zurück
Bad Königshofen
Gymnasiums-Chef Wolfgang Klose aus Bad Königshofen vor dem Ruhestand: Die Erweckung kam mit Griechisch
Der Leiter des Gymnasiums in Bad Königshofen ist ein begeisterter Altphilologe, wie man ihn heute nicht mehr allzu häufig findet. Was er über den Lehrerberuf sagt.
Die Krawatte hat Oberstudiendirektor Wolfgang Klose schon mal gelockert. Demnächst geht der Chef des Gymnasiums Bad Königshofen nach 19 Jahren auf diesem Posten in den Ruhestand. Und bald hängt dann sein Bild auch an der Wand in der Reihe der früheren Schulleiter.
Foto: Michael Petzold | Die Krawatte hat Oberstudiendirektor Wolfgang Klose schon mal gelockert. Demnächst geht der Chef des Gymnasiums Bad Königshofen nach 19 Jahren auf diesem Posten in den Ruhestand.
Michael Petzold
 |  aktualisiert: 08.02.2024 13:51 Uhr

Mit Wolfgang Klose geht zum 1. August ein Pädagoge in den Ruhestand, der das Gymnasium in Bad Königshofen nicht weniger als 19 Jahre als Oberstudiendirektor geleitet hatte. Dabei war sein beruflicher Werdegang alles andere als üblich. Die erste Stelle nach Grundwehrdienst, Studium und Referendarszeit in München und Starnberg trat der 1957 in Regensburg geborene Lehrer am Kreuzburg-Gymnasium der Franziskaner im hessischen Großkrotzenburg an. Nach drei Jahren im Ausland, wie Klose scherzhaft sagt, arbeitete er sechs Jahre in der Erwachsenenbildung am Münchenkolleg. Dann ging Klose für neun Jahre an das Johann-Philipp-von-Schönborn-Gymnasium nach Münnerstadt, wo er zuletzt stellvertretender Chef war, und dann nach Bad Königshofen. Klose ist verwitwet und wieder verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder und lebt im Münnerstädter Stadtteil Reichenbach.           

Frage: Haben Sie ein Leitmotiv für ihren Beruf und das Leben?

Wolfgang Klose: Mehrere, da ist zum einen die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, dann Widerstände überwinden, im Sinne von Steine aus dem Weg räumen und nicht zuletzt das Arbeiten mit der Sprache.   

Sie sind seit Jahrzehnten Lehrer – wie hat sich der Beruf verändert?

Klose: Ich bin auch schon lange Schulleiter und spüre eine überbordende Zunahme an Verwaltungsvorschriften und Bürokratie. Dazu gibt es eine gestiegene Erwartungshaltung der Eltern und der Gesellschaft gegenüber der Schule, was vor allem den Erziehungsauftrag in vielen Feldern betrifft. Das kann bei Lehrkräften zu einer zunehmenden Belastung zeitlicher und psychischer Art führen.    

Würden Sie den Beruf unter den heutigen Umständen noch einmal ergreifen?

Klose: Ja, auf alle Fälle. Ich wäre aber nie Schulleiter geworden an einer Schule, an der ich nicht eine relativ hohe Zahl Unterrichtsstunden geben kann. In guten Zeiten hatte ich bis zu zehn Stunden in der Woche, vor allem Latein.

Anders gefragt: War der Lehrerberuf für Sie schon immer alternativlos oder gab es da eine heimliche Liebe?

Klose: Nein, die gab es nicht. Seit der 6. Klasse im Schuljahr 1969 war mir klar, dass ich Lateinlehrer werden will. Wir hatten damals sehr junge und gute Lehrkräfte, die die Sprache lebendig gemacht haben. Allerdings war Griechisch mein Erweckungserlebnis. Das ist mir buchstäblich zugeflogen. Es war die Welt der Antike und die Beschäftigung mit Texten in Latein, Griechisch, Deutsch und Englisch, was mich fasziniert hat. Man lernt da das Weltverständnis früherer Epochen, denkt in der lateinischen oder griechischen Sprache und stellt fest, dass in manchen Texten bis heute der Bezug zur Gegenwart da ist. Mancher mag das nicht nachvollziehen, aber ich empfand das als total spannend.  

Überall fehlen Mitarbeiter: Warum wollen eigentlich immer weniger Lehrer werden, bei gutem Gehalt und den vielen Ferien?

