Ältere Autofahrer müssen sukzessive ihren alten Führerschein austauschen. Vier Redakteure dieser Zeitung, die von der Austausch-Regelung betroffen sind, erinnern sich an ihren "Lappen". Herausgekommen sind ganz besondere Erlebnisse.
1. Thomas Pfeuffer: Im Campingstuhl zum Führerschein
18 Jahre alt, das Abitur frisch in der Tasche, aber keine Kohle für den Führerschein. Das war die Ausgangssituation im Frühjahr 1979. Oma und Eltern angepumpt, aber es reichte nicht. Da kam Freund Lothar mit einem Job-Angebot. Als "Zelt-Fachverkäufer", so stand es zumindest am Eingang, galt es, zwei Monate lang im Campingstuhl auf der Freifläche vor einem großen Schweinfurter Kaufhaus zu sitzen und falls mal ein Interessierter vorbeikam, ihm die Vorteile der hier aufgebauten Modelle einer transportablen Übernachtungsmöglichkeit vorzustellen.
Dieser Job bedeutete nicht nur den Neid vieler Bekannter, sondern auch so viel Geld, dass es sogar noch für den "Einser", den Motorradführerschein reichte. Zudem war der Job so langweilig, dass schon kurz nach der Anmeldung die theoretischen Grundlagen für den Führerschein verinnerlicht waren. Mit etwas Glück, einem unverschuldeten Beinahe-Crash und einem Prüfer, der sich auf dem kürzesten Weg zum Mittagessen bringen ließ, gab es den lange ersehnten grauen Lappen – schon im ersten Versuch.
Die 1000 Mark, die der Schein kostete, waren damals eine Menge Geld und Grund für gute Vorsätze, die graue Fahrerlaubnis nicht unnötig aufs Spiel zu setzen. Die hielten auch einige Jahre. Dann folgte eine bodenlose Dummheit und nach einer der ganz wenigen Polizeikontrollen in dieser Zeit, behielt ein Bischofsheimer Beamter den Wisch ein.
Der neue, den es nach einigen Monaten mit viel Laufen und Radfahren gab, war dann in einem dunklen Pink und hatte den Vorteil, dass er kleiner war, womit er ins Mäppchen mit Ausweis oder sonstigen Mitgliedskarten passte. Dort blieb er mangels Kontrollen weitgehend unbeachtet und wurde immer speckiger. So gesehen ist der Umtausch nur mit wenig Wehmut verbunden. Hauptsache, man hat überhaupt eine Fahrerlaubnis.
2. Martina Harasim: Ich habe drei Fahrlehrer verschlissen
Ich muss gestehen: Ich habe drei Fahrlehrer verschlissen, bis ich meinen grauen Lappen in Händen hielt. Meine Schuld war das nicht. Fahrlehrer Nummer eins fiel meinem Bedürfnis nach Distanz zum Opfer. Als ich mich beim Rückwärtsfahren umdrehte, um nach hinten zu schauen, drehte auch er sich um, weil er sehen wollte, was ich sah. Dabei kam er mir, mit seinem Kopf wohlgemerkt, so nahe, dass ich fürchterlich erschrak und ihn anfauchte, er solle mir nicht so auf die Pelle rücken.
Also wurde ich weitergereicht an Fahrlehrer Nummer zwei. Dieser gute Mann hatte eine Geduld bis zur Selbstverleugnung und ziemlich marode Bandscheiben. Diese körperliche Beeinträchtigung muss wohl auch der Grund dafür gewesen sein, dass er jedes Mal vor Schmerzen aufstöhnte, wenn ich etwas heftig in die Bremsen stieg, abrupt Gas gab oder es beim Schalten etwa ruckelig zuging. Das geschah, zugegebenermaßen, in den ersten Stunden relativ häufig, woraufhin man beschloss, mir einen anderen Lehrer zuzuweisen.
Fahrlehrer Nummer drei war dann die richtige Wahl. Er war jung, frisch von der Bundeswehr, ziemlich belastbar und erfolgsorientiert. Ich hatte ihm erklärt, dass mein Erspartes exakt für das Minimum an Stunden, das für den Führerschein nötig war, und für die Prüfungsgebühr ausreicht. Seine Antwort: "Das schaffen wir!" Und wir haben es geschafft, mit zwei, drei Extrastunden über das Budget hinaus. Deshalb habe ich diesen ersten Führerschein mit einem Gefühl des Bedauerns eingetauscht gegen eine Plastikkarte, mit der ich so gar keine Erinnerungen verbinden kann.
3. Peter Hüllmantel: Der graue Lappen war schwer verdient
Den begehrten, grauen Lappen, am 12. September 1977, erworben, habe ich mir schwer verdient. Die Kosten waren ja kein Pappenstiel, schon gar nicht für einen damals knapp 18-jährigen Schüler. Wie gut, dass ich mich schon mit 16 Jahren journalistisch verwirklichte. Zunächst nicht ganz freiwillig. "Da kannst du dir nebenbei ein bisschen Geld verdienen", versuchten mir meine Eltern die freie Mitarbeit im Lokalsport der Rhön- und Saalepost schmackhaft zu machen. Dass daraus ein Job auf Lebenszeit als Redakteur (inzwischen 43 Jahre) werden würde, war nicht der Plan. Ich, der mich damals eher als künftigen Bankkaufmann sah, habe es aber nie bereut.
Am Tag der praktischen Prüfung überkam mich ein flaues Gefühl im Magen nach einer zuvor weitgehend schlaflosen Nacht. Die Aufregung! Beim Einsteigen in das Auto, mit schweißnassen Händen und mit Blick auf den Prüfer, glaubte ich im ersten Moment alles vergessen zu haben: Erst anschnallen oder erst den Motor an? Und ja nicht den Blick nach hinten und in den Spiegel vergessen! Gefühlt wollte ich gleich wieder raus.
Die Nervosität legte sich aber bald. Bei der Fahrt, zum Glück an einem schönen, regenfreien Tag, meisterte ich alle Klippen – auch das gefürchtete Anfahren am Berg und das Einparken. Und eine rote Ampel und ein Stoppschild habe ich auch nicht "überfahren". Nach 20 Minuten durfte ich zum Ausgangspunkt zurück. Geschafft! Und das im ersten Versuch.
In der Schule hatte ich vorher absolutes Stillschweigen bewahrt. Dafür überraschten mich meine Eltern mit einer Anzeige in der Zeitung: "Liebe Leute, bleibt daheim, der Peter hat seinen Führerschein." Ein Spruch, für den man heute ein paar Euro in das Phrasenschwein zahlen müsste. Der Abschied von meinem alten Führerschein, der bald bevorsteht, fällt mir schon ein bisschen schwer. Denn der hat sich gut gehalten, nicht speckig und dreckig, und er hält Erinnerungen wach. Aber ich darf ihn ja, wenn dann auch entwertet, behalten. Ein "Hingucker" ist und bleibt mein Passbild, das im Kreis der Familie immer wieder für Schmunzeln sorgt, allemal.
4. Michael Nöth: Berganfahren wie Walter Röhrl
Okay, vorzeigbar ist meine Fahrerlaubnis nicht mehr. Die 48 Jahre Gebrauch in verschiedenen Etuis, Geldbeuteln und Sporttaschen haben ihre Spuren hinterlassen. Mit 15 damals habe ich das Teil bei meiner Moped-Prüfung erworben. Die vier grauen Seiten sind seit 1974 von vorne bis hinten voll bedruckt. Die eigenhändige Unterschrift ist als solche nicht mehr zu lesen, die eigentliche Erlaubnis für Auto und Motorrad als Stempel schon gleich gar nicht.
Dennoch halte ich meinen grauen Lappen in Ehren. Bis heute. Bei meiner Autoprüfung Ende November 1976 hatte es leicht zu schneien begonnen. Der Fahrlehrer dirigierte mich samt Prüfer in die Jahnstraße nach Bad Neustadt. Schulberg. Berganfahren. Und das bei einer neu gefallenen Schneedecke von drei Zentimetern. "Wir haben Winterreifen. Kein Problem, Herr Nöth!", sagte der immer umsichtige Fahrschul-Chef. Das Rückwärts-Einparken dort glich schon einer Rutschpartie. Die Berganfahrt wuchs sich zu einem "kontrollierten" Drifting aus, die Walter Röhrl, die damalige Rallye-Ikone, auch nicht besser bewältigt hätte. "Fahren Sie zurück!", befahl der Prüfer. So, das war's jetzt, dachte ich enttäuscht. Mache ich meine Prüfung halt im Frühjahr.
Am Wechselpunkt sagte der Mann vom TÜV. "Wir sehen uns gleich auf dem Motorrad. Die Bremsprüfung mit dem Motorrad lassen wir aber heute sein. Ich hab gesehen, dass Sie mit Schnee auf der Straße klarkommen!" Das aufmunternde Zwinkern meines Fahrlehrers hab ich nie mehr vergessen. Und den grauen Lappen mit meinem Teenie-Bild werde ich weiter in Ehren halten.
Die Fristen für den Führerschein-Umtausch
vor 1953 19. Januar 2033
1953 bis 1958 19. Juli 2022
1959 bis 1964 19. Januar 2023
1965 bis 1970 19. Januar 2024
1971 oder später 19. Januar 2025
1999 bis 2001 19. Januar 2026
2002 bis 2004 19. Januar 2027
2005 bis 2007 19. Januar 2028
2008 19. Januar 2029
2009 19. Januar 2030
2010 19. Januar 2031
2011 19. Januar 2032
2012 bis 18. Januar 2013 19. Januar 2033