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Bad Neustadt
Hochsensibilität bei Kindern: Eltern können sich in einer neuen Gruppe der Caritas in Bad Neustadt austauschen
Wie erkenne ich, ob ein Mensch hochsensibel sein könnte und wie gehe ich damit um? Diese Fragen und der Austausch stehen im Fokus der Elterngruppe "Hochsensibilität".
Wenn ein Söckchen kratzt oder – wie im Bild – zu weit ist, kann das für hochsensible Kinder zu einem großen Problem werden. Sie werden dann zum Beispiel wütend, traurig oder sind verzweifelt.
Foto: Kristina Kunzmann | Wenn ein Söckchen kratzt oder – wie im Bild – zu weit ist, kann das für hochsensible Kinder zu einem großen Problem werden. Sie werden dann zum Beispiel wütend, traurig oder sind verzweifelt.
Kristina Kunzmann
 |  aktualisiert: 01.03.2023 02:45 Uhr

Es gibt sie mit Benjamin Blümchen drauf oder mit rosa Bärchen. Gestreift, gepunktet, aus Polyester oder Wolle: Kindersöckchen. Für Kinder mit einer Hochsensibilität kann aus einem juckenden kleinen Söckchen ein großes Problem werden, denn sie reagieren besonders stark auf körperliche, akustische, visuelle Reize und verhalten sich dann mitunter nicht angemessen.

Mit einer neuen Elterngruppe möchten Grundschullehrerin und systemische Beraterin Janine Büchs, Erzieherin Angela Müller und Sylvia Pflaugner (Sozialpädagogin Caritas-Erziehungsberatungsstelle) Eltern und andere Betreuungspersonen hochsensibler Kinder in den Austausch bringen.

Angela Müller hat inklusive Frühpädagogik studiert, arbeitet als Erzieherin und hat sich zum Thema Hochsensibilität weitergebildet. "Manche Menschen verarbeiten Reize intensiver und sind dadurch schneller von etwas gestresst. Wenn Kinder zum Beispiel ganz empfindlich sind mit Stoffen auf der Haut, ein Söckchen ständig kratzt oder der Bund der Hose sich immer zu eng anfühlt, kann das durch eine Hochsensibilität bedingt sein", erklärt sie.

Hochsensible Menschen haben ein kleineres "Fass"

Mit einem bildlichen Vergleich macht sie deutlich, wie sich dieser Wesenszug äußert. "Jeder hat ein 'Fass' des Nervensystems und da passt viel rein, bei manchen mehr, bei manchen weniger. Hochsensible Menschen haben ein kleineres Fass. Da läuft früh schon das Radio, dann riecht vielleicht noch der Käse aus dem Kühlschrank, der kleine Bruder schreit und schon ist das Fass relativ voll."

Sylvia Pflaugner (Caritas-Erziehungsberatungsstelle, links) und Angela Müller (Erzieherin mit Weiterbildung Hochsensibilität) stellten die neue Elterngruppe Hochsensibilität vor. Im Bild fehlt Janine Büchs (Grundschullehrerin und systemische Beraterin).
Foto: Kristina Kunzmann | Sylvia Pflaugner (Caritas-Erziehungsberatungsstelle, links) und Angela Müller (Erzieherin mit Weiterbildung Hochsensibilität) stellten die neue Elterngruppe Hochsensibilität vor.

Wenn dann der nächste Reiz dazu kommt, passiert etwas mit dem Kind, das sich bis dahin ganz normal verhalten hat: Das Fass läuft über, das Kind weint, regt sich über eine vermeintliche Kleinigkeit auf, hat einen Wutanfall oder ist völlig verzweifelt. Da das Nervensystem hochsensibler Personen alles tiefer verarbeitet, sind Betroffene von Reizüberflutungen oft sehr erschöpft und brauchen Auszeiten.

"Wutanfälle passieren vielleicht auch in der Öffentlichkeit, auf Familienfeiern mit vielen Gerüchen und Geräuschen zum Beispiel. So entsteht für Eltern ein sehr hoher Leidensdruck. Sie hören dann Sätze wie 'Kümmer dich doch mal' oder dem Kind wird gesagt 'Jetzt stell' dich doch nicht so an'", weiß Müller.

Abgrenzung zu Autismus, ADHS und Hyperaktivität ist nicht leicht

Manche Kinder würden mit ihrem Verhalten auch in Kindergarten und Schule auffallen. Aber nicht alle, denn vor allem Ältere schaffen es laut Müller häufig – unter großen Anstrengungen – sich tagsüber anzupassen und erst abends bei der Familie zuhause im geschützten Rahmen ihren Druck abzulassen – dann aber oft umso heftiger.

Ob eine Person tatsächlich hochsensibel ist, lässt sich nicht leicht abgrenzen. Denn laut Angela Müller gibt es Schnittmengen zu Hyperaktivität, ADHS, Autismus, manchmal auch zu Traumata. Und obwohl mittlerweile einige wissenschaftliche Studien dazu existieren, ist der Begriff "hochsensibel" nicht im Sinne einer Diagnose geschützt.

Sehr wichtig ist Müller die Abgrenzung der Hochsensibilität von jeglichen esoterischen Theorien. Als Ursache wird ein genetischer Hintergrund vermutet, oft sei ein Elternteil selbst – meist ohne es zu wissen – hochsensibel. Wenn dieser dann mit seinem hochsensiblen Kind zusammentrifft, könne es zu großen Konflikten kommen.

Im Mittelpunkt steht für die Initiatorinnen der Gruppe, dass Eltern lernen, ihr Kind und sein Verhalten besser zu verstehen und so der Leidensdruck im Alltag verringert wird. Denn "abschalten" lässt sich die Hochsensibilität zwar nicht. Der regelmäßige Austausch von Erfahrungen soll aber Entlastung bringen. Auch Eltern, die sich noch unsicher sind, ob ihr Kind hochsensibel sein könnte, sowie Lehrer, Erzieher und andere Betreuungspersonen können zu der Gruppe kommen.

"Meine Erfahrung ist, dass die Eltern oft merken, dass ihr Kind anders ist, aber das Thema Hochsensibilität dabei nicht auf dem Schirm haben, weil es einfach noch wenig bekannt ist", beschreibt Pflaugner. "Die Elterngruppe kann vielleicht ein Start sein, auch wenn Eltern dort zur Annahme kommen, dass ihr Kind nicht hochsensibel ist. Sie können mit diesem Wissen dann den weiteren Diagnoseweg über Kinderarzt und Psychologen gehen", ergänzt Müller.

Elterngruppe "Hochsensibilität bei Kindern"

Die Elterngruppe "Hochsensibilität bei Kindern" wird von Angela Müller, Janine Büchs und Sylvia Pflaugner fachlich geleitet. Das erste der kostenlosen Treffen findet am Mittwoch, 4. Mai, um 19.30 Uhr im Caritashaus Edith Stein, Kellereigasse 12 bis 16, in Bad Neustadt statt. Eine Anmeldung ist nötig bei Sylvia Pflaugner, Tel.: (09771) 61160, oder per Mail über erziehungsberatung@caritas-nes.de.
Quelle: ku
 
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