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Salz
Der Kaiserpfalz auf der Spur: Forscher legen Siedlung frei
Wie sah das Leben in der Region vor über 1000 Jahren aus? Das versuchen Archäologen in Salz herauszufinden. Grüne Flecken auf einem Acker spielen dabei ein große Rolle.
Studenten der Unis Tübingen und Jena verbringen ihre Ferien freiwillig im Matsch: Schicht für Schicht tragen sie im Grundriss eines Grubenhauses aus dem siebten Jahrhundert Erde ab.
Foto: Carolin Schulte | Studenten der Unis Tübingen und Jena verbringen ihre Ferien freiwillig im Matsch: Schicht für Schicht tragen sie im Grundriss eines Grubenhauses aus dem siebten Jahrhundert Erde ab.
Carolin Schulte
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:57 Uhr

Auf Schaumgummipolstern knien die Studenten auf dem Boden. Mit kleinen Kellen tragen sie Erde ab, schauen dabei genau hin: Wie verändert sich der Untergrund? Wo fängt eine neue Erdschicht an? "Putzen" nennt Grabungsleiterin Petra Wolters das.

Vier Wochen lang ist die Archäologin mit ihrem zehnköpfigen Team in Salz tätig, auf den Spuren des Pfalzgebietes Salz. Unweit der Schweinfurter Straße, etwa auf Höhe des Möbelhauses Angermüller, erforschen sie die Überreste einer Handwerkersiedlung, die vermutlich aus dem sechsten oder siebten Jahrhundert stammen.

Hier graben die Archäologen:

"Wir können heute mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass das Zentrum des Pfalzgebiets auf dem Veitsberg in Hohenroth war", erklärt Wolters, die dort von 2010 bis 2013 gegraben und die Ergebnisse in ihrer Doktorarbeit ausgewertet hat. "Wenn der König nach Salz kam, hat er also dort gelebt." Sie hält es für wahrscheinlich, dass Karl der Große die Pfalz Salz im Jahr 790 zum ersten Mal besucht hat.

Dunkelgrüne Flecken auf einem hellgrünen Acker sind der Grund, warum die Forscher nun in Salz graben. "Zur richtigen Jahreszeit kann man solche Flecken auf Luftbildern gut erkennen", erklärt Wolters. Die Flecken beschreiben grob die Grundrisse der sogenannten Grubenhäuser, denen das Team auf der Spur ist.

Warum wurde die Siedlung abgebrochen?

Diese Grubenhäuser lagen etwa einen halben bis einen Meter tief in die Erde eingelassen, eine Rampe führte herab zur Haustür. "Die Feuchtigkeit des Bodens war für manche Handwerke hilfreich: zum Beispiel in der Textilherstellung, um den Flachs weicher zu machen", so Wolters. Die Dächer waren mit Reet oder Schilf gedeckt. Wolters vermutet, dass die Grubenhäuser vor allem als Werkstätten genutzt wurden und die Handwerker in Gebäuden mit einer Pfostenbauweise gelebt haben. "Das ist eine Sache, die wir herausfinden wollen: ob es hier auch Pfostenhäuser gab."

Um das Jahr 1000 brechen die Hinweise auf die Siedlung ab. "Wir haben zwei Vermutungen, warum das so sein könnte, vielleicht treffen auch beide zu", sagt Wolters. Zum einen scheine es, als sei die Saale immer höher gestiegen. Die Siedlung war also irgendwann wohl nicht mehr sicher vor Hochwasser. Zum anderen finden sich die letzten Hinweise auf den Besuch eines Königs im Jahr 948. "Wir denken, dass die Handwerker hier für den Königshof produziert haben. Als der König nicht mehr kam, hatten sie keinen Abnehmer mehr für ihre Waren", erklärt Wolters. Später gibt es Hinweise auf eine Nachfolgesiedlung, die sich hangaufwärts Richtung des heutigen Ortskerns von Salz zog.

Petra Wolters und ihr Assistent Michael Machert leiten die Ausgrabung der Handwerkersiedlung in Salz.
Foto: Carolin Schulte | Petra Wolters und ihr Assistent Michael Machert leiten die Ausgrabung der Handwerkersiedlung in Salz.

Die Gruben der verlassenen Siedlung wurden dann mit fruchtbarem Humus-Boden gefüllt – der Grund, weshalb der Boden an diesen Stellen besonders nährstoffreich ist und aus der Luft als dunkelgrüner Fleck sichtbar wird.

Erdschichten werden im Labor untersucht

An der Grabungsstelle hat Wolters zunächst schweres Geschütz aufgefahren: Die oberste Humus-Schicht hat ein Bagger abgenommen. Zurück blieb eine etwa knietiefe, rechteckige Grube, in der sich die Grundrisse von drei Grubenhäusern dunkel abzeichnen. Ein schmaler Weg scheint zu dem einen Haus zu führen: "Hier war vermutlich die Rampe, die hinunter zur Eingangstür geführt hat", sagt Wolters.

Die rechteckige Grundfläche eines Hauses hat Wolters in vier gleich große Teile eingeteilt, zwei über Eck liegende Viertel wird das Team nun nach und nach ausheben. "So können wir bei den zwei Teilen, die zunächst stehen bleiben, die verschiedenen Erdschichten im Profil erkennen", erklärt Wolters die Vorgehensweise. Während sie die Erde abtragen, nehmen die Forscher aus jeder Schicht Proben, die anschließend im Labor untersucht werden. Kleine Funde wie etwa Scherben werden in Tüten verpackt und mit der genauen Fundstelle beschriftet.

Freiwillige engagieren sich bei den Grabungen

Ihr Team besteht aus Bachelor- und Masterstudenten, Doktoranden und einem Doktor der Universitäten Jena und Tübingen. Sie alle sind freiwillig in Salz, für ihre Arbeit bekommen sie lediglich eine kleine Aufwandsentschädigung.

Das Team lebt gemeinsam im alten Kindergarten in Salz, sie fahren mit dem Kindergartenbus der Stadt Bad Neustadt zur Grabungsstätte und zum Einkaufen, Bürgermeister Martin Schmitt hat ihnen für die Zeit einige Fahrräder organisiert. "Die Stadt und die Gemeinden, die die Grabungen finanzieren, unterstützen uns, wo es nur geht", freut sich Wolters. Unterstützt wird das Projekt außerdem vom Landesamt für Denkmalpflege.

Fotoserie

Bisher ist alles optimal gelaufen: "Wir haben die Grubenhäuser genau dort gefunden, wo wir sie vermutet haben", so Wolters. Nun müsse man eben hoffen, dass innerhalb des Hauses, das sie nun freilegen, vielleicht noch andere Schätze auftauchen.

Am kommenden Feiertag Mariä Himmelfahrt, 15. August, ist öffentlicher Grabungstag in Salz: Um 11 und 14 Uhr gibt es Führungen über das Gelände und Einblicke in die Arbeit der Archäologen.

 
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