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BAD NEUSTADT
Die Rhön darf wieder auf hohe See
Das Versorgungsschiff Rhön betankt im Mai 2019 nach einer Übung in der Ostsee die Fregatte Hamburg, von der aus das Bild gemacht wurde. Dahinter dreht gerade die Fregatte Augsburg ab, die ebenfalls vom Patenschiff des Naturparks Rhön mit Treibstoff versorgt wurde.
Foto: Marcel Kroencke | Das Versorgungsschiff Rhön betankt im Mai 2019 nach einer Übung in der Ostsee die Fregatte Hamburg, von der aus das Bild gemacht wurde.
Hubert Herbert
Hubert Herbert
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:50 Uhr

Vor einem Jahr, im Juni 2018, meldete die Bundesmarine den Ausfall ihrer beiden Flottentanker. Einer davon ist die „Rhön“, Patenschiff des Naturparks Rhön. Der andere ist die „Spessart“. Die beiden Schiffe hatten Probleme mit den 8000 PS starken Zwölf-Zylinder-Diesel. Kein Wunder, schließlich sind die beiden ursprünglich zivilen Tanker bereits 1974 vom Stapel gelaufen. Die nahezu baugleichen Schwesterschiffe wurden dann 1977 bei der Bundesmarine in Dienst gestellt und versorgen seither Nato-Schiffe auf hoher See mit Treibstoff, Wasser, manchmal auch mit Lebensmitteln.

Motorprobleme behoben

Die Motorprobleme sind inzwischen wieder behoben, wie das Marinekommando auf Nachfrage bestätigt. Die beiden Betriebsstofftanker sind wieder im Betrieb. Die Motorenprobleme wurden demnach noch im vergangenen Jahr behoben. Die „Rhön“ war nach Marineangaben seit Ende März schon wieder in einem Nato-Verband im Einsatz. Sie löste die „Spessart“ ab, die vorher mit dem Einsatzverband unterwegs war.

Doch das ist alles nur eine vorübergehende Lösung. Denn die Deutsche Marine plant eine Nachfolge für die beiden Versorgungssschifffe. Die Auskunft, wann genau das ein wird, bleibt allerdings relativ vage. Wörtlich heißt es von einem Mainesprecher: „Der Zulauf dieser Schiffe ist im Verlauf der 2020er Jahre vorgesehen.“ Ein langer Zeitraum von zehn Jahren also, der schon im kommenden Jahr beginnt.

Finanzplanung der Bundeswehr

So richtig konkret ist derzeit offensichtlich aber noch nichts, sodass man davon ausgehen kann, dass es wohl Mitte des kommenden Jahrzehnts werden wird, bis Ersatz für „Rhön“ und „Spessart“ gefunden sein wird. Das passt zur Auskunft des Marinekommandos, dass die beiden Schiffe bis Mitte der 2020er Jahre weiter betrieben werden sollen. Dann wären „Rhön“ und „Spessart“ ein halbes Jahrhundert alt. „Der Grund für die lange Nutzungsdauer der beiden Tanker war und ist die Finanzplanung für die Bundeswehr“, heißt es dazu von der Marine.

Die beiden Betriebsstofftransporter „Rhön“ und „Spessart“ stellen eine für den Einsatzbetrieb der Marine eine zentrale Fähigkeit bereit, nämlich die der Nachversorgung in See von Einheiten und Verbänden. Die beiden Schiffe übergeben während der Fahrt auf dem Meer Betriebsstoffe wie Kraftstoff, Schmieröle, Frischwasser an andere Schiffe, heißt es vom Marinekommando. Soll heißen: Rhön und Spessart müssen weiter fahren. „Vor dem Hintergrund der Einsätze sowie den Verpflichtungen und des Fokus auf Landes- und Bündnisverteidigung, wird die besondere Fähigkeit dieser beiden Schiffe bis zum Zulauf der Nachfolgeeinheitenweiterhin zwingend benötigt“, antwortet das Marinekommando auf eine Anfrage dieser Redaktion. Im günstigsten Fall könnten die Nachfolgeschiffe demnach aber erst 2023 in Dienst gehen.

Keine vergleichbaren Schiffe

Die Deutsche Marine hat derzeit keine vergleichbaren Versorgungschiffe zur Verfügung. Würden die Rhön und die Spessart ersatzlos außer Betrieb gestellte, so entstünde laut Marinekommando eine Fähigkeitslücke bei der Marine mit weitgehenden Auswirkungen nicht nur auf die Marine selbst, sondern auch auf die NATO. Die Folge beschreibt das Marinekommando so: gravierende Einschränkung der Fähigkeit zur Unterstützung und bei der Durchhaltefähigkeit im Einsatzgebiet.

Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium der Verteidigung im November 2018 dem Weiterbetrieb der zum Seeverkehr zugelassenen Betriebsstofftransporter „Rhön“ und „Spessart“ zugestimmt unter der Auflage der besonderer Berücksichtigung des maritimem Umweltschutzes im operativen Betrieb. Diese Zustimmung ist laut Marinekommando das nächste Mal im Dezember 2019 zu erneuern. Es dürfe auf jeden Fall keine Unterbrechung der Versorgung auf hoher See geben, bis die Nachfolger von Rhön und Spessart in Dienst gestellt werden.

Nur ein Doppelboden

Die Nachfolgeversorger werden dann über eine sogenannte Doppelhülle, also eine zweite Außenhülle, verfügen. Das gewährleistet, dass im Fall von Grundberühruing oder Berührung mit einem anderen Schiff nicht gleich die Gefahr besteht, dass innenliegende Tanks beschädigt werden. „Rhön“ und „Spessart“ verfügen nur über einen sogenannten Doppelboden. Bei einer möglichen Grundberührung schützt der die darüber liegenden Diesel- und Flugkraftstofftanks. „Im Bodenbereich gewährleistet diese Bauweise also eine mit einer Doppelhülle vergleichbare Sicherheit“, erklärt ein Sprecher des Marinekommados. Etwa die Hälfte der gesamten Dieselkraftstofftanks so wie die Tanks für Flugbenzin seien so geschützt.

Die andere Hälfte der Tanks für Dieselkraftstoff grenzt mit mindestens einer Seite direkt an die Außenhaut des Schiffes. Das ist natürlich weniger sicher als mit einer Doppelhülle. Auf sie zu verzichten hieße aber, die Nutzbarkeit signifikant einzuschränken, so das Marinekommando. Die Sicherheit werde dadurch jedoch nicht nachhaltig erhöht. Der Deutschen Marine ist jedenfalls kein Fall bekannt, wo einer der beiden Betriebsstofftanker wegen solcher Sicherheitsbedenken nicht in einen Hafen einlaufen durfte.

Vier Verletzte bei Unfall in Kiel

Aktuell gibt es wieder eine schlechte Nachricht von der Rhön. Als das Schiff am Montag in Kiel im Hafen lag und ein Beiboot zu Wasser gelassen wurde, stürzte das Boot ins Hafenbecken. Dabei wurden die vier Insassen verletzt. Allerdings nicht lebensgefährlich, wie eine Sprecherin des Marine-Kommandos auf Anfrage bestätigt. Eine Person liegt zur Vorbereitung einer OP allerdings noch auf Intensiv.

1974 vom Stapel gelaufen

Die „Rhön“ und die „Spessart“ gehören zur Klasse 704 der Versorgungsschiffe der Bundesmarine. Sie wurden in der Krögerwerft in Rendsburg gebaut und liefen 1974 als zivile Tanker für die dänische Reederei Terkildsen & Olsen vom Stapel. Sie sollten unter der Flagge des afrikanischen Landes Liberia über die Weltmeere fahren. Die „Rhön“ hatte damals den Namen „Okene“ und die Spessart hieß „Okapi“. Bereits nach kurzer Zeit wurden sie aber zum Verkauf angeboten. Die Bundesmarine erwarb die beiden Schiffe im März 1976 und stellte sie 1977 als Rhön (A1443) und Spessart (A1442) in Dienst. Beide Schiffe des Trossgeschwader der deutschen Marine sind in unterschiedlichen Standorten stationiert. Der Heimathafen der „Rhön“ ist Wilhelmshaven, die „Spessart“ ist in Kiel beheimatet.

Technische Daten: Die „Rhön“ hat eine Länge von 130 Metern und einen Breite von etwas mehr als 19 Metern. Angetrieben wird das Schiff von einem 12-Zylinder-Diesel mit einer Leistung von 5884 Kilowatt oder 8000 PS. Als Höchstgeschwindigkeit sind 16 Knoten oder umgerechnet 30 Stundenkilometer angegeben. Die Tankkapazität beträgt 11 500 Kubikmeter. Das sind umgerechnet 11,5 Millionen Liter. Wenn die Rhön voll beladen ist, hat sie einen Tiefgang von gut acht Metern. die 42 Mann starke Besatzung besteht übrigens nicht aus Soldaten, sondern aus Zivilisten.

 
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