zurück
Ginolfs
Ein kleines Rhöndorf wird 750 Jahre alt: Was macht Ginolfs so liebenswert? Eine Chronik hat die Antwort
Bei einem Jubiläumsfest am 13. und 14. August werden die Bewohner von Ginolfs zeigen, wie das Dorfleben einst aussah. Was wird geboten?
750 Jahre Ginolfs: Eingebettet in eine wunderschöne Landschaft liegt das kleine Rhöndorf, das am 13. und 14. August sein 750-jähriges Bestehen feiert.
Foto: Marc Huter | 750 Jahre Ginolfs: Eingebettet in eine wunderschöne Landschaft liegt das kleine Rhöndorf, das am 13. und 14. August sein 750-jähriges Bestehen feiert.
Marc Huter
 |  aktualisiert: 13.02.2024 09:59 Uhr

Vor 750 Jahren wurde das kleine Rhöndorf Ginolfs zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Das ist ein Grund zum Feiern. Bei einem zweitägigen Jubiläumsfest am 13. und 14. August werden die Dorfbewohner zeigen, wie das Dorfleben einst aussah: Im Backhaus wird "Brotploatz" gebacken. Ein Blick in die Chronik, die zu diesem Anlass bebildert wurde, erzählt von Eigenarten, vom Gemeinschaftssinn, vom Zusammenhalt und der Geselligkeit, die die Ginolfser schon immer pflegen. 

Zentrum des Dorflebens: Das Ginolfser Backhaus in seiner heutigen Gestalt.
Foto: Marc Huter | Zentrum des Dorflebens: Das Ginolfser Backhaus in seiner heutigen Gestalt.

"Ginolfs ist von eher seinen eigenen Weg gegangen und war der Obrigkeit nicht immer gehörig", berichtet Gemeinderat Sven Breunig, der gerade zusammen mit den Vorsitzenden der Vereine das Jubiläumsfest auf die Beine stellt. So ist in der Chronik zu lesen, dass das Verbot der Spinnstube (für die Frauen) und Lichtstube (für die Männer), die Unterhaltung und Kurzweil an langen Winterabenden geboten haben, in Ginolfs einfach nicht vollzogen wurde. Ein Betreiber der Männerlichtstube im Jahr 1828 wurde zwar im Gemeinderat befragt, beteuerte jedoch, dass bei dem täglichen Umtrunk kein Unfug getrieben werde, sodass man ihm weiter gewähren ließ.

Nicht jeder war in Ginolfs willkommen

Auch musste mehrfach ein Gericht die erhöhten Aufnahmegebühren von "Ausländern", die nicht aus Ginolfs stammten, für nichtig erklären. Trotzdem waren die Ginolfser darauf bedacht, ihre Einwohnerzahl nicht weiter unnötig zu erhöhen, da sie beschränkte Erwerbsverhältnisse durch die begrenzte Fläche an Land fürchteten. So weigerten sich beispielsweise alle Einwohner, die Hochzeit eines Zugezogenen zu gestalten. "Aus dem gleichen Grund ist man heute noch nicht geneigt, wahllos jeden in die Dorfgemeinschaft aufzunehmen", steht in der Chronik von Siegfried Sperber aus dem Jahr 1939.

Historische Aufnahme: Eine Tradition in Ginolfs war es, dass zum Anlass einer Hochzeit im Backhaus Ploatz gebacken wurde. Jedes Kind, das sich in der Dorfmitte einfand, erhielt dann ein Stückchen auf die Hand.
Foto: Archiv Familie Lörzer | Historische Aufnahme: Eine Tradition in Ginolfs war es, dass zum Anlass einer Hochzeit im Backhaus Ploatz gebacken wurde. Jedes Kind, das sich in der Dorfmitte einfand, erhielt dann ein Stückchen auf die Hand.

Wenn man dazugehört, hat man Privilegien

Wenn man jedoch einmal Ginolfser war, dann wurde zusammengehalten. So verpflichteten sich die Ginolfser in ihrer Dorfordnung im Jahr 1854 selbst, bei dem Weide-Tod eines Rindes, eines Ochsen oder einer Kuh für Geld ein Stück Fleisch dem unglücklichen Besitzer abzunehmen. Auch gesellig waren die Ginolfser schon immer. Im Jahr 1542 wurde die Regel aufgestellt, dass bei dreimaligem Läuten der Vorsteher jeder Familie erscheinen muss. Wer nicht erscheint, müsse vier Pfennige Strafe bezahlen. "Das Geld wird in der Gemeinde vertrunken", heißt es in der Dorfordnung.

Der Zusammenhalt, Gemeinschaftssinn und große Einsatz der Ginolfser ist noch heute bei großen Festen zu spüren, die die Ginolfser alljährlich feiern. Das Backhausfest im August und der Weideabtrieb im Oktober sind besondere Attraktionen für Einheimischen und Gäste.

Leckerer Zwiebelploatz: Das Ginolfser Backhaus wird wie beim Backhausfest das Zentrum der Feierlichkeiten zum 750-jährigen Bestehen bilden.
Foto: Marc Huter | Leckerer Zwiebelploatz: Das Ginolfser Backhaus wird wie beim Backhausfest das Zentrum der Feierlichkeiten zum 750-jährigen Bestehen bilden.

Ein Rundgang durch die alten Höfe

Ein Rundweg durch die Höfe mit vielen Attraktionen zeigt, wie die Ginolfser früher gelebt haben und heute noch leben. Es gibt Landmaschinen im Betrieb zu sehen, historisches Backen in der Alten Schule, Holzschuhproduktion, eine historische Schulstunde, die Dreschmaschine kommt zum Einsatz, außerdem ist eine Zimmerei, Spinnstube, ein Schafscherer, eine Töpferei, Honig und vieles mehr zu erleben. Ginolfser Direktvermarkter präsentieren ihre Produkte und die Besucher dürfen sich auf eine historische Fotoausstellung freuen. Auch Tiere wie das Rhönschaf, Ziegen, Rinder und Alpakas gilt es zu bestaunen. 

Die Veranstalter weisen darauf hin, dass die Durchfahrt durch Ginolfs am Festwochenende gesperrt ist und die Zufahrt nur von Weisbach erfolgen darf. Das Parken ist auf einer ausreichenden Zahl an ausgewiesenen Parkplätzen vor der Ortschaft möglich.

750 Jahre Ginolfs und das Festprogramm

Ginolfs wurde im Jahr 1272 erstmals urkundlich erwähnt und gehörte zum reichsritterlichen Geschlecht der Ebersteiner. Schon seit Anbeginn dürfte Ginolfs annähernd die Bevölkerungszahl wie heute gehabt haben, da sich im Erbzins der Ebersteiner 33 Höfe befanden. Seinen Namen verdankt Ginolfs wahrscheinlich einem Mannesnamen, entweder einem Heiligen oder einem Hauptsiedler. Im Jahr 1559 war Georg von Eberstein ohne Nachkommen gestorben. Der Hof wurde 1600 an den Fürstbischof in Würzburg verkauft und bekam auch durch die Besetzung der Schweden die Härte des 30-Jährigen Krieges zu spüren. Bis 1972 war Ginolfs eine selbständige Gemeinde, ehe durch Gründung der Marktgemeinde die Eingemeindung erfolgte.
Das Festprogramm zum 750-jährigen Jubiläum startet am Samstag, 13. August, mit einer Sternwanderung der befreundeten Vereine aus der Marktgemeinde nach Ginolfs. Um 17 Uhr ziehen die Vereine den Dorfplatz ein. Es gibt Spezialitäten wie den "Original Gingelser Brotploatz" und Bratwurst im Brotteig aus dem Backhaus. Um 18 Uhr folgt der Bieranstich. Die Band "Hot Oven and the Bricketts" sorgt für Stimmung. Am Sonntag, 14. August, findet um 10 Uhr ein Festgottesdienst statt. Danach wird ab 11 Uhr ein traditionelles Rhöner Mittagessen angeboten. Die Musikkapellen Oberelsbach sorgen für musikalische Unterhaltung. Ab 13 Uhr folgt dann der Höhepunkt des Festprogramms: Ginolfs zeigt das "historische Dorf".
Quelle: Chronik "Ginolfs in der Geschichte" / mch
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Ginolfs
Marc Huter
Bratwürste
Geschichte
Ginolfs
Rhöndorf
Zimmereien
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top