
Was für die Musikwelt die "Rolling Stones", das sind wohl "Gerhard Polt und die Well-Brüder aus'm Biermoos" für all jene, die Spaß und Freude an pointiertem Kabarett, an urbayerischem Humor und bissig-politischer Satire haben.
Vier Jahrzehnte pflegt das Quartett schon eine Bühnenfreundschaft. Der im Januar ausgefallene Jubiläumsabend wurde nun in der ausverkauften Stadthalle nachgeholt und zu einem großartigen Ereignis.
Chapeau, was die vier Herren da oben auf der Bühne – alle mit den Jahren schon ziemlich ergraut –, veranstalten, ist aller Ehren wert und wird am Ende auch mit Standing Ovations eines begeisterten Publikums gefeiert.
Dabei ist es zu Beginn gar nicht so einfach, den breiten bayerischen Dialekt ins Unterfränkisch-Rhönerische zu übersetzen. Der Abend wird zu einer echten Herausforderung. Während Karl(i), Christoph (Stofferl) und Michael Well vor allem den musikalischen Part übernehmen, ist es der unvergleichbare Gerhard Polt, der als einfacher Mitbürger von nebenan, Opa und Demokrat sein Herz auf der Zunge trägt und geradeheraus sagt, was er denkt.
Ein Gerhard Polt eben, wie er auch mit nun 82 Jahren leibt und lebt, mal "polternd", mal scharfzüngig, bissig-satirisch. Anfangs will er "nix er mehr sag'n – wegen dem Shitstorm halt", dann legt er aber doch los, sich dabei aber immer wieder bei den Well-Brüdern rückversichernd ,"derf ich des auch sag'?".

Er lästert über die immer größer werdenden BMW, die nicht mehr in seine Garage passen, sodass er wegen der Bürokratie in der Verwaltung wohl von einem 7er auf einen 3er upgraden muss, stellt fest, dass in Bayern "Bier aus kultureller Verantwortung" getrunken wird und betont, dass "ich von Natur aus Demokrat bin und keine Opposition brauche", denn "in Bayern ist niemand gezwungen, eine Minderheit zu sein!"
Polt outet sich als Sammler von ausgefallenen CSU-Erinnerungen, wie dem Knochen einer Schweinshaxe, die Franz-Josef-Strauß gegessen hat oder der von Angela Merkel gezuzelten Weißwursthaut des berühmten Wolfratshausener Frühstücks, brüstet sich damit, dass er "fast so ein gutes Kurzzeitgedächtnis hat, wie der Aiwanger" und kann sich furchtbar über den heutigen Menschen aufregen, der alles haben will. "Nur sterben woll'n se net", so sein Fazit.
Gelächter und immer wieder Applaus begleiten ihn, wenn er über den Sinn von "Goethe und dem anderen" im Schulunterricht nachdenkt oder im Tiroler Dialekt zum "Kongress der Gebietskrankenkassen und Spitalvereine" im österreichischen Ischgl die Finanzierung von Schiunfällen aufs Korn nimmt.
Stolz ist er, dass in Bayern der Bierdeckel erfunden worden ist, mit der Folge, dass das Reinheitsgebot gilt. Aber sonst kommt alles nach Bayern rein: "Kormorane, Preißen und, und …", so seine Anspielung. Dass man "Gemütlichkeit" nicht definieren kann, sondern als Kombination aus Zeit, Geld und Bier erleben muss, erfährt man ganz am Ende als mitreißende Zugabe.

Was Gerhard Polt mit seinem Mundwerk macht, veranstalten die Well-Brüder mit ihrer Musik und ihren Liedern. Da spielt das Trio die "Große Feuerwehrmusik in vier Sätzen" und besingt den mit beißender Ironie versehenen "Alpinismo Tropical". Einfach köstlich und umwerfend, passend zu den dreien, die früher Pfennige als Kartoffelkäfersammler verdient haben: "Wir waren quasi damals das Glyphosat!"
Das Multi-Instrumentalisten-Trio kämpft mit Tuba, Dudelsack, Drehleier, Violine, Gitarre, Akkordeon, Brummtopf und zuletzt mit dem Alphorn, mit Volkslied, Gstanzl und Stubenmusik gegen Populismus und die große Politik an, gegen die Rattenfänger im Osten, die "Asyl für Deppen-Partei", nimmt den "geaiwangerten, mit allen Wassern gewaschenen Markus" auf die Schippe und singt ein "Loblied" auf die Seniorenresidenz.
Selbst die Bad Neustädter Lokalpolitik mit Fronhof-Debatte und Endlos-Sanierung des Bahnhofs bleibt da nicht außen vor.