Die einen jubilieren, die anderen klagen: Die Rückkehr des Wolfes in der Rhön weckt unterschiedliche Gefühle. Die Artenschützer freuen sich, dass der Wolf heimisch werden könnte in der Rhön, aus der er vor rund 150 Jahren vertrieben wurde. Die anderen treibt die Sorge um, der Wolf könnte Nutztieren wie Schafen oder Ziegen zur tödlichen Gefahr werden.
Am Samstag besuchte Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber die Rhön und insbesondere Vertreter der Weidegemeinschaft Ginolfs, die das Thema Wolf in der Rhön derzeit stark umtreibt.
Landrat zweifelt an Prävention
Landrat Thomas Habermann machte sich dabei für die „Entnahme“, also den Abschuss des Wolfes stark. Er bezweifelte, dass durch präventive Maßnahmen wie Herdeneinzäunung und Schutzhunde ein effektiver Schutz der Tiere möglich sei. Die touristische Nutzung wie auch die geografischen Gegebenheiten in der Rhön verhinderten dies. Wenn Wölfe Tiere reißen, müsse eine Entnahme möglich sein, erhielt Habermann Unterstützung von der Landwirtschaftsministerin.
Einen etwas anderen Blick auf das Thema hat dabei die als „Ziegenlady“ bekannte Ziegenhirtin Elisabeth Sandach aus Stetten. Derzeit ist sie mit ihrer Herde auf dem Himmeldunk-Berg bei Oberweißenbrunn unterwegs. Die Schäfermeisterin glaubt zwar auch, dass der Wolf sicherlich irgendwann bejagt werden müsse. Auch habe er in Weidegebieten nichts verloren. „Selbstverständlich müssen übergriffige Wölfe umgehend entnommen werden“, ist auch für die Ziegenhalterin klar.
Der Wolf könnte lernen
Als Kulturfolger kann der Wolf aber möglicherweise durch negative Erfahrung wie Bejagung oder Vergrämung die Grenzen seines zugewiesenen Habitats einhalten lernen, meint die Schäfermeisterin. In unproblematischen Zonen sei gegen die Anwesenheit des Wolfes nichts einzuwenden.
Um den Wolf sozusagen zu lenken, müsse intensive Prävention geleistet werden, sagt Sandach. Dazu zählt sie die nächtliche traditionelle Behütung der Herden. Ein Wohnwagen für die Schäfer in Nähe der Herden zum Beispiel stoße aber schnell auch auf den Widerstand der Naturschutzbehörden.
Sandach spricht sich auch für die Anwesenheit von Herdenschutzhunden in geeigneten Betrieben zum Beispiel bei Koppelhaltung aus.
Überwachung durch Drohnen
„Technisch ist heutzutage viel möglich“, sagt Sandach. Sie bringt sogar eine Überwachung von Herden mittels Drohnen ins Gespräch. „All das kostet viel, viel Geld und kann nur durch die Gesellschaft getragen werden, die den Wolf unter Naturschutz stellt und damit in der Verantwortung steht“, ergänzt die Ziegenlady.
„Der Wolf ist nun einmal da, die Rhön ist Wolfserwartungsland. Abschießen ist nicht die Lösung, dann kommt einfach der nächste“, gibt Sandach zu bedenken. „Überall in der Bundesrepublik haben wir nur reagiert. Der Wolf war immer voraus. In der Rhön haben wir die Chance, rechtzeitig zu agieren“, sagt Sandach.
Bote aus archaischer Zeit
Bestätigte Wolfsrisse gebe es nicht, das sei ein Vorteil gegenüber anderen Regionen, wo nur noch Schadensbegrenzung möglich sei. Der Wolf sei nicht nur in Rhön-Grabfeld nachgewiesen, sondern auch bei Schmalkalden und bei Mendhausen, weiß die Fachfrau, die ein Nebeneinander von Wolf und Tierhaltung für möglich hält.
„Der Wolf als Bote aus archaischen Zeiten hat meine Sympathie als Hirtin, die auch zwischen den Welten lebt. Der Frieden meiner Herde ist allerdings nicht verhandelbar“, stellt Sandach klar. „Steckt der Graue die Nase zu meinen Ziegen, hat er sein Leben umgehend verwirkt. Deshalb ist gelungener Herdenschutz auch Wolfsschutz“, so die Ziegenhirtin.
„Wir haben uns noch keine besondere Mühe gegeben, um ein Nebeneinander zu ermöglichen“, sagt Sandach. Sie wünscht sich eine Suche nach intelligenteren Lösungen als dem Liebäugeln mit präventiver Entnahme, sprich Tötung des Wolfes. Letztlich sei die Rhön in vielen Bereichen Vorreiter, warum nicht auch beim Thema Wolf, fragt die Stettenerin.
- Sympathie als Hirtin, die auch zwischen den Welten lebt...
ohne Worte, diese Hirtin, lebt wohl eher in einer anderen Welt.....