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Gersfeld/Oberweißenbrunn
Der Rhönklub: Wie ein alter Verein neuen Schwung bekommt
Gegründet, um der armen Bevölkerung zu etwas Wohlstand zu verhelfen, ist der Rhönklub schon immer mehr als ein Wanderverein gewesen. Heute plagen auch ihn Nachwuchssorgen.
Wandern in der Rhön - alleine oder im Verein? Der Rhönklub war schon immer mehr als ein Wanderverein. 
Foto: Heike Beudert | Wandern in der Rhön - alleine oder im Verein? Der Rhönklub war schon immer mehr als ein Wanderverein. 
Folker Quack
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:31 Uhr

Als der Fuldaer Arzt, Dr. Justus Schneider, 1876 Menschen aus der ganzen Rhön nach Gersfeld (Lkr. Fulda) einlud, um einen Rhönklub zu gründen, ging es ihm vor allem darum, etwas gegen die Armut in dem von ihm so geliebten Mittelgebirge zu unternehmen. Er wollte die Rhön besser erschließen und vermarkten.

Ziel sollte sein, die Lebensverhältnisse der Rhöner Bevölkerung zu verbessern, ihnen ein bisschen mehr Wohlstand zu gönnen. Dazu sollten Logierhäuser und Wirtshäuser, Wanderhütten und Aussichtstürme gebaut, Ruhebänke und Wanderwege angelegt werden. Bis zu seinem Tod am 8. April 1904 blieb Schneider Präsident des Rhönklubs und des Fuldaer Zweigvereins.  

Beide Ämter hat heute Jürgen Reinhardt inne - und steht damit in bester Tradition zum Gründer des Klubs. Er bewundere Schneider, sagt Reinhardt. Heute sei es unvorstellbar, wie er ohne Telefon oder gar Handy die Menschen für den Verein immer wieder zusammenbrachte.  

Naturschutz und Bewahrung der Kultur ist dem Verein wichtig

Von Anfang an sei der Rhönklub kein reiner Wanderverein gewesen, erzählt Reinhardt. Bis heute seien der Naturschutz, die Bewahrung der Kultur und die Familienarbeit wichtige Aufgaben des Vereins. Unverzichtbar sei aber auch die Unterhaltung der Hütten und die Markierung der Wanderwege. Denn es sei ein Beitrag zum Naturschutz, wenn die Wanderer auf den Wegen blieben.       

Jürgen Reinhardt, hier bei der Heidelsteinfeier 2018, ist seit 2014 Präsident des Rhönklubs.
Foto: Marion Eckert | Jürgen Reinhardt, hier bei der Heidelsteinfeier 2018, ist seit 2014 Präsident des Rhönklubs.

Doch der vor fast 150 Jahren gegründete Verein ist auch vom Durchschnittsalter seiner Mitglieder ein "alter Verein", sagt Reinhardt. Leider würde die Jugend nicht in dem Maße dazukommen wie  früher. Waren 2010 noch fast 25 000 Mitglieder in 88 Zweigvereinen organisiert, sind es heute knapp 21 000 in 81 Zweigvereinen. "Ich bin kein Hellseher", sagt Reinhardt, "doch ich rechne damit, dass sich die Mitgliederzahl erst bei 15 000 bis 18 000 stabil einpendeln wird."

"Die Jugend wandert noch", ist sich Reinhardt sicher. Aber nicht mehr unbedingt im Verein. Sie hätten ihre Apps auf dem Handy, das Reinhardt gerne "plattgedrücktes Telefon" nennt, und würden sich dann von GPS leiten lassen. 

Ein Verein, der über drei Bundesländer hinweg wirkt

Der größte Verdienst des Rhönklubs ist für Reinhardt, dass dieser Verein seit bald 150 Jahren erfolgreich über drei Bundesländer hinweg wirke. Selbst während der deutschen Teilung habe man Kontakte nach Thüringen aufrecht erhalten, auch wenn es keinen offiziellen Austausch habe geben dürfen. Nach der Grenzöffnung habe man daran anknüpfen können und die alten Strukturen seien schnell wieder entstanden.

Selbst einige der alten Rhönklub-Hütten seien wieder aufgebaut worden. Wie zum Beispiel die Dermbacher Hütte auf dem Gläserberg: Sie sei vom Rhönklub 1922 errichtet, im Zweiten Weltkrieg zerstört und nach der Wende wieder aufgebaut worden.  

Blick auf die Dermbacher Hütte auf dem Gläserberg in der thüringischen Rhön. 
Foto: Jürgen Hüfner | Blick auf die Dermbacher Hütte auf dem Gläserberg in der thüringischen Rhön. 

Wie andere Verein auch, habe der Rhönklub ein Problem damit, Leute zu finden, die bereit seien, Verantwortung zu übernehmen. Jürgen Reinhardt ist nicht nur Präsident, sondern auch Hauptkulturwart. Andere Hauptvorstands-Posten sind nicht oder nur kommissarisch besetzt.   

Unbesetzte Vorstandsposten seien schon Grund für die Auflösung einiger Zweigvereine gewesen, berichtet Reinhardt. Und so stand 2018 auch der Ortsverein Oberweißenbrunn (Lkr. Rhön-Grabfeld) auf der Kippe. Hauptgrund für die Kehrtwende in Oberweißenbrunn sei gewesen, dass die Menschen im Ort den Rhönklub nicht verlieren wollten, sagt der heutige Vorsitzende, Bernhard Walter, der auch Vorsitzender der Region Saale/Sinn ist. Auf 530 Einwohner seien 300 Rhönklub-Mitglieder gekommen. Ziehe man die auswärtigen Mitstreiter ab, sei immer noch jeder zweite im Dorf beim Rhönklub. So hätte sich dann doch für die wichtigsten Vorstandspositionen ein schlagkräftiges Team gefunden.

Geführte E-Bike-Touren und Gesundheitsvorträge im Programm

Danach habe man sich gefragt, was außer dem Wandern den Rhönklub bei den Menschen attraktiv machen könne. So habe man Abenteuer-Vorträge ins Programm genommen und geführte E-Bike-Touren. Es gab Feierabend-Wanderungen und alle geführten Wanderungen hätten immer auch einen kulturellen Höhepunkt bekommen.

Nach der erzwungenen Corona-Auszeit wolle man zudem spezielle Veranstaltungen für Jugendliche und Gesundheitsvorträge organisieren. Schließlich sei Wandern gesund, warum nicht auch darüber hinaus etwas für die Gesundheit anbieten, habe man sich gefragt, so Walter.   

Auch auf E-Bikes lässt sich die Rhön erkunden. 
Foto: Daniel Peter | Auch auf E-Bikes lässt sich die Rhön erkunden. 

Auch andere Zweigvereine haben die Kehrtwende geschafft. Anfang 2020 musste Rhönklub-Präsident Jürgen Reinhardt zum Krisengespräch nach Stockheim bei Mellrichstadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) kommen. Dem Zweigverein drohte das Aus, weil sich niemand für die Vorstandsposten des über 100 Mitglieder starken Vereins finden ließ. Dies gelang dann doch, sogar der Bürgermeister übernahm ein Amt. Der Verein nahm neuen Schwung auf und hat heute 20 neue Mitglieder in seinen Reihen.

Die Vereinsserie "Unterfranken. Deine Vereine" zeigt, wie Vereine die Region bereichern. Alle Beiträge der Serie finden Sie gesammelt zum Nachlesen unter mainpost.de/dossier/vereinsserie-2021/

 
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