zurück
Sandberg
Freie Naturschule Rhön: Wie zwei Frauen in Sandberg für eine besondere Schule kämpfen
Eine Gruppe von Eltern rund um Melanie Arnold und Carolin Schlusche möchte für ihre Kinder die Freie Naturschule Rhön gründen. Was dahinter steckt und weshalb man Unterstützer sucht.
Melanie Arnold (links) und Carolin Schlusche gehören zu einer Gruppe Eltern, die in Sandberg eine Freie Naturschule Rhön gründen wollen. Im Schuljahr 2023/24 soll die Schule ihren Betrieb aufnehmen.
Foto: Franziska Sauer | Melanie Arnold (links) und Carolin Schlusche gehören zu einer Gruppe Eltern, die in Sandberg eine Freie Naturschule Rhön gründen wollen. Im Schuljahr 2023/24 soll die Schule ihren Betrieb aufnehmen.
Franziska Sauer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:53 Uhr

Freie Schule oder staatliche Schule? Klassischer Unterricht oder individuelles Lernen? Diese Fragen stellen sich immer mehr Eltern vor der Einschulung ihrer Kinder. Für Melanie Arnold aus Waldberg war schon vor der Geburt ihrer Kinder klar, dass diese später einmal keine Regelschule besuchen würden. Nur Alternativen gab es nicht viele. "Ich könnte selbst eine Schule gründen", war Melanie Arnolds Gedanke. Den teilte sie auf Social Media – und hatte schnell eine relativ große Gruppe an Mitstreitern, die dann allerdings doch wegbröckelten.

"Ein kleines Team ist geblieben", sagt Arnold. Darunter Carolin Schlusche aus Ostheim. Auch sie hat sich als sie Mutter wurde mit dem Thema Lernen und Schule beschäftigt und kam für sich zu dem Schluss: "Freie Schulen bieten eine echte Alternative zu strengen Lehrplänen und Zensuren." Im Jahr 2020 traf sich die Gruppe aus interessierten Eltern zum ersten Mal und sprach über ihre Ideen. "Dann kam Corona und hat das Vorhaben ausgebremst", sagt Melanie Arnold.

Offener Unterricht in Sandberg geplant

Nach und nach ging es aber doch weiter. Im Juli 2021 wurde der Verein Leben ist Lernen e. V. gegründet, das pädagogische Konzept des offenen Unterrichts erstellt sowie nach Lehrkräften und einem geeigneten Standort gesucht. Letzteren fand man in Sandberg in dem Gebäude der Grundschule. "Die Bürgermeisterin war von Anfang an offen", betont Arnold. "Der Gemeinderat steht dem grundsätzlich positiv gegenüber", bestätigt Bürgermeisterin Sonja Reubelt gegenüber dieser Redaktion. Im Herbst hatten sich die Initiatoren im Gemeinderat mit ihrem Konzept vorgestellt.

Tatsächlich gibt es im Sandberger Schulgebäude einige Leerstände, seit die Montessori-Schule nach Münnerstadt weggezogen ist. Die Details eines Mietvertrages für die Räumlichkeiten würden aktuell ausgearbeitet, so Arnold. Auch beim Lehrpersonal sei man bereits fündig geworden, freue sich aber über weitere Interessenten.

Hier will die Freie Naturschule Rhön einziehen: In die durch den Umzug der Montessorischule Rhön-Saale freigewordenen Räume der Grundschule Sandberg.
Foto: Gerhard Fischer | Hier will die Freie Naturschule Rhön einziehen: In die durch den Umzug der Montessorischule Rhön-Saale freigewordenen Räume der Grundschule Sandberg.

Mittlerweile habe der Verein einen entsprechenden Genehmigungsantrag bei der Regierung von Unterfranken eingereicht. Momentan ist man auf der Suche nach potenziellen Schülerinnen und Schülern. Deshalb finden in den kommenden Wochen Informationsveranstaltungen für interessierte Eltern statt. Melanie Arnold und Carolin Schlusche beantworten vorab die wichtigsten Fragen.

Wer steht hinter der freien Naturschule Rhön?

