menge, die die Gruppe liefern könnte, vorausgesetzt, dass alle Interessierten letztlich mitziehen. 

Die Eckdaten seien also klar, nun müsse man sich noch weiter "rantasten", so Ullrich. Der nächste Schritt sei eventuell eine Machbarkeitsstudie. Auch wenn es also noch dauert, bis die Rhöner Heumilch im Supermarkt-Regal steht, wer rund um Wülfershausen wohnt, darf sich freuen:  Läuft bei Karl-Heinrich Weber alles wie geplant, kann man dessen Heu-Milch - natürlich ohne Label ganz klassisch in der mitgebrachten Milchkanne - bereits im Herbst am Schwalbenhof im Direktverkauf ab Hof erwerben. 

Fein, weich und nährstoffreich - ist das Heu, das Karl-Heinrich Weber aus Wülfershausen in seiner Heuhalle präsentiert. Möglich macht das die moderne Heubelüftungstechnik, die der Landwirt in seiner Heuhalle einsetzt. 
Foto: Ines Renninger | Fein, weich und nährstoffreich - ist das Heu, das Karl-Heinrich Weber aus Wülfershausen in seiner Heuhalle präsentiert.
 
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