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SCHÖNAU
Gepflegte Diskussion zum Nationalpark drei
Halbvoll war die DJK-Sporthalle in Schönau bei der Bürgerversammlung zum möglichen Nationalpark in der Rhön.
Foto: Johannes Schlereth | Halbvoll war die DJK-Sporthalle in Schönau bei der Bürgerversammlung zum möglichen Nationalpark in der Rhön.
Von unserem Mitarbeiter Johannes Schlereth
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:20 Uhr

Kritische Mienen und nachdenkliche Blicke waren am Mittwoch im halbgefüllten DJK-Sportheim bei der Bürgerversammlung zum Nationalpark zu sehen.

Das Fazit aus dem Umweltministerium vorneweg: „Das was wir hier erlebt haben, war gute gepflegte Diskussion – im Vergleich zum Spessart!“, sagte Oliver Konopik.

Umweltministerium: Nationalpark ist keine Käseglocke

Er war mit seinem Kollegen Karl-Friedrich Barthmann aus München nach Schönau gekommen. Sie stellten sich mit Landrat Thomas Habermann, Jörg Steinhoff aus dem Naturschutz-Ressort der Regierung von Unterfranken und dem Schönauer Bürgermeister Rudolf Zehe sich den Fragen der Bürger. Zehe führte in die Thematik ein mit einem Rückblick der bisherigen damit verbundenen Termine. Der Referent des Ministeriums, Karl-Friedrich Barthmann, erläuterte Konzept und Geschichte der bayerischen Nationalparken.

Viel Aufmerksamkeit im Saal

Viele der Anwesenden folgten seinen Ausführungen aufmerksam und machten sich Notizen. Andere blätterten durch das ausgelegte Infomaterial. Barthmann betonte besonders, dass der Nationalpark das Ziel habe „den vollen Kreis des Lebens im Wald zu ermöglichen“. Allerdings fügte er an, dass dies nicht bedeute, dass der Mensch außen vor bleiben muss. „Der Nationalpark ist für den Menschen und keine Käseglocke, die über eine Region gestülpt wird“. Häufig betont wurden die damit verbundenen Chancen wie sanfter Tourismus, der laut Barthmann als „Motor zur Entwicklung regionaler Wirtschaft“ zu sehen sei. Seine Thesen stützte er mit Beispielen und Zahlen aus anderen bayerischen Nationalparken.

Barthmann: Rhön ist geeignet

Er skizzierte den in vier Phasen gegliederten Verfahrensablauf. Die Rhön sei mit all ihren Bedingungen für einen dritten Nationalpark geeignet, rundete er seinen Vortrag ab. Konopik ging auf den Fragenkatalog ein. Ziel des Dialoges sei, „mit Gerüchten aufzuräumen“. Dies versuchte er in der offenen Runde, die von Bürgermeister Zehe moderiert wurde. Da wurde vehement Kritik kundgetan. So auch von Gregor Märkert. Er bemängelte die Infoveranstaltung an sich, da vornehmlich Argumente für einen Nationalpark zu hören seien.

Keine Zeit für historische Entscheidung

Andere blickten kritisch auf die Hektik des Projektes. Häufig fiel das Seehofer-Zitat einer „historischen Entscheidung“. Allerdings wirke das scheinbar überhastete Handeln der Regierung auf viele Betroffene keineswegs dem historischen Charakter entsprechend. Konopik und Zehe nahmen den Argumentierenden den Wind aus den Segeln, da der Dialogprozess bereits im Oktober 2016 gestartet wurde.

Wer entscheidet über möglichen Nationalpark?

Großen Raum nahm die Frage ein, wer letztlich entscheide, ob die Rhön der dritte bayerische Nationalpark werde und ob es hierzu einen Bürgerentscheid geben könne. Viele hatten Bedenken, dass über sie hinweg entschieden werde. Dazu äußerte sich neben den beiden Referenten auch Landrat Thomas Habermann. Ein Bürgerentscheid sei insofern zu hinterfragen, „da man sich die Frage stellen muss, wer gehört noch zu den Betroffenen dazu – Bad Neustadt, Bad Kissingen? Durch die höhere Bevölkerungsdichte in den Städten könne sich das Ergebnis zugunsten der vorherrschenden Meinung in den Kreisstädten verschieben“, so Habermann. Schlussendlich werde wohl der Landtag auf Basis des Ministerrates entscheiden.

Der Ministerrat wiederum sei in seiner Entscheidung abhängig von den Meinungen der vor Ort betroffenen Gemeinden und Verbänden, fasste der Landrat einen möglichen Weg der Entscheidungsfindung zusammen.

„Es macht keinen Sinn, eine Türe zu schließen, ohne zu wissen, was dahinter ist.“
Detlef Schrenk, Diskussionsteilnehmer

Bei der Veranstaltung wurden Ängste und Bedenken der Anwesenden vorgebracht. Darunter auch die Frage, ob ein Ausstieg aus dem Prozess noch in einer späteren Phase möglich sei. Die Referenten betonten, dass ein Abbruch bis zum Ende hin möglich sei. Durch die Option, jederzeit aus dem Prozess aussteigen zu können, ermutigt, äußerten sich nun auch weniger kritische Stimmen. Detlef Schrenk: „Es macht keinen Sinn, eine Türe zu schließen, ohne zu wissen, was dahinter ist!“ Durch das Schließen vergebe man die Chance zu wissen, was dahinter sei an andere.

Holz muss beigeschafft werden

Ein weiteres großes Thema war der Naturschutz. Es wurde kritisiert, dass durch Nationalparke weltweit etliche Hektar Wald der wirtschaftlichen Nutzung entzogen werden. Folglich müsse das Holz aus anderen Wäldern abgeholzt und aus dem Ausland eingeführt werden. Hier glättete Landrat Habermann die Wogen. Er verwies auf die Tatsache, dass die bayerischen Staatsforsten durchaus in der Lage seien, den Wegfall von knapp 10 000 Hektar in der Rhön zu substituieren.

Studie steht noch aus

Aber auch sozioökonomische Aspekte kamen in Schönau zur Sprache, wie etwa die Frage, ob ein Nationalpark Landflucht und demographischen Wandel ausbremsen könne. Hierzu konnten die Referenten keine konkrete Antwort vorlegen, da eine derartige die Rhön betreffende Studie momentan noch in Ausarbeitung sei.

Gegen Ende des Abends appellierte die Schönauer Gemeinderätin Doris Pokorny an die Vernunft der Bürger, nicht alle gestreuten Gerüchte und Desinformationen zu glauben. Sie verwies auf die erfolgreiche Beantwortung vieler Fragen im Rahmen der Infoveranstaltung. Auch der Altbürgermeister von Schönau, Walter Vey, lobte die Referenten und anwesenden Bürger.

Arbeitskreise werden gebildet

Am Ende der Veranstaltung appellierte Bürgermeister Rudolf Zehe an die Anwesenden, sich bei den Arbeitskreisen, die als nächstes gebildete werden, um Konzepte ausarbeiten, zu engagieren. „Wer nicht mitmacht, überlässt die Entscheidung anderen!“ Abschließend lobte er alle für den zivilisierten und gepflegten Umgangston bei der Diskussion.

 
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