
Der 77-jährige Erlabrunner hat seine Wirtsschürze im vergangenen Jahr an den Nagel gehängt und seine Dienste als Hüttenwirt der Bergbund-Hütte auf dem Himmeldunk in der Rhön beendet. Nach knapp 50 Jahren. Eine Ära, in der er viel erlebt hat in der Hütte oberhalb von Oberweißenbrunn im Landkreis Rhön-Grabfeld.
Zu diesem Nebenjob auf 835 Metern Höhe sei der Versicherungskaufmann über die Alten Herren in Erlabrunn gekommen. "Beim TSV ist es Tradition, zum Saisonabschluss auf die Hütt' zu gehen", erzählt der rüstige Rentner. Als er 1976 sein Haus im Weinort vor den Toren Würzburgs gebaut hatte, hatte er sich den dortigen Fußballern angeschlossen. Und die haben für ihr Hüttenwochenende einen Wirt gesucht. Prompt wurde der Neuzugang gefragt, ob er das nicht übernehmen könne. "Eine bessere Integration in einen neuen Verein konnte ich mir damals nicht vorstellen", blickt Wirsching zurück.
Aus dem Badischen in die Rhöner Höhen
Postwendend trat der aus dem Badischen stammende Wanderfreund auch in den Würzburger Bergbund ein, absolvierte einen Schnellkurs zum Hüttenwirt. Und machte seither zweimal im Jahr Dienst am Himmeldunk. Einmal im Sommer, einmal im Winter. "Immer mit viel Freude, auch bei den Arbeitseinsätzen", lacht er.
Anfangs wurde er unterstützt von Kurt Eckert. "Der war Handwerker. Dort oben braucht es immer einen, der weiß, wie mit Hammer und Schraubenschlüsseln umzugehen ist." Aber auch mit Schneeschaufeln. Denn Wirsching wurde bei seinen Herbst-Dienstwochenenden öfters von heftigen Schneefällen überrascht, so im November 2008. "Als wir am Freitag zum Parkplatz Schwedenwall anfuhren, fiel extrem viel Schnee. Der lag schnell so hoch, dass wir aus Rodenbach einen Bauern samt Bulldog holen mussten, um unsere Vorräte einigermaßen gesichert in die Hütte zu bringen", erzählt der Erlabrunner.
Gäste müssen sich ums Essen selbst kümmern
Denn zum Konzept der Bergbundhütte gehört, dass die Übernachtungsgäste sich selbst um das Essen für die Tage kümmern. Der ehrenamtliche Hüttendienst versorgt sie nur mit Getränken. "Aber auch Wanderer und Radfahrer bekommen von uns immer etwas zu trinken, wenn sie Rast machen", erzählt Reiner Wirsching.
Meist war bei seiner Erlabrunner Truppe ein guter Koch dabei. "Hans Försch hatte am Würzburger Marktplatz einen Gemüsestand. Dessen Gemüse-Eintopf oben in der Hütte war legendär." Denn eine stärkende Mahlzeit haben die Mainfranken immer gebraucht. Zumal, wenn sie den Weg von Erlabrunn aus bis in die Rhön hochgelaufen oder mit dem Rad gekommen sind. Dreimal ist Wirsching selbst mit gelaufen. "Das waren schon anstrengende Märsche. In Oberthulba haben wir meist übernachtet."
Orientierungslos im Nebel
Starke Erinnerungen hat der Ex-Hüttenwirt an den Rhöner Nebel. "Beim ersten Hochlaufen 1977 waren die Schwaden so dicht, dass wir uns überhaupt nicht mehr orientieren konnten." Erst als sie nach mehreren Irrwegen am Waldrand entlangliefen, konnten sie die Hütte orten. "Wir waren damals eineinhalb Stunden unterwegs für einen Weg, der normalerweise in 30 Minuten zu bewältigen ist." Auch auf der traditionellen Kreuzberg-Tour habe der Nebel die Erlabrunner mal so verwirrt, dass sie sich erst in Oberwildflecken wieder orientieren konnten.

Wirsching erinnert sich aber auch an einen Übernachtungsgast, der bei Einbruch der Dunkelheit noch nicht in der Hütte angekommen war. "Als einer von uns draußen im dichten Nebel nach ihm geschaut hatte, hörte er Hilferufe weit unterhalb der Hütte. Mit unserem Geschrei haben wir den armen Mann an die Hütte gelotst. Er hatte nur Halbschuhe und einen leichte Windjacke an. In der warmen Hütte haben wir ihn wieder aufgepäppelt."
Was nimmt er mit nach knapp 50 Jahren Dienst in der Rhöner Hütte? "Die Natur dort oben in den verschiedenen Jahreszeiten hat mich immer begeistert. Aber auch die gute Stimmung bei Rhönern und Bergbundlern, wenn sie zu Gast in der Hütte waren." Das Wichtigste sei aber die Kameradschaft unter den Alten Herren des TSV gewesen über die lange Zeit. Da freue sich jeder schon auf den November. Und es gebe kaum Absagen für das Wochenende", sagt Reiner Wirsching.

Und: "Danach ist dieses Wochenende immer Ortsgesprächs-Thema." Seines Wissens nach seien sogar drei Erlabrunner in den Bergbund Würzburg eingetreten. Von der TSV-AH wurde nun er launig verabschiedet, als aktive Kraft bezeichnet, der sich immer um den reibungslosen Ablauf in der Hütte gekümmert hatte. Und zur "Legende" erhoben.
Ein Namens-Doppelgänger
Und damit ergibt sich eine Parallele zu seinem Fast-Namens-Kollegen Rainer Wirsching. Nach dem wurde er oft in der Hütte gefragt. Der Stammheimer, der sich mit "a" im Rainer schreibt, hatte sich in den Achtzigern als Fußballer beim 1. FC Nürnberg und später als Arzt einen wohlklingenden Namen gemacht. "Einmal", lacht der Erlabrunner verschmitzt, "war ich beim HNO-Arzt. Als der Name Reiner Wirsching aufgerufen wurde, wollten wir beide gleichzeitig ins Sprechzimmer." So standen sich die Rhöner Hüttenchef-Legende und die Stammheimer Fußballer-Legende direkt gegenüber. Kurz zumindest.