zurück
Wollbach
Ein Indianer-Fan in Wollbach: Warum Edwin Wild begeistert Artefakte der indigenen Volksgruppen sammelt
Der Wollbacher ist vom Leben der Indianer fasziniert. Regelmäßig kommt er mit anderen Begeisterten bei "Lagertreffen" zusammen und fertigt seine Ausrüstung selbst.
Bei einem Treffen präsentiert sich Edwin Wild in seinem selbst angefertigten Outfit mit Turban und Warshirt sowie der großen Friedenspfeife.
Foto: Matthias Wild | Bei einem Treffen präsentiert sich Edwin Wild in seinem selbst angefertigten Outfit mit Turban und Warshirt sowie der großen Friedenspfeife.
Klaus-Dieter Hahn
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:12 Uhr

Bevor Edwin Wild sich zum Gespräch über sein Hobby niedersetzt, führt er eine Zeremonie durch. Der passionierte Anhänger der Indianerkultur entzündet ein Stück Kohle, holt seine Trommel hervor, die er eigenhändig mit gegerbter Hirschrohhaut bespannt hat, stimmt einen nur aus Vokalen bestehenden Gesang an und legt Salbei, Süßgras und Baumharz auf die glimmende Kohle. Anschließend "schiebt" er den würzigen Rauch mit einer Seeadlerfeder den Anwesenden zu und dankt der Sonne, dem Mond, der Mutter Erde und den Himmelsrichtungen für ihr Dasein. "Es ist wichtig, dass wir eine gute Gesprächsatmosphäre haben, die positive Energien erzeugt", sagt er.

Nun kann es losgehen. Er sitzt in einem mit Indianer-Artefakten gefüllten Raum im Kellergeschoss seines Hauses. Viele Ausrüstungsgegenstände hat Edwin Wild in tagelanger Arbeit originalgetreu nachgebaut. Da sticht beispielsweise eine als Mantel getragene Lederrobe mit einem von ihm aufgemalten "Zug der Häuptlinge" heraus.

Edwin Wild beim Aufziehen von Perlen mithilfe eines 'Sehnenfadens'.
Foto: Klaus-Dieter Hahn | Edwin Wild beim Aufziehen von Perlen mithilfe eines "Sehnenfadens".

Bei den Farben handelt es sich um Erdfarben, die mit Knochenleim gemischt und wasserfest sind. Die Mokassins sind reich mit Perlen oder "Bird-Quills" verziert und die Taschen mit Glöckchen geschmückt. Dabei handelt es sich um sogenannte "Striker Light-bags", die den Feuerstein und Zunder enthielten, erklärt er. Faszinierend sind auch das Warbonnet, die mit Federn geschmückte Kopfhaube mit Schleppe oder auch etliche Tomahawks, die die Wände zieren.

Ein Leben im Einklang mit der Natur

Der 71-Jährige ist von Kindesbeinen an vom Leben der Indianer begeistert. Die Lektüre der Karl-May-Bücher und vor allem die berühmten Winnetou-Filme mit Pierre Brice und Lex Barker Mitte der 60er Jahre zogen ihn von Anfang an in ihren Bann. Heute seien es besonders die Nachhaltigkeit, das Leben der Indianer in und mit der Natur, ihr Bestreben, mit der Natur im Gleichgewicht zu leben oder auch der Respekt und die Toleranz gegenüber behinderten oder andersgeschlechtlich orientierten Menschen, die ihn sehr beeindrucken würden, betont er.

Zahlreiche Indianer-Artefakte hat Edwin Wild gesammelt beziehungsweise selbst angefertigt.
Foto: Klaus-Dieter Hahn | Zahlreiche Indianer-Artefakte hat Edwin Wild gesammelt beziehungsweise selbst angefertigt.

Seine große Leidenschaft musste jedoch anfangs wegen Ausbildung, Familiengründung, Hausbau und beruflicher Belastung zunächst zurückstehen. Doch mit dem Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben vor einigen Jahren konnte er sich verstärkt seinem Hobby widmen.

Allerdings kam der frühere Krankenpfleger schon 1997 erstmals in Kontakt mit anderen ähnlich Begeisterten, die er auf einem Westernfest in Zirndorf traf. Seitdem fährt er häufig auf Lagertreffen, vorwiegend im süddeutschen Raum, wo dann 250 bis 350 Personen alljährlich für einige Tage zusammenkommen und ihrem Hobby bei Bogen- oder Vorderladerschießen, Indianertänzen und -gesängen und vielen Gesprächen frönen.

Verschiedene Outfits und Ausrüstungsgegenstände

Anfangs mit dem Tipi, dann wegen der geringeren Fahrzeuggröße mit dem kleineren A-Tent (ein nach oben spitz zulaufendes Zelt), verschiedenen Outfits und Ausrüstungsgegenständen fährt er zu diesen Zusammenkünften, wo dann auch auf sogenannten "Tauschdecken" vor dem eigenen Zelt all das ausgelegt wird, was gerne an indianischen Gegenständen getauscht werden möchte. Edwin Wild sieht sich nicht einem der insgesamt 520 früheren Indianer-Stämme angehörig, sondern ordnet sich eher den "Plain-Indianern" zu, die am Rand der großen Prärien lebten.

Auch Tomahawks gehören zu seinem Fundus. 
Foto: Klaus-Dieter Hahn | Auch Tomahawks gehören zu seinem Fundus. 

Die meisten seiner Artefakte stellt er in stunden- und tagelanger Arbeit selbst her. Aus den Sehnen von Rehen oder Hirschen erarbeitet er Fäden zum Besticken oder Nähen von Leder. Sein Wissensschatz über die Indianer, den er sich aus Fachliteratur (oft in englischer Sprache – "da bleibt man wenigstens sprachlich fit") und zahllosen Gesprächen angeeignet hat, ist groß.

Sommertanz und Schwitzhütten

So erklärt er beispielsweise, warum Indianer gerne und viel geraucht haben, mit deren Naturverbundenheit: "Der Tabak stammte von Mutter Erde. Der Rauch kam aus dem Körper der Menschen und stieg zum Himmel. Auf diese Art und Weise hat sich Mutter Erde mit dem Himmel verbunden." Unterschieden wurde zwischen Zeremonialpfeifen, die zum Beispiel beim Sommertanz oder bei den Schwitzhütten benutzt wurden, und den großen Friedenspfeifen, von denen einige Exemplare ebenfalls bei Edwin Wild hängen.

Schade findet der Hobby-Fachmann, dass sich die Anzahl der Menschen in Deutschland, die sich für die indigenen Kulturen begeistern, nach unten bewegt. "Das liegt wohl daran, dass wir keine großartigen öffentlichen Zurschaustellungen vornehmen, wie es zum Beispiel bei den Mittelaltermärkten der Fall ist", vermutet er. "Dabei ist das Indianerleben so vielfältig, so atemberaubend und auch so spannend."

Indigene Volksgruppen

Der Begriff "Indianer" wird heutzutage vielfach als diskriminierend empfunden. Der Begriff stammt aus der Kolonialzeit und ist keine Eigen-, sondern eine Fremdbezeichnung für zum Teil recht unterschiedliche Volksgruppen auf dem amerikanischen Kontinent. Alternativen sind "Native Americans", indigene Volksgruppen oder Indigene. Aber auch das sind keine Eigenbezeichnungen, sondern ebenfalls Sammelbegriffe. In der Fachliteratur findet der Begriff "Indianer" nach wie vor Verwendung.
Quelle: sbr
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Wollbach
Klaus-Dieter Hahn
Begriffe
Behinderte
Berufsleben
Indianer
Kohle
Pierre Brice
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • R. D.
    Darf sowas überhaupt noch sein? Läuft sowas bei einigen Links-Grünen nicht unter "kultureller Aneignung" eines "alten weißen Mannes"?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • J. N.
    Ein schönes Hobby!

    Allerdings glaube ich nicht, dass es immer weniger Menschen gibt, die sich für die Native Americans interessieren. Es ist halt nicht so ein Trend wie die Mittelalter-Events.
    Was in gewissem Sinn auch logisch ist - wir hier in Europa hatten nun mal das Mittelalter in unserer Geschichte, die Indianer waren und sind hingegen nun mal nicht hier, sondern in Amerika.

    Nichtsdestotrotz gibt es auch hier Menschen, die zwar keine Büffeltänze zelebrieren, sich aber sehr wohl dafür interessieren und sich ein gutes Wissen angeeignet haben.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. D.
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln (Behauptung ohne Beleg) auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. B.
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten