Gottfried Obermaier ist ein Chronist der besonderen Art: Er weiß alles über den Gipsabbau der Firma Knauf in Grabfeld und über den Gips-verarbeitenden Betrieb in der Ottelmannshäuser Straße von Bad Königshofen.
Gefertigt wurden vor allem Gips- und Deckenplatten. "In der Stunde haben wir 50 Meter Platten hergestellt," weiß Hermann Bauer aus Irmelshausen. Er war von 1964 bis zur Schließung 1985 in dem Knauf-Betrieb beschäftigt. Außerdem stellte man Verbundplatten mit Hartschaum her und zwar in einer ehemaligen Erbsenhalle in der Nähe des Werkes.
Einst 130 Beschäftigte
Speziell für Industriewände produzierte Knauf in der Ottelmannshäuser Straße auch sogenannte Moltoprenplatten. Zwischen 100 und 130 Menschen aus dem Altlandkreis Königshofen standen bei Knauf in Lohn und Brot. Monatlich liefen durchschnittlich 1,3 Millionen Quadratmeter Gipskartonplatten von der 300 Meter langen Bandstraße. In den späteren Jahren kam die Herstellung von Maschinen für die Putz- und Fördertechnik dazu.
Mitten durch die Stadt
Ältere Königshöfer erinnern sich noch daran, wie in den 1970er Jahren die Gipskartonplatten per Bahn nach Iphofen transportiert wurden. Auf einem Tieflader fuhr man die Eisenbahnwaggons durch die Stadt. Das führte schließlich dazu, dass die Umgehungsstraße "Hoher Markstein" mit finanzieller Unterstützung der Firma Knauf gebaut wurde. "Immerhin wurden pro Monat bis zu 60 Waggons vom Werk zum Bahnhof in Bad Königshofen transportiert, das war für die Innenstadt natürlich auf die Dauer nicht tragbar", sagt Gottfried Obermaier.
Alte Zeitungsausschnitte
Obermaier hat in Ordnern und Bildbänden einiges zusammengetragen. Vorhanden ist auch ein kleiner Zeitungsausschnitt der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Sie berichtete von dem neuen Werk in Königshofen. Rund zwölf Millionen Mark habe die Firma Knauf in Königshofen investiert heißt es da, wobei erhebliche Mittel aus der Zonenrandförderung flossen. Die Frankfurter Allgemeine sprach von einer Produktion von 15 Millionen Quadratmeter Gipskartonplatten pro Jahr. Das in Königshofen reichhaltige Gipsvorkommen würde für rund 100 Jahre das Werk sichern.
Doch es kam ganz anders. Vor genau 35 Jahren erfuhren die Mitarbeiter aus der Zeitung, dass ihre Firma geschlossen wird. Für alle war das ein schwerer Schlag, aber auch für die Stadt Bad Königshofen, die damit nicht nur ein Unternehmen, sondern auch viele Arbeitsplätze verlor.
Zu früh geschlossen?
Für das Unternehmen sei es eine Fehlentscheidung gewesen, denn als sich im Jahr 1989 die Innerdeutsche Grenze öffnete, hätte man von Bad Königshofen aus, das ja bekanntlich direkt an Thüringen angrenzt, kostengünstig das Thüringer Land mit bedienen können, sagt Gottfried Obermaier.
Das Werk in der Ottelmannshäuser Straße wieder zu erwerben scheiterte, denn das Betriebsgelände war zu diesem Zeitpunkt bereits verkauft und wurde von einem Straßenbauunternehmen genutzt.
Heute noch ist der Gips aus Bad Königshofen begehrt und seit Beginn dieses Jahres wird er in Richtung Rothöhe weiter abgebaut. Das Unternehmen rechnet damit, dass die Vorkommen noch rund 25 Jahre reichen. Die entstandenen Gruben werden wieder verfüllt und entweder als Ackerland von den Landwirten genutzt oder angepflanzt.
Vor Ort verkleinern
Uwe Schirmer vom Bereich Rohstoffgewinnung Franken erläuterte, liegt der Gipsbedarf in Deutschland pro Jahr bei zehn Millionen Tonnen, wobei 55 Prozent derzeit noch aus der Rauchgasentschwefelung der Kohlekraftwerke kommen. Mit der Energiewende sei Naturgips, wie er in Bad Königshofen vorhanden ist, gefragt. Er wird als leichter Baustoff für die Gipskartonplatte verwendet, ist leicht zu verarbeiten und hat sehr gute raumklimatische Eigenschaften. Der Gips, der in Bad Königshofen gebrochen wird, hat einen Reinheitsgrad um die 80 Prozent. Im Gipsabbaugebiet in Bad Königshofen gibt es eine mobile Brechanlage, die Gipssteine auf 55 bis 60 Millimeter verkleinert. Das Gipsabbaugebiet in Bad Königshofen wird in den kommenden Jahren in Richtung Norden erweitert und wird wohl unterhalb der Rothöhe enden.