
Die schrecklichen Ereignisse im Ahrtal von 2021 oder jüngste Hochwasserereignisse in Europa bereiten auch dort Sorgenfalten, wo man von Katastrophen bisher verschont geblieben ist. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Grabfeld-Allianz zum Beispiel machen sich so ihre Gedanken, wie es im Ernstfall aussehen würde mit der Hochwasser-Sicherheit.
"Ich weiß nicht, bei welcher Regenmenge pro Stunde unsere Regenrückhaltebecken überlaufen", formulierte es der Großbardorfer Gemeinderat Reinhold Behr. Und auch der Wülfershäuser Bürgermeister Wolfgang Seifert musste feststellen: "Den Kommunen fehlt ein Informations-System."
Das Thema passt in den Gesamt-Zusammenhang des Wasserrückhalts und war auch deshalb bei der jüngsten Lenkungsgruppen-Sitzung der Grabfeld-Allianz in Sulzdorf gut aufgehoben. Schließlich wurde die Allianz Anfang November zusammen mit der Streutal- und der NES-Allianz zu einer von zehn bayerischen Modellregion zum Thema Wasserrückhalt und Hochwasserschutz ernannt.
Plädoyer für naturnahe Bachläufe
Jonathan Hasenauer und Steffen Zehe vom Wasserwirtschaftsamt in Bad Kissingen gaben in Sulzdorf grundlegende Informationen zum Thema Hochwasserschutz. Hasenauer zeichnete die Schwierigkeiten nach, die durch den Klimawandel entstehen. Trockene Sommer lassen die Böden austrocknen, Regen oder Hochwasser könnte dann nicht mehr versickern. Hinzu kämen von Menschen gesteuerte Wasserläufe. Besser seien naturnahe Bachläufe, die natürliche Retensionsflächen böten und außerdem für eine größere biologische Vielfalt sorgen würden, erklärte Hasenauer.

Wichtig sei, dass die Bauhöfe der Kommunen die Schutzanlagen regelmäßig überprüften, zum Beispiel für Sandsack-Lager sorgten oder Verklausungen beseitigten, also durch Schwemmgut versperrte Durchlässe. Die entstünden auch durch Biber, die unter Umständen ein Problem für den Hochwasserschutz darstellten.
Herausforderung für die Landwirtschaft
Auch die Landwirtschaft werde durch die Trockenheit herausgefordert. Lösungsansätze sah Hasenauer in vermehrter Mulchsaat, im Anbau von Zwischenfrüchten oder im Erhalt von Auenlandschaften. Alles zusammen könne zur Bodenverbesserung auch im Sinne des Wasserrückhaltes beitragen.
Ein neues Angebot der Wasserwirtschaftsämter in Bayern ist der so genannte Hochwasser-Check. Über diesen informierte Kollege Steffen Zehe bei der Lenkungsgruppensitzung. In einem ausführlichen Beratungsgespräch werde der Ist-Stand des Hochwasserschutzes einer Kommune ermittelt. Mithilfe von digitalen Karten, die Gefährdungsgebiete verdeutlichen, könnten grundlegende Vorkehrungen getroffen werden.
"Weiche" Maßnahmen ohne große Kosten
Es böten sich immer wieder "weiche Maßnahmen" an, durch die ohne großen Kostenaufwand und langwierige Genehmigungsprozeduren der Hochwasserschutz optimiert werden könne. Auf der anderen Seite kam aber vom Allianz-Vorsitzenden Jürgen Heusinger die Frage, wie rechtlich sicher die Kommunalvertreter stehen, wenn zum Beispiel ohne großen bürokratischen Aufwand gehandelt werde.
Großeibstadts Bürgermeister Gerhard Jäger regte an, mehrere Kommunen zusammenzubringen, da nur durch übergreifendes Handeln sinnvoller Schutz betrieben werden könne. Schließlich nehme die Geologie keine Rücksicht auf Flurgrenzen. Auch Kollege Wolfgang Seifert forderte ein übergreifendes Risiko-Management, zu unterschiedlich seien die Verhältnisse von Ort zu Ort. Ganz allgemein war man sich einig, dass für das Grabfeld und den Rest des Landkreises eigentlich zu wenige Pegel-Messstellen vorhanden seien.
Absprache mit Thüringen im Ernstfall schwierig
Ein anderer Aspekt, der bei der Versammlung diskutiert wurde, war die Kommunikation mit Thüringen. Die Einleitung von Gülle in die Milz auf Thüringer Seite im Hochsommer mache deutlich, wie hilflos man sei, wenn keine Kommunikations-Konzepte vorlägen. Sulzfelds Bürgermeister Jürgen Heusinger vermisste so etwas wie eine Notrufnummer. Mit der Einladung der beiden Fachleute aus dem Wasserwirtschaftsamt sah er sich aber darin bestätigt, ein wichtiges Thema für die Allianz-Arbeit angegangen zu haben. Die neue Fachkraft, die durch das Allianz-übergreifende bayerische Modellprojekt zur Schwammregion im nächsten Jahr die Arbeit im Landkreis aufnehmen wird, werde auch mit dieser Thematik befasst sein und Ideen für die Zusammenarbeit sammeln.
Viel Lob für Silvia Schmitt und ihre Kollegen
Heusinger nutzte am Ende der Sitzung noch die Gelegenheit, den drei Allianz-Managern zu danken, die mit ihrem Konzept zum Bewerbungs-Erfolg beim bayerischen Schwamm-Region-Wettbewerb beigetragen haben. "Da ist viel Grips angewendet worden für das Konzept", lobte Heusinger. Und ganz speziell an die Grabfeld-Allianz-Managerin Silvia Schmitt gerichtet, sagte er: "Silvia ist Gold wert. Es war die richtige Entscheidung, sie unbefristet anzustellen", so der Sulzfelder Bürgermeister unter dem Applaus der Beteiligten.