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Bad Königshofen
Glas-Hersteller will Produktionstechnik für Glas entwickeln, die mit einer post fossilen Wirtschaft vereinbar ist
Wegen der Gas-Verknappung steigen die Energie- und Rohstoffkosten. Welche Auswirkungen hat das auf die Niederlassung des Glasherstellers Bormioli Pharma in Bad Königshofen?
In Bad Königshofen produziert Bormioli Pharma hauptsächlich Röhrenglasfläschchen und Behälter für injizierbare Medikamente oder Infusionstherapien, unter anderem auch Behälter für Corona-Impfstoffe.
Foto: Bormioli Pharma | In Bad Königshofen produziert Bormioli Pharma hauptsächlich Röhrenglasfläschchen und Behälter für injizierbare Medikamente oder Infusionstherapien, unter anderem auch Behälter für Corona-Impfstoffe.
Regina Vossenkaul
Regina Vossenkaul
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:11 Uhr

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat am Donnerstag, 23. Juni, die zweite Krisenstufe im Gas-Notfallplan ausgerufen. Russland hat die Gaszufuhr gedrosselt, was für enorme Preissteigerungen sorgte. Wie geht es Branchen, die in der Fertigung ihrer Produkte auf hohe Temperaturen angewiesen sind und einen großen Energieverbrauch haben? Wir fragten den Plant Manager Virgilio Spera von der italienischen Firma Bormioli Pharma, die die Bad Königshöfer Glasherstellerfirma "Iso" gekauft hat.

Frage: Die Glasherstellung ist sehr energieintensiv, welche Auswirkungen hat die Verteuerung und Verknappung von Gas auf Ihre Produktion?

Virgilio Spera: Die Herstellung von Rohrglas ist zwar ein energieintensiver Prozess. Der Betrieb in Bad Königshofen ist jedoch aktuell weniger davon betroffen. Das Unternehmen hat alle notwendigen Maßnahmen ergriffen, um die Lieferkontinuität aufrechtzuerhalten. Dennoch müssen wir uns auf ein Szenario mit variablen Preisen einstellen, da die Energie- und Rohstoffkosten steigen. Bormioli Pharma investiert in effizientere Fertigungstechnologien, um zum nachhaltigen Wachstum unseres Unternehmens beizutragen. Wir beteiligen uns auch an dem "Glass Futures"-Projekt, das eine völlig neue Produktionstechnik für Glas entwickelt, die mit einer post fossilen Wirtschaft vereinbar ist.

Planen Sie, in erneuerbare Energien zu investieren oder wurde schon investiert, zum Beispiel in Wärmerückgewinnung?

Spera: Laut dem jüngsten Global Energy Perspective Report von McKinsey werden erneuerbare Energien im Jahr 2050 einen Anteil von 80 bis 90 Prozent am Strommix erreichen. In diesem Kontext werden auch die erneuerbaren Energien eine zentrale Rolle in der Energiestrategie unseres Konzerns spielen. Wir werden bis Ende dieses Jahres eine strategische Einschätzung darüber vornehmen, wie wir unseren Anteil an erneuerbaren Energien erhöhen und dabei auch von den Synergien einer zentralisierten Beschaffung von Energie profitieren können.

Die Niederlassung der Firma Bormioli Pharma in Bad Königshofen bemüht sich um Energieeffizienz. Trotz Gas-Krise sucht das Unternehmen weitere Mitarbeiter.
Foto: Regina Vossenkaul | Die Niederlassung der Firma Bormioli Pharma in Bad Königshofen bemüht sich um Energieeffizienz. Trotz Gas-Krise sucht das Unternehmen weitere Mitarbeiter.
Wie viele Arbeitsplätze werden momentan in Bad Königshofen geboten?

Spera: Derzeit arbeiten mehr als 100 Personen im Werk. Wir sind ständig auf der Suche nach neuen Mitarbeitenden sowie Arbeitskräften in der Produktion, Schichtleitung, Wartung, Logistik bis hin zu Bürotätigkeiten im kaufmännischen Bereich, Versand und Verwaltung.

Man hört immer wieder, die Auftragsbücher seien voll, aber es fehlen Arbeitskräfte oder Fachkräfte, wie sieht es in Bad Königshofen aus?

Spera: Es ist ziemlich schwierig, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden – ganz allgemein und insbesondere für Prozesse, die eine sehr hohe technische Qualifikation erfordern. Gleichwohl stellen wir in der Region ein großes Interesse an der Pharmaindustrie fest, die als schnell wachsende Branche gilt. Deshalb sind wir zuversichtlich, in den nächsten Monaten viele neue Kolleginnen und Kollegen begrüßen zu dürfen. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch interne Schulungen für Mitarbeitende an, die aus anderen Branchen kommen. Wir haben uns in letzter Zeit darauf konzentriert, spezielle Trainingspläne zu entwickeln. Damit haben wir richtig gute Ergebnisse erzielt. 80 Prozent der neuen Mitarbeitenden, die in den letzten sechs Monaten zu uns gewechselt sind, kamen aus anderen Branchen. Sie sind nun qualifizierte Fachkräfte in unserem Unternehmen.

Planen Sie in Bad Königshofen Erweiterungen?

Spera: Derzeit läuft ein großes Expansionsprojekt: Neue Produktionslinien werden installiert und die Produktions- und Logistikkapazitäten werden stark optimiert.

Was wird im Moment hauptsächlich produziert?

Spera: In Bad Königshofen produzieren wir hauptsächlich Röhrenglasfläschchen und Behälter für hochwertige medizinische Anwendungen, wie zum Beispiel injizierbare Medikamente oder Infusionstherapien. Konkret wurden Corona-Impfstoffe in Flaschen verpackt, die in unserer Fabrik hergestellt wurden.

Rechnen Sie in Zukunft mit weiterhin hoher Nachfrage bezüglich Ihrer Produkte?

Spera: Der Nachfrageschub durch die Pandemie und die Rückkehr zu einer normaleren Situation sorgen weiterhin für eine starke Nachfrage nach Flaschen, was zu langen Lieferzeiten und Lieferengpässen führt. Diese Situation wird voraussichtlich auch im Jahr 2022 weiter bestehen und sich dann im Jahr 2023 wieder stabilisieren, wenn die Herdenimmunität erreicht ist.

 
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