Rund 550 Teilnehmerinnen und Teilnehmer besuchten am Samstag in Bad Königshofen eine Demonstration, die sich als Kundgebung für Demokratie und Freiheit verstand. Dass dem "Für" auch ein "Gegen" innewohnte, wurde immer wieder deutlich. Was hat Menschen zur Teilnahme motiviert? Wir haben 6 Demonstrierende gefragt, warum sie für Freiheit und Demokratie auf die Straße gehen.
Bernd Knahn fühlte sich vor allem vom Slogan "Wenn nicht jetzt, wann dann?" angesprochen
Bernd Knahn (74), der bis vor einigen Jahren ein Sportfachgeschäft in Bad Königshofen betrieb, fühlt sich vor allem vom Slogan "Wenn nicht jetzt, wann dann?" angesprochen. Er sieht starke Parallelen zu den Verhältnissen vor dem Zweiten Weltkrieg, als ebenfalls den wenigsten Befürwortern rechter Gedankeninhalte klar war, auf welche Katastrophe man zusteuerte. Sich und seine Mitbürgerinnen und Mitbürger sieht er in der Verantwortung, dafür zu sorgen, dass die Geschichte sich nicht wiederholt. Seine Hoffnung ist, dass sich ein Bewusstsein dafür in der Bevölkerung entwickelt und sich das auch im Wahlverhalten bemerkbar macht.
Für Hoshiyar Xano ist die Verteidigung der Demokratie wichtig
Hoshiyar Xano (20) stammt aus Syrien und wohnt seit 2016 mit seiner Familie in Bad Königshofen. Nach dem Abitur, das im kommenden Jahr ansteht, möchte er Medizin studieren und sich danach als Hausarzt niederlassen. Die Verteidigung der Demokratie ist ihm wichtig. Ausgrenzung aufgrund der Hautfarbe oder eines fremden Geburtslandes findet er schrecklich. Er möchte als Eingewanderter nicht in eine Schublade gesteckt werden. "Mit Rassismus habe ich noch keine krassen Erfahrungen gemacht. Gelegentlich kommen dumme Sprüche, die ignoriere ich einfach", berichtet er. Er möchte in einem Land leben, das sich weiterentwickelt und nicht zurück.
Eva Weigand will, dass ihre Kinder