Eltern, deren Kinder im Kindergartenalter sind. "Unsere Kinder werden bald eingeschult und wir sind mit dem starren System der Regelschule nicht ganz so zufrieden", sagen Melanie Arnold und Carolin Schlusche. "Man hört immer wieder von Kindern, die in der Schule auf der Strecke bleiben. Das wollen wir ändern." Jedes Kind lerne in einem eigenen Tempo und habe eigene Interessen, die nicht auf dem Lehrplan stehen, sagen Schlusche und Arnold. In der Freien Naturschule Rhön soll deshalb die freie Gestaltung des Lernens im Zentrum stehen.

Wie sieht ein Schultag aus?

"Wir beginnen mit dem Morgenkreis mit allen Kindern, und da können die Kinder sich entscheiden, was sie an dem Tag machen wollen", erklärt Melanie Arnold. Das pädagogische Konzept orientiere sich dabei an Dr. Falko Peschel, einem Grundschullehrer und Erziehungswissenschaftler, der offene Unterrichtsmethoden als richtig erachtet. "Im Endeffekt machen die Kinder alles für sich – aber die Lernbegleiter sind natürlich da. Für uns ist dieses System sinnvoller – die Kinder lernen aus eigenem Antrieb und ohne Zwang. Jeder kann von jedem lernen."

Sind die Kinder dann überhaupt zum Lernen motiviert?

"Kinder sind von Natur aus neugierig. Sie wollen lernen", sagt Melanie Arnold. Auch das Einmaleins oder Vokabeln. Und Carolin Schlusche ergänzt: "Wir wollen die natürliche Neugierde der Kinder nutzen und dadurch ihren Lerntrieb wecken, ohne dass die Kleinen es merken." Zusätzliche Angebote wie zum Beispiel Wildnispädagogik gehören ebenfalls zum Schulkonzept. "Die Kinder können sich jederzeit drinnen und draußen frei bewegen", sagen Arnold und Schlusche.

Wie geht es nach der 4. Klasse weiter?

Es sei wichtig, dass Schule und Eltern die Kinder auf die neue Situation vorbereiten und beim Übergang gut unterstützen. Meistens erfolge eine Empfehlung für eine weiterführende Schule seitens der Lernbegleiter. Hier gelte, so Melanie Arnold, keine Entscheidung ist endgültig. Viele Wege führen zum Abschluss. "Man sagt sogar, dass Schülerinnen und Schüler von Freien Schulen ein hohes Maß an Selbstverantwortung mitbringen." Sie könnten fehlenden Stoff selbstständig nacharbeiten. 

Gibt es Aufnahmekriterien für die Freie Naturschule Rhön?

Hauptvoraussetzung ist das Grundvertrauen der Eltern in die Lernkompetenzen ihrer Kinder, sagen Carolin Schlusche und Melanie Arnold. Die Eltern müssen sich mit dem pädagogischen Konzept auseinandergesetzt und vertraut gemacht haben. Sie sollten die selbstbestimmte Art und Weise des Lernens als diejenige erachten, die der Entwicklung des Kindes am ehesten gerecht wird. 

Wie wird die Freie Naturschule finanziert?

"Wir werden vor allem in den ersten zwei Jahren auf Spenden angewiesen sein", sagt Melanie Arnold. Da die Zuschüsse an freie Schulen in der Regel niedriger sind als jene, die staatliche Schulen erhalten, müssen freie Schulen Schulgeld verlangen. "Die Eltern der Schüler finanzieren uns über die Beiträge und ein Eltern-Darlehen." Dabei zahlen sie zwischen 170 und 400 Euro pro Monat, so Arnold. "Wer mehr verdient, zahlt auch mehr."

Wie groß wird die Schule?

Ziel ist es, mit rund 20 Kindern in das Schuljahr 2023/24 zu starten, so Carolin Schlusche. Die überschaubare Gruppengröße sei Voraussetzung dafür, dass selbstbestimmtes Lernen überhaupt funktioniere. "Die Lernbegleiter können jedes einzelne Kind im Blick behalten und herausfinden, was es braucht. Wenn es beim Lesen oder Rechnen hakt, versuchen sie beispielsweise über ein Lieblingsthema die Lust an Zahlen und Buchstaben zu wecken."

Kann man sein Kind schon anmelden?

