Eigentlich sollte am Samstag, dem Tag des Handwerks, im Freilandmuseum Fladungen unter anderem ein historisches Getreidedreschen stattfinden. Leider machte aber das unbeständige Wetter einen Strich durch die Rechnung. Dennoch war der Tag mit anderen Aktionen recht gelungen und zog etliche interessierte Besucher an.
Niklas Hertwig, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Freilandmuseums, führte dann auch durch die Anlage und steuerte gezielt die geplanten Aktionen an. Da war zum einen das Thema "Kunst geht fremd – und über Grenzen". Weiter gehörte auch ein Kinderaktionsprogramm unter dem Motto "An die Dosen – fertig – los" dazu. Maria Schabel, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Kunsthalle Schweinfurt, begleitete dieses Programm.
Mit Graffiti war die Grundidee verbunden, dass man frei oder mit dem Hilfsmittel der Schablone sprüht. Die Schablone sei für den Einstieg ein tolles Hilfsmittel, es gab eine Auswahl an Motiven von Minions über die Fledermaus bis zu Gunter Sachs. Ein junges Mädchen, Marie, probierte sich an der Kreativstation mit der Sprühdose aus.
Was hatte es mit der Aktion "Kunst geht fremd" in Fladungen auf sich?
In der Dorfschule Krausenbach wurde auf die Aktion "Kunst geht fremd … und über Grenzen" hingewiesen. Damit laden 20 Häuser die Besucher ein, Kunst in anderen, fremden Zusammenhängen zu sehen, neue Museen zu entdecken und auf diese Weise einmal innerhalb Unterfrankens über Grenzen zu gehen.
Thomas Baumgärtel und Harald Klemm sind im Rheinland ansässig, kennen sich über eine Atelier-Gemeinschaft und arbeiten zusammen. Harald Klemm hat eine biografische Beziehung zur DDR. Beide setzen sich mit dem Thema "Deutsche Einheit" auseinander. Vordergründig belegt das ein Bild mit zwei schüttelnden Händen, auf der einen steht DDR und auf der anderen BRD.
Es würden sich noch viele Fragen stellen. Ist die deutsche Teilung noch vorhanden? In den Köpfen, auf der Karte, bei den Gehältern? Oder sind wir tatsächlich wieder vereint? Vielleicht müssen wir uns ab und zu fragen, wo kann ich noch etwas tun, um Zustände zu verbessern. Bis jetzt würden die beiden Künstler daran arbeiten.
Über eine Kneipenschlägerei und eine Entwaffnung
Klemms Vater hat bei einer Kneipenschlägerei einen russischen Soldaten entwaffnet. Er wurde in Abwesenheit für dieses "schmähliche" Verhalten einem russischen Soldaten gegenüber verurteilt. Die deutsche Teilung hatte vor Ort für viele Menschen eine persönliche Bedeutung. Deshalb passe diese Aktion gut in den Grenzort Fladungen, resümierte Marias Schabel.
Und weiter ging es zur dritten Station, bei der der Uhren-Autodidakt Karl-Hans Schüttler im Dreiseithof eine enorme Sammlung historischer Uhren präsentierte – und das mit Leidenschaft und einem profunden Wissen. An der Werkbank saßen mit Pfarrer i.R. Andreas Biesold, der sich fast ausschließlich mit Schwarzwalduhren beschäftigt, und Rüdiger Schöning, der eine Sammlung von 300 Schwarzwalduhren besitzt, zwei weitere Uhrenliebhaber, die gerade solche Objekte bearbeiteten.
Karl-Hans Schüttler, ein "zugereister" Nordheimer Bürger, erzählte, wie er zum Uhrensammler wurde. Als er Uhren zur Restaurierung zu Uhrmachern gebracht hatte, hätten die ihm "das Fell über die Ohren" gezogen. Da habe er das Metier selber erlernt, sich Maschinen angeschafft, eine Werkstatt eingerichtet und seine Schwarzwalduhren selber repariert.
Das Freilandmuseum Fladungen hat viele Uhren im Bestand
Das Freilandmuseum habe einen umfangreichen Uhrenbestand, erzählte Karl-Hans Schüttler. Er habe schon vor einigen Jahren Uhren überholt. So sei er mit dem Museum in Fladungen in Kontakt gekommen. Gemeinsam wurde überlegt, was man am Tag des Handwerks machen könne, daraus wurde denn die Präsentation der Uhren und die Vorführung der Reparaturen.
Rüdiger Schöning werkelte gerade an einem Regulator aus den Jahren 1890/95, den er im Rahmen der Vorbereitung überholt hat. Gemeinsam mit Schüttler hätte er den Regulator wiederbelebt, der ewig im Depot stand und korrodiert war. Schüttler habe ihn gereinigt und er hat die Uhr wieder zusammengebaut. Gerade justiere er sie.
Eine 100 Jahre laufende Datumsuhr
Die "Eureka", ein beliebtes Sammlerobjekt, sei eine amerikanische Entwicklung, die nur in England gebaut wurde, ab 1950 auch in Deutschland, erzählte Schüttler weiter. Ein besonderes Stück war die Datumsuhr der Gebrüder Wilde, die 100 Jahre läuft. Es war eine Uhr für den gehobenen Hausstand oder für Büroräume. Sie zeigt das Datum und den jeweiligen Tag an.
Im Hintergrund läuft ein Seidenband. 5000 Mal wurde sie gebaut. Sein Exemplar hat er übrigens bei Ebay erworben. Zur Reparatur sei auch eine Arrondiermaschine zum Nacharbeiten der zykloidischen Radzähne nötig, was ebenfalls gezeigt wurde. Es bedarf sicher viel Geduld und Feingefühl im Umgang mit den zu reparierenden Chronometern. Geduld hat der Uhrenspezialist bei der Präsentation der Sammlerstücke bewiesen und ein enormes Wissen dazu.
Neben Uhren gab es auch Tiere in Fladungen zu bestaunen
Neben diesen eher passiven Gegenständen waren auch allerhand vierbeinige Lebewesen zu bestaunen: Gänse, Gelbvieh, schwäbisch-hällische Landschweine und Ziegen tummelten sich auf dem Gelände.
Auch wenn das historische Dreschen aufgrund der Wettervorhersage ausfallen musste, entwickelte sich doch noch ein sonniger Nachmittag mit interessanten Aktionen, der den Bummel durch das Freilandmuseum Fladungen angenehm machte.