Dörfer und Städte haben viele Straßenbezeichnungen, bei denen nur manches Mal der Hintergrund ersichtlich ist. Bad Königshofen hat verschiedene Straßenbezeichnungen, die unter anderem an Persönlichkeiten, wie Adam Pfeuffer, einen ehemaligen Pfarrer oder den Besuch von Reichspräsident Hindenburg erinnern. Was aber hat es mit der Straßenbezeichnung "An der Gipsmühle" auf sich? Seit 1965 gibt es diesen Straßennamen am Ortsausgang in Richtung Herbstadt.
Ganz in der Nähe ist das "Hochgericht" und der "Kneuerskeller". Die eine Straßenbezeichnung erinnert an den Gerichtsort, der andere an die ehemalige Brauerei Kneuer. In der historischen Beschreibung der "Stadt und ehemaligen Festung Königshofen" von Johann Wilhelm Rost liest man dazu: "In der Richtung gegen Herbstadt zu liegt ein Felsenkeller. Hier befand sich früher ein Gypsbruch, bei dem der ehemalige Stadtbaumeister Büttner ein zum Gypsmahlen ursprünglich bestimmtes Gebäude errichtete. Bei einer Erweiterung und Vergrößerung entdeckte man eine Kluft, die den damaligen Eigentümer auf die Idee brachte, einen Bierkeller daselbst anzulegen…" Der Grund wird auch genannt: "Weil in der Stadt sich meistens schlechte Keller befanden, in denen das Bier im Sommer oft sauer wurde."
Gipsmühle dient heute als Hühnerstall
Diese Gipsmühle gab es noch in den 1965er Jahren, wobei gegenüber das damals modernste Gipswerk der Firma Knauf entstand. Die Gipsmühle konnte natürlich längst nicht mehr mit diesem großen Werk konkurrieren, so dass sie eines Tages still gelegt wurde. Heute noch erinnert ein kleines Häuschen an diese Gipsmühle.
Die Familie Fecke nutzt es seit vielen Jahren als Hühnerstall. "Es war einmal Werkstatt und vermutlich Aufenthaltsraum für die Arbeiter der Gipsmühle", weiß Antje Fecke, die dort zu Hause ist. Die Ostseite dieser einstigen Werkstatt ist zum größten Teil aus gewachsenem Gips heraus gehauen, während die anderen Seiten aus kleineren und größeren Steinen gemauert sind. Sie können verschiedenartigen und verschiedenfarbigen Gipssteinen zugeordnet werden.
Dahinter ist noch eine dunkel gefärbte Felsen-Gipswand zu erkennen. Das lässt darauf schließen, dass das verarbeitete Material direkt vor der Haustüre mit sicherlich primitiven Geräten gebrochen wurde. Aus alten Unterlagen erfährt man, dass ein rund 30 Zentner schwerer Mühlstein die Gesteinsbrocken zu dem begehrten Gipsmehl zermalmte. Dieser wurde zur damaligen Zeit als Dünger für die Felder aber auch schon als Baumaterial verwendet. In Gang gesetzt wurde dieser schwere Stein einst mit einem Pferd, das im Kreis lief. Die Arbeiter dürften damals Schwerstarbeit geleistet haben. Der Steinkoloss zerquetschte auf dem "Kollergang" die Gipsbrocken zu feinem Gipsmehl. Der Mühlenstein ist heute noch zu sehen und zwar als Tischplatte im Garten der Familie Fecke.
Über die Gipsmühle wurde 1843 bereits berichtet
Über die ehemalige Gipsmühle in Königshofen berichtete 1843 sogar die "Neue Würzburger Zeitung", die "von der Erfindung eines neuen Cements in Königshofen im Grabfeld" sprach. "Er ist der beste Mörtel und vertilgt sogar den Stein- und Mauerfraß." Vorhanden war ein Brennofen, in dem auch Figuren gebrannt wurden, heißt es in einer Ausgabe der Heimatzeitung "Bote vom Grabfeld" im Jahr 1965. Zurück zu Johann Wilhelm Rost. Der schreibt in seinem Buch, dass es fünf sogenannt Gipsmüller gab.
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Ob diese allerdings alle in Königshofen beschäftigt waren, ist nicht mehr nachvollziehbar. In der Herbstädter Straße gab es bis vor einigen Jahren auch noch die Mälzerei Büttner. Auch sie war mit Gipsgestein gebaut. Schmunzeln kann man heute über die Aussage von Robert Geiß, dem damaligen Mitarbeiter des Bote vom Grabfeld. Er schreibt in seinem Bericht: "Es stehen inzwischen schon ein paar hübsche neue Häuschen dort." Heute ist das Gebiet an der Gipsmühle Teil des Baugebiets "Am Hochgericht" und ein beliebter Wohnbereich der Stadt Bad Königshofen.