"Unbedingt! Wir freuen uns über jede Familie, die Lust hat mitzumachen und mitzugestalten", so Melanie Arnold und Carolin Schlusche. Es sei zudem Voraussetzung für die Erteilung der Genehmigung. "Wir brauchen Eltern, die bis zum 31. März 2023 unverbindlich Ja sagen." Eltern, die ihr Kind gerne an der neuen Freien Naturschule Rhön anmelden wollen, finden auf der Homepage unter www.freie-naturschule-rhoen.de alle Informationen.

Vorgestellt hat sich die neue Schule bereits bei einer Infoveranstaltung Anfang Dezember in Waldberg. Eine weitere Veranstaltung folgt am Freitag, 13. Januar, um 17 Uhr im Dorfzentrum in Waldberg. Im Februar  sind weitere Infoveranstaltungen geplant.

Was ist eine Freie Schule?

Freie Schule bedeutet zunächst nur Schule in freier (nicht staatlicher) Trägerschaft, es schwingt jedoch die besondere Bedeutung von selbstbestimmtem Lernen und Selbstorganisation mit. So wird über viele Regeln von Kindern und Erwachsenen gleichberechtigt entschieden.
Quelle: fs
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Sandberg
Waldberg
Ostheim
Franziska Sauer
Grundschule Wildflecken
Kinder und Jugendliche
Mütter
Regelschulen
Regierung von Unterfranken
Schülerinnen und Schüler
Unterrichtsmethoden
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • THHA
    Das ist die Zukunft, nicht den Kindern einfach Stoff reinpressen, den Sie nach einer Prüfung wieder vergessen und in Ihrem Leben niewieder brauchen. Wir brauchen keine Menschen die wie die Lemminge in ein System reingetrieben werden.
    Die Schule sortiert einfach nur aus, macht die kleine Menschen die vielleicht eher praktisch veranlagt sind klein, und zerstören in jungen Jahren schon dessen Selbstbewußtsein.
    Schulstoff ist meistens nur auswendig lernen. Wer damit Schwierigkeiten hat, hat leider schlechte Karten.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • wolkar
    Heutige Lehrpläne sind kompetenzorientiert. Sie bieten eine Menge Spielraum für Individualisierung. Und natürlich gibt es eine professionelle Förderdiagnostik, denn staatliche Lehrkräfte sind sehr gut ausgebildet. Die aktive Mitarbeit der Eltern ist sehr willkommen. Kinder werden als Individuen wahrgenommen. Aber nicht alle sind kleine Einsteins. Das muss man akzeptieren. Dann gibt es auch keinen Leistungsstress von zuhause. Aber Kinder, die sich aussuchen dürfen, was sie lernen: das hat schon in der Reformpädagogik nicht funktioniert, leider.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • oechler
    Möglicherweise haben die Kommentatoren noch nicht mitbekommen dass Deutschland im internationalen Vergleich mittlerweile eklatante Defizite im Bereich Lesen-Schreiben-Rechnen nach der 4.Jahrgangsstufe aufweist. Das Suchtpotenzial bei Schülern (Smartphone, Tablet etc) ist dagegen rapide angestiegen, meiner Meinung nach sollten wir für derartige innovative Alternativen dankbar sein. Schon mal darüber nachgedacht dass die "nichtarbeitswilligen" Jugendlichen das Resultat des konservativen Schulsystems sind?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • cg.holzheimer@gmx.de
    Na, da hat aber jemand nicht lange nachgedacht. Bitte noch mal durchlesen, vielleicht kommen ja neue Erkenntnisse.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • rhönfuchs
    Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt...- Pippi Langstrumpf lässt grüßen.
    Klappt es dann nicht so recht mit der Wissensvermittlung, kann der verpasste Stoff natürlich nachgeholt werden (steht im Artikel).
    Am besten gleich damit am ersten Schultag damit beginnen....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Schorsch-aus-Krotzeborsch
    Da werden die Weicheier von morgen herangezogen. Wenn’s im Job später drauf ankommt werden viele davonlaufen und mit Hirarchien nicht unbedingt klar kommen!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • sigeroa
    Wer so was will, soll es auch bezahlen! Lauter neue Krämpfe und Ideen. Haben wir nicht schon genug Probleme mit der Welt. Dann passt so etwas natürlich noch dazu.
    Es gibt immer wieder Leute, denen ist nichts recht zu machen, so auch den beiden Müttern! Frage deshalb: Wo sind sie in der Schule gewesen und wo haben sie das alles gelernt?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten