
Kaum hat sich die Lage für die Rhöner Schäfer für einige Wochen vermeintlich beruhigt, da bis zum vergangenen Wochenende kein Wolf eine ihrer Herden angegriffen hat, kommt womöglich schon das nächste Problem auf sie zu. Nach ersten Fällen in den Landkreisen Aschaffenburg, Main-Spessart und Miltenberg wurde vor wenigen Tagen auch in der Rhön die erste Infektion mit der Blauzungenkrankheit, einer Tier-Seuche, registriert.
Was ist über den ersten Fall der Blauzungenkrankheit bekannt?
Wie das Landratsamt Rhön-Grabfeld informiert, hat das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit bei einem Verdachtsfall das Blauzungenvirus, Serotyp BTV-3, nachgewiesen. Bei dem infizierten Tier handelt es sich um ein Schaf aus dem Nord-Westen des Landkreises mit den typischen Symptomen für die Tierseuche. Eine vom Tierhalter hinzugezogene Tierärztin habe das Schaf von seinen Schmerzen und Leiden erlöst.
Was ist die Blauzungenkrankheit und welche Tiere sind davon betroffen?
Die Blauzungenkrankheit (Bluetongue disease - BT) ist eine Viruserkrankung, die hauptsächlich akut verläuft. Sie tritt vor allem bei Schafen, Ziegen und Rindern auf. 2007/2008 kostete eine Variante zehntausende Tiere in Deutschland das Leben. Ursache der Epidemie ist laut dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, das Blauzungenvirus, kurz BTV. Aktuell kursiert der sogenannte Serotyp BTV-3 des Erregers.
Er trat Ende 2023 erstmals in den Niederlanden auf und breitete sich rasant aus. Im Oktober 2023 wurde die erste Infektion mit dem Serotyp 3 in Deutschland bestätigt. Seit Juli 2024 nehmen die Fallzahlen in Deutschland laut dem FLI zu. Es sei mit einer weiteren sehr deutlichen Zunahme von Fällen und betroffenen Betrieben bis zum Winter 2024 zu rechnen.
Welche Symptome haben die Tiere?
Die Blauzungenkrankheit ist sehr schmerzhaft. Laut dem FLI treten die typischen Symptome nach sieben bis acht Tagen auf. Die erkrankten Tiere zeigen laut den Experten Symptome wie hohes Fieber, die Tiere lahmen, sind apathisch und sondern sich von der Herde ab. Es kommt zu vermehrtem Speichelfluss und Schaumbildung vor dem Maul. Die Zunge schwillt an und kann aus dem Maul hängen.
Die namensgebende blaue Verfärbung der Zunge komme nur sehr selten vor. Die Krankheit kann auch zu Fehlgeburten führen. Sie kann verheilen, in schweren Fällen aber auch tödlich verlaufen. Nach Daten aus den schon länger betroffenen Niederlanden stirbt ein Viertel der betroffenen Schafe. Die Blauzungenkrankheit verläuft bei Rindern in der Regel deutlich milder, einzelne Tiere können trotzdem daran verenden, so das FLI.

Wie wird die Krankheit übertragen?
Das Blauzungenvirus wird von Gnitzen, blutsaugenden Mücken, übertragen. Nach Angaben des FLI tritt dies verstärkt saisonal in der warmen Jahreszeit bei feuchtwarmem Wetter auf. Gnitzen, die auch als Bartmücken bekannt sind, fallen vor allem während der Abend- und Morgendämmerung die Tiere im offenen Gelände an.
Wissenschaftler haben ermittelt, dass die Mücken innerhalb weniger Tage mehrere Kilometer weit fliegen können – bei Rückenwind sogar hunderte Kilometer. Eine Übertragung der Tierseuche durch direkten Kontakt oder über kontaminierte Gegenstände sei bisher nicht bekannt.
Ist die Krankheit auf Menschen übertragbar?
Der Erreger der Blauzungenkrankheit ist für den Menschen nicht gefährlich. Fleisch und Milchprodukte der Tiere können ohne Bedenken verzehrt werden, heißt es vom FLI. Auch Katzen und Hunde seien nicht von BT betroffen.
Was können die Tierhalter nun tun?
Das Landratsamt Rhön-Grabfeld fordert die Halter und Halterinnen auf, dass sie vermehrt auf Krankheitsanzeichen bei ihren Tieren achten sollen. Bei Auffälligkeiten sollen sie einen Tierarzt hinzuziehen. Der könne bei Bedarf Proben entnehmen, um schnell Gewissheit darüber zu erhalten, ob die Tiere mit der Blauzungenkrankheit infiziert sind.
Wird eine Impfung empfohlen?
Ja, stellt das Landratsamt dazu fest. Es verweist dabei auf eine Empfehlung des FLI. Laut aktuellen Studien würde durch eine Impfung zumindest ein milderer Verlauf mit weniger Todesfällen erreicht werde. Ein vollständiger Schutz wird allerdings durch die Impfung nicht erreicht, auch geimpfte Tiere können erkranken.
Das Problem: Es gebe zwar Impfstoffe gegen den Serotyp 3, die seien allerdings nicht Langzeit-erprobt und daher nicht offiziell zugelassen. Damit die Landwirte ihre Tiere dennoch immunisieren können, wurde vom Landwirtschaftsministerium eine Verordnung erlassen, die ihnen die Anwendung Blauzungenkrankheit-Impfstoffen erlaubt. Diese Verordnung wurde vom Landratsamt per Verfügung im Juli übernommen.
Welche Auswirkungen hat die Blauzungenkrankheit auf die Landwirtschaft?
Die Blauzungenkrankheit hat erhebliche Auswirkungen auf Betriebe mit Rindern, Schafen und Ziegen. Nicht nur die Impfung der Tiere ist mit Kosten verbunden. Nach einem Ausbruch dürfen Tiere aus betroffenen Gebieten nur dann in seuchenfreie Regionen transportiert werden, wenn sie gesund sind oder geimpft wurden. Natürlich bedeuten kranke oder gar tote Tiere finanzielle Verluste für die Tierhalter.