zurück
Oberweißenbrunn
Fast 50 Jahre Hütten-Dienst: Was Reiner Wirsching aus Erlabrunn auf dem Rhöner Himmeldunk erlebt hat
Überraschende Schneemassen und im Nebel Verschollene: Nicht nur für die Alten Herren des TSV Erlabrunn ist Reiner Wirsching eine legendäre Figur.
Genießt nun die Natur im heimischen Garten: Reiner Wirsching, langjähriger Hüttendienstler des DAV Würzburg in der Bergbundhütte am Himmeldunk.
Foto: Achim Muth | Genießt nun die Natur im heimischen Garten: Reiner Wirsching, langjähriger Hüttendienstler des DAV Würzburg in der Bergbundhütte am Himmeldunk.
Michael Nöth
 |  aktualisiert: 14.05.2024 02:46 Uhr

Der 77-jährige Erlabrunner hat seine Wirtsschürze im vergangenen Jahr an den Nagel gehängt und seine Dienste als Hüttenwirt der Bergbund-Hütte auf dem Himmeldunk in der Rhön beendet. Nach knapp 50 Jahren. Eine Ära, in der er viel erlebt hat in der Hütte oberhalb von Oberweißenbrunn im Landkreis Rhön-Grabfeld.

Zu diesem Nebenjob auf 835 Metern Höhe sei der Versicherungskaufmann über die Alten Herren in Erlabrunn gekommen. "Beim TSV ist es Tradition, zum Saisonabschluss auf die Hütt' zu gehen", erzählt der rüstige Rentner. Als er 1976 sein Haus im Weinort vor den Toren Würzburgs gebaut hatte, hatte er sich den dortigen Fußballern angeschlossen. Und die haben für ihr Hüttenwochenende einen Wirt gesucht. Prompt wurde der Neuzugang gefragt, ob er das nicht übernehmen könne. "Eine bessere Integration in einen neuen Verein konnte ich mir damals nicht vorstellen", blickt Wirsching zurück.

Aus dem Badischen in die Rhöner Höhen

Postwendend trat der aus dem Badischen stammende Wanderfreund auch in den Würzburger Bergbund ein, absolvierte einen Schnellkurs zum Hüttenwirt. Und machte seither zweimal im Jahr Dienst am Himmeldunk. Einmal im Sommer, einmal im Winter. "Immer mit viel Freude, auch bei den Arbeitseinsätzen", lacht er.

Anfangs wurde er unterstützt von Kurt Eckert. "Der war Handwerker. Dort oben braucht es immer einen, der weiß, wie mit Hammer und Schraubenschlüsseln umzugehen ist." Aber auch mit Schneeschaufeln. Denn Wirsching wurde bei seinen Herbst-Dienstwochenenden öfters von heftigen Schneefällen überrascht, so im November 2008. "Als wir am Freitag zum Parkplatz Schwedenwall anfuhren, fiel extrem viel Schnee. Der lag schnell so hoch, dass wir aus Rodenbach einen Bauern samt Bulldog holen mussten, um unsere Vorräte einigermaßen gesichert in die Hütte zu bringen", erzählt der Erlabrunner.

Gäste müssen sich ums Essen selbst kümmern

Denn zum Konzept der Bergbundhütte gehört, dass die Übernachtungsgäste sich selbst um das Essen für die Tage kümmern. Der ehrenamtliche Hüttendienst versorgt sie nur mit Getränken. "Aber auch Wanderer und Radfahrer bekommen von uns immer etwas zu trinken, wenn sie Rast machen", erzählt Reiner Wirsching.

Meist war bei seiner Erlabrunner Truppe ein guter Koch dabei. "Hans Försch hatte am Würzburger Marktplatz einen Gemüsestand. Dessen Gemüse-Eintopf oben in der Hütte war legendär." Denn eine stärkende Mahlzeit haben die Mainfranken immer gebraucht. Zumal, wenn sie den Weg von Erlabrunn aus bis in die Rhön hochgelaufen oder mit dem Rad gekommen sind. Dreimal ist Wirsching selbst mit gelaufen. "Das waren schon anstrengende Märsche. In Oberthulba haben wir meist übernachtet."

Orientierungslos im Nebel

Starke Erinnerungen hat der Ex-Hüttenwirt an den Rhöner Nebel. "Beim ersten Hochlaufen 1977 waren die Schwaden so dicht, dass wir uns überhaupt nicht mehr orientieren konnten." Erst als sie nach mehreren Irrwegen am Waldrand entlangliefen, konnten sie die Hütte orten. "Wir waren damals eineinhalb Stunden unterwegs für einen Weg, der normalerweise in 30 Minuten zu bewältigen ist." Auch auf der traditionellen Kreuzberg-Tour habe der Nebel die Erlabrunner mal so verwirrt, dass sie sich erst in Oberwildflecken wieder orientieren konnten.

Wurde unlängst als 'Rhönhüttencheflegende' von den Alten Herren des TSV Erlabrunn von seinem Amt entbunden: Reiner Wirsching (Mitte) tat annähernd 50 Jahre lang Dienst in der Bergbundhütte am Himmeldunk.
Foto: Torsten Freitag | Wurde unlängst als "Rhönhüttencheflegende" von den Alten Herren des TSV Erlabrunn von seinem Amt entbunden: Reiner Wirsching (Mitte) tat annähernd 50 Jahre lang Dienst in der Bergbundhütte am Himmeldunk.

Wirsching erinnert sich aber auch an einen Übernachtungsgast, der bei Einbruch der Dunkelheit noch nicht in der Hütte angekommen war. "Als einer von uns draußen im dichten Nebel nach ihm geschaut hatte, hörte er Hilferufe weit unterhalb der Hütte. Mit unserem Geschrei haben wir den armen Mann an die Hütte gelotst. Er hatte nur Halbschuhe und einen leichte Windjacke an. In der warmen Hütte haben wir ihn wieder aufgepäppelt."

Was nimmt er mit nach knapp 50 Jahren Dienst in der Rhöner Hütte? "Die Natur dort oben in den verschiedenen Jahreszeiten hat mich immer begeistert. Aber auch die gute Stimmung bei Rhönern und Bergbundlern, wenn sie zu Gast in der Hütte waren." Das Wichtigste sei aber die Kameradschaft unter den Alten Herren des TSV gewesen über die lange Zeit. Da freue sich jeder schon auf den November. Und es gebe kaum Absagen für das Wochenende", sagt Reiner Wirsching.

Eine Wandergruppe vor dem Würzburger Bergbundhaus am Himmeldunk. Hinten vor dem Eingang: Ex-Hüttenwirt Reiner Wirsching.
Foto: Torsten Freitag | Eine Wandergruppe vor dem Würzburger Bergbundhaus am Himmeldunk. Hinten vor dem Eingang: Ex-Hüttenwirt Reiner Wirsching.

Und: "Danach ist dieses Wochenende immer Ortsgesprächs-Thema." Seines Wissens nach seien sogar drei Erlabrunner in den Bergbund Würzburg eingetreten. Von der TSV-AH wurde nun er launig verabschiedet, als aktive Kraft bezeichnet, der sich immer um den reibungslosen Ablauf in der Hütte gekümmert hatte. Und zur "Legende" erhoben.

Ein Namens-Doppelgänger

Und damit ergibt sich eine Parallele zu seinem Fast-Namens-Kollegen Rainer Wirsching. Nach dem wurde er oft in der Hütte gefragt. Der Stammheimer, der sich mit "a" im Rainer schreibt, hatte sich in den Achtzigern als Fußballer beim 1. FC Nürnberg und später als Arzt einen wohlklingenden Namen gemacht. "Einmal", lacht der Erlabrunner verschmitzt, "war ich beim HNO-Arzt. Als der Name Reiner Wirsching aufgerufen wurde, wollten wir beide gleichzeitig ins Sprechzimmer." So standen sich die Rhöner Hüttenchef-Legende und die Stammheimer Fußballer-Legende direkt gegenüber. Kurz zumindest.

Hüttenbuchung

Die Hütte am Himmeldunk ist nur an den Wochenenden geöffnet. Übernachtungen (Gruppen und Einzelne) müssen bei der Hüttenverwaltung des DAV Sektion Bergbund Würzburg angemeldet werden. Das Mieten der kompletten Hütte für den Privatgebrauch ist nicht möglich, da das Bergbundhaus als DAV-Hütte Wanderern als Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung stehen soll. Anmeldung per E-Mail unter e.herler_bergbund-wuerzburg@online.de
Quelle: nö
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Oberweißenbrunn
Erlabrunn
Michael Nöth
1. FC Nürnberg
Hüttenwirte
Nebel
Oberweißenbrunn
Reiner Wirsching
Schneemassen
TSV 1874 Erlabrunn
TSV Oberelsbach
Würzburger Marktplatz
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top