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Bad Neustadt
Fortune Abu aus Nigeria ist mit einer Bad Neustädterin verheiratet: Nun soll er abgeschoben werden
Die Ehe steht in Deutschland unter dem Schutz des Grundgesetzes – trotzdem kann Claudia Abu-Benkert nicht mit ihrem nigerianischen Mann in Bad Neustadt zusammenleben.
Das Hochzeitsfoto: Claudia Abu-Benkert und Fortune Abu bei ihrer Eheschließung im November 2021. Der Nigerianer ist trotz der Heirat im Bundesgebiet 'vollziehbar ausreisepflichtig' - und derzeit untergetaucht.
Foto: Anand Anders | Das Hochzeitsfoto: Claudia Abu-Benkert und Fortune Abu bei ihrer Eheschließung im November 2021. Der Nigerianer ist trotz der Heirat im Bundesgebiet "vollziehbar ausreisepflichtig" - und derzeit untergetaucht.
Ines Renninger
 |  aktualisiert: 22.05.2023 02:26 Uhr

In Deutschland steht die Ehe unter dem Schutz des Grundgesetzes. Mit Deutschen verheirateten Ausländern wird in der Regel eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Der Nigerianer Fortune Abu ist offenbar eine Ausnahme: Obwohl er mit einer Bad Neustädterin verheiratet ist, soll der 32-Jährige abgeschoben werden. Um dem zu entgehen, ist er seit Dezember 2022 untergetaucht.

Die Ehe von Fortune Abu und Claudia Abu-Benkert wurde im November 2021 rechtmäßig im Bundesgebiet geschlossen. Doch besitzt Fortune Abu derzeit weder eine Aufenthaltserlaubnis noch eine Duldung. Im Gegenteil: Er sei "vollziehbar ausreisepflichtig", bestätigt Johannes Hardenacke, Pressesprecher der Regierung von Unterfranken, auf Anfrage dieser Redaktion. "Da er als untergetaucht gilt, ist er aktuell zur Festnahme ausgeschrieben."

Warum Claudia Abu-Benkert auf den Freistaat Bayern wütend ist

"Ich bin wütend und zornig auf diesen Freistaat Bayern", sagt Claudia Abu-Benkert. "Ich bin verheiratet und möchte mit meinem Partner zusammenleben." Sich in Bad Neustadt aufzuhalten sei für ihren untergetauchten Mann derzeit zu riskant. Nur ein Telefonat mit Fortune Abu ist möglich. Stellvertretend und auf seine Bitte erzählt Claudia Abu-Benkert seine Geschichte. 

Im Dezember lehnte das Verwaltungsgericht Würzburg einen Eilantrag auf Erteilung einer Duldung und auf Verzicht von Abschiebemaßnahmen ab. Aus Angst vor Abschiebung tauchte der Nigerianer unter. "Er musste von jetzt auf gleich die Koffer packen", sagt Claudia Abu-Benkert. Über drei Monate ist das her. Zweimal schon habe die Polizei seither ihre gemeinsame Bad Neustädter Wohnung durchsucht, sagt die Krankenschwester. Welchen Wert, fragt sie, habe denn eine Eheschließung noch in Bayern? "Ich will unser Schicksal öffentlich machen."

Sie selbst, berichtet sie, telefoniert mehrmals täglich mit ihrem Mann. "Ich versuche ihn auch so viel wie möglich zu sehen." Da sie Vollzeit arbeite, klappe das aber oft nicht so, "wie wir es möchten".

Er suchte Asyl in Deutschland, dann traf Fortune Abu Claudia Benkert

Fortune Abus Fall ist komplex: Eingereist nach Deutschland war der Nigerianer im Dezember 2016. 2017 stellte er einen Asylantrag. Im April 2020 wurde dieser rechtskräftig abgelehnt. Wie übrigens viele Asylanträge von Nigerianern in Deutschland in diesem Jahr: Die Schutzquote, also der Anteil der positiven Asylentscheidungen, lag bei nur 8,2 Prozent.

Kennengelernt haben sich Fortune Abu und Claudia Benkert während dieses schwelenden Verfahrens. Die Bad Neustädterin arbeitete 2017 in der Asylbewerberunterkunft in Wertheim (Main-Tauber-Kreis), der Nigerianer war dort als Asylbewerber untergebracht. "Es war keine Liebe auf den ersten Blick", erinnerte sich Claudia Abu-Benkert. Aber von Treffen zu Treffen, später von Besuch zu Besuch, seien sie sich näher gekommen.

Allen Vorurteilen zum Trotz: Die Ehe wurde rechtmäßig in Deutschland geschlossen

Dass die Gesellschaft ihnen als recht ungleichem Paar – sie ist 63 Jahre alt, ihr Ehemann 32 Jahre– mitunter mit Vorurteilen begegne, lasse sie kalt: "Jeder hat das Recht, auf seine Art glücklich zu werden", findet Claudia Abu-Benkert. "Jeder sollte leben können, wie er möchte."

Zumal die Eheschließung auf regulärem Wege in Deutschland stattgefunden habe und im Vorfeld alles auf Herz und Nieren geprüft worden sei, sagt Claudia Abu-Benkert. Sprecher Johannes Hardenacke bestätigt dies: Die Regierung von Unterfranken stelle die Rechtmäßigkeit der Ehe von Fortune Abu und Claudia Abu-Benkert nicht infrage.

Doch mit der Eheschließung im November 2021 begann Teil zwei von Fortune Abus Geschichte in Deutschland. Aufgrund der Ablehnung seines Asylantrags 2020 konnte er - frisch vermählt - als nur Geduldeter nicht einfach zu seiner Ehefrau nach Bad Neustadt ziehen. Schließlich trennten beide Bundesländer. Im Februar 2022 beantragte er deshalb, seinen Wohnsitz nach Bayern zu verlegen. Sechs Monate später wurde dem länderübergreifenden Umzugsverfahren stattgegeben.

Folgenreich: Mit Fortune Abus Umzug wurde seine Duldung nur noch ein Mal verlängert

Mit dem Umzug aber wechselte auch die zuständige Ausländerbehörde: Im September 2022 stellte der Nigerianer bei der Regierung von Unterfranken einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Rückblickend hadert Claudia Abu-Benkert mit der Umzugs-Entscheidung nach Bayern. Hätten sie sich entschlossen, in Baden-Württemberg zu leben, vermutet die 62-Jährige, wäre vielleicht vieles anders gekommen: "In Baden-Württemberg wurde Fortunes Duldung immer verlängert." Nach dem Umzug nach Bayern allerdings gab es für den Nigerianer nur noch eine Duldungs-Verlängerung, im November 2022 war Schluss.

Warum das so war, darauf geht der Sprecher der Regierung von Unterfranken trotz mehrfacher Nachfragen dieser Redaktion nicht genauer ein. Sicher ist: Die Nicht-Verlängerung der Duldung war für Fortune Abu folgenreich. Denn wenige Wochen nachdem Abus Duldung auslief, trat das Chancen-Aufenthaltsgesetz in Kraft. Dieses sieht vor, dass ein seit fünf Jahren ununterbrochen Geduldeter eine Aufenthaltserlaubnis erhält. Möglich, dass es in Fortune Abus Fall hätte greifen können. Ohne Duldung aber nicht.

Die Regierung von Unterfranken argumentiert mit dem Visaverfahren

Über seinen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis vom September 2022 ist bis heute nicht entschieden. "Dem Betroffenen ist für einen Aufenthaltstitel zuzumuten, ein Visaverfahren in seinem Heimatland zur Legalisierung seiner Einreise nachzuholen. Dies auch dann, wenn er dafür zeitweise von seiner Ehefrau getrennt ist", sagt Hardenacke.

Konkret heißt das: Fortune Abu müsste nach Nigeria ausreisen und dort über die deutsche Botschaft ein Visum beantragen, um mit diesem dann wieder einzureisen. 12 bis 15 Monate Trennung zur Nachholung des Visaverfahrens seien den Eheleuten zuzumuten, urteilte das Verwaltungsgericht Würzburg: "Es liegt keine rechtliche Unmöglichkeit vor."

Weshalb eine freiwillige Rückkehr nach Nigeria für das Ehepaar Abu-Benkert keine Option ist

Das Ehepaar Abu-Benkert entgegnet: Es sei nicht absehbar, wie lange ein solchen Visaverfahren dauere. "Das kann sich über Jahre hinziehen. Zudem ist die Situation in Nigeria derzeit fragil", sagt die 62-Jährige. Ihr Mann sei "psychisch am Ende".

Laut Fortune Abus langjährigem Anwalt aus Karlsruhe, Maximilian Schimanek, ist es in Baden-Württemberg gängige Praxis, dass der Schutz von Ehe und Familie Vorrang haben. "Aber Bayern argumentiert mit dem Visaverfahren", sag der Anwalt. 

Ist Bayern restriktiver als andere Bundesländer in Sachen Migration?

Auch die Würzburger Anwältin Mara Ortler, die auf Migrationsrecht spezialisiert ist und sich derzeit in Fortune Abus Fall einarbeitet, spricht von einer "sehr restriktiven Rechtsprechung in Bayern". Dass bayerische Behörden auf die Nachholung des Visaverfahrens drängen, sei gängige Praxis. Die Vorstellung, dass durch die Heirat mit einem deutschen Staatsangehörigen sämtliche Probleme gelöst wären, sei definitiv überholt, sagt Mara Ortler: "Das war mal."

Mit einer Nachholung des Visaverfahrens hätten viele ihrer Klienten gute Erfahrungen gemacht. Für viele Familien aber sei das "eine große Belastung". Nicht nur, weil die Flüge teuer sind. "Niemand garantiert dir: Du kommst zu 100 Prozent zurück." Zu 90 Prozent, berichtet Ortler, schließe sich die Botschaft einer Vorabzustimmung der hiesigen Ausländerbehörde zum Visum an. Eine solche wurde auch Fortune Abu laut Anwalt Schimanek in Aussicht gestellt. Aber ein Restrisiko bleibe immer.

Kann man freiwillig ausreisen, auch wenn ein Haftbefehl vorliegt?

Ist eine Nachholung des Visaverfahrens für Fortune Abu überhaupt noch denkbar? Kann einer, gegen den ein Haftbefehl vorliegt, freiwillig ausreisen? Wie das gehen könnte, erklärte Johannes Hardenacke: Im Falle einer schriftlichen ernsthaften Zusicherung der freiwilligen Ausreise würde die Zentrale Ausländerbehörde den Vollzug des Haftbefehls aussetzen und eine vorübergehende Duldung zur Vorbereitung des Visaverfahrens ausstellen.

Ob das Ehepaar Abu-Benkert von dieser Option Gebrauch macht? Die beiden wissen es noch nicht.

 
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  • M. S.
    Zitat elmer: "Wer einen deutlich älteren Menschen heiratet und damit wirtschafltliche Vorteile erlangt wird sich immer Vorurteilen ausgesetzt sehen.
    Am Ende können diese nur durch eine lange und glückliche Beziehung wiederlegt werden."

    Dem kann man nur zustimmen! Ich möchte nicht wissen wie viele Kommentare nicht veröffentlicht wurden die in eine ähnliche Richtung argumentieren.

    Man kann klar sagen "wo die Liebe hinfällt" aber ich würde in dem Fall auch niemanden verurteilen wollen der Zweifel hat warum und wie die Heirat zustande kam.

    Eigentlich ist es doch ähnlich wie die Schlagzeile "20jährige heiratet 90jährigen Millionär". Vermuten kann man viel, beweisen meist nichts.
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  • H. S.
    Abschiebung und nichts anderes!
    Das Gesetz sollte vollzogen werden.
    Die mainpost spielt sich in letzter Zeit gerne zum Richter auf.
    Siehe den abgelehnten nigerianischenAsylbewerber aus Würzburg.
    Sogar die Sportredaktion, die vom Asylrecht keine Ahnung hat, gibt ihren Senf dazu.
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  • C. B.
    Habe selber mit öffentlichen Dienst gearbeitet, wenn ich mir die Kommentare von einigen Beamten wieder im Kopf durchgehen lasse dann wundert mich da gar nichts mehr.
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  • C. B.
    Quellenangaben fehlen. Bitte belegen Sie Ihre Aussagen mit entsprechenden Links und fügen Sie diese in Ihren Kommentar ein.
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    Eigentlich sehr merkwürdig - lt. MP Artikel - der "langjährige" Anwalt von Fortune Abus gibt an, dass in Baden Würtemberg es gängige Praxis ist, dass der Schutz von Ehe und Familie Vorrang hat. Da fragt man sich, ob die Heirat mit aufgrund dieser Information zustande kam?
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  • A. O.
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  • J. S.
    Wo die Liebe hinfällt...
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    🤔
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  • E. K.
    Wer einen deutlich älteren Menschen heiratet und damit wirtschafltliche Vorteile erlangt wird sich immer Vorurteilen ausgesetzt sehen.
    Am Ende können diese nur durch eine lange und glückliche Beziehung wiederlegt werden.
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    Da es keine Kinder gibt und der Ehemann wohl auch nicht arbeitet (das nehme ich jetzt einfach so an, da keinen Aufenthaltstitel und untergetaucht), sollte eine vorübergehende Trennung zum Durchlaufen eines Visaverfahrens auszuhalten sein. Ich finde es etwas befremdlich, dass solch merkwürdigen Konstellationen ihren Weg in die Mainpost finden und es offenbar für die Redaktion auch völlig okay ist, über jemanden zu berichten, der untergetaucht ist und sich illegal im Bundesgebiet aufhält als wäre es das Normalste auf der Welt.
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  • W. S.
    Na ja, als "vorübergehend" würde ich die scheinbar üblichen 12 -15 Monate nicht bezeichnen. Mögen das die Behörden auch anders sehen...
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  • G. B.
    Sollen jetzt Sonderregeln für das junge Glück geschaffen werden?
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  • J. F.
    Mir ist unklar, warum meine Kommentare gesperrt werden und warum sie gegen die Kommentarregeln verstoßen sollen, wenn ich Fakten benenne.
    Ein letzter Versuch:

    A) „Der Asylantrag wurde im April 2020 rechtskräftig abgelehnt“. ---
    B) „Eheschließung im November 2021“ ---
    C) Finde den Fehler.
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  • J. N.
    Was hat ein Asylantrag mit einer Ehe zu tun? Nichts.
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