Klose: Das Image des Berufs hat deutlich gelitten. Wir sind groß geworden mit der Überzeugung, dass die Besten eine Anstellung erhalten. Doch da gab es viele, die trotz wirklich guter Noten im Studium und Referendariat nicht genommen wurden. Wir waren allerdings gewarnt worden, in der Uni bei Beginn des Studiums und später vor dem Referendariat. Uns 15 Anfängern wurde gesagt, brechen Sie ab, machen Sie was anderes, Sie haben mit ihren Fächern keine Chance auf eine Anstellung. Niemand von denen, die ich kannte, hat den sicher gut gemeinten Rat befolgt. Was aus ihnen geworden ist, weiß ich allerdings nicht. Gut möglich, dass solche Erfahrungen heute noch abschrecken. Außerdem ist, wie ich schon gesagt habe, die Erwartungshaltung auch an das Gymnasium enorm gestiegen. Lehrer und Lehrerinnen können sich nicht für alles zuständig fühlen, die Eltern sind nicht aus der Verantwortung zu entlassen.      

Wie hat die Schule die Zeit der Corona-Pandemie überstanden?

Klose: Verwaltungstechnisch in Kooperation mit den Behörden war das eine außerordentliche Belastung, die in Zusammenarbeit aller Kräfte, mit dem Sekretariat und den Lehrkräften, geschultert werden musste und konnte. Was die Schüler und Schülerinnen betrifft, wurde schnell klar, dass der Digitalunterricht nie und nimmer ein vollwertiger Ersatz für Präsenzunterricht sein wird. 

Wenn Sie Kultusminister wären, was würden Sie ändern?

Klose: Da gibt es schon das ein oder andere. Die Förderung von Lesen, Rechnen und Schreiben, also die Grundlagen, halte ich für ungeheuer wichtig. In den Gymnasien sollte die Arbeitswelt eine größere Rolle spielen. Ich bin für Betriebspraktika an der Schule, auch für Leute, die sich für den Lehrerberuf interessieren. Selbstverständlich sind das Fachwissen und die Fachausbildung ungemein wichtig. Dann würde ich mir wünschen, Schulleitern, die größere Verantwortung tragen als ich, mehr Entscheidungsfreiheit zuzubilligen. Nicht schlecht finde ich das französische System, mit einem pädagogischen Leiter oder Leiterin und einer Person, die für die Verwaltung zuständig ist.    

Mal eine ganz andere Frage: Warum hat das Gymnasium in Bad Königshofen keinen Namen? 

Klose: Das Gymnasium ist eine Gründung der Bürgerschaft im Jahre 1947. Der erste Schulleiter hieß Dr. Hans Kentmann.  Ich bin erst der vierte in der 76 Jahre alte Geschichte der Schule. Mit 19 Jahren als Leiter liege ich genau im Schnitt.  

Sie haben bald immer große Ferien: Was wollen Sie nur mit der ganzen freien Zeit anfangen?

Klose: Zunächst mal habe ich viel mehr Zeit für die Familie und den Enkel. Dann möchte ich mehr auf Reisen gehen, vor nach Italien, dem schönsten Land der Welt, möchte in den Bergen wandern, so weit es die Kondition zulässt, und mich dem Musikleben widmen. Auch Archäologie interessiert mich. Und schließlich muss ich mir noch meinen Archivbestand vornehmen. Es gibt wirklich genug zu tun.   

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bad Königshofen
Reichenbach
Michael Petzold
Gymnasium Bad Königshofen
Johann-Philipp-von-Schönborn-Gymnasium Münnerstadt
Karriere und beruflicher Werdegang
Lateinlehrer
Lehrerberuf
Schülerinnen und Schüler
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Veraltete Benutzerkennung
    Ein wahnsinnig engagierter, netter, aber auch Respekt einflößender Mensch und für mich ein einfach toller Schulleiter.

    Alles Liebe, Herr Klose!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • E. Z.
    War vor seinem Wechsel nach KÖN mein erster Lateinlehrer in Münnerstadt, 5. und 6. Klasse. Kann mich noch gut erinnern, wie er zu jeder Stunde reinkam und erstmal schwungvoll die Tür zugeschlagen hat grinsen Da war´s sofort mucksmäuschenstill und er hatte die volle Aufmerksamkeit. Herr Klose hatte einfach diese natürliche Autorität, da hat sich keiner getraut, aus der Reihe zu tanzen. Allerdings habe ich ihn nie als besonders streng empfunden, laut werden musste er auch nie, im Gegenteil, er war immer freundschaftlich und konnte einen anspornen und motivieren, ohne direkt ein "Kumpeltyp" zu sein. Er hat einfach Ausstrahlung und ist eine absolute Respektsperson, eine Gabe, die ich in meiner Schullaufbahn bei nur wenigen Lehrkräften erlebt habe. War wirklich traurig, als er das Mürschter Gymi damals verlassen hat, meine Leidenschaft zu Latein konnte danach die 9 Jahre Gymnasium leider auch nicht ganz überstehen zwinkern
    Ich wünsche Herrn Klose einen "otium cum dignitate", hat er sich verdient! grinsen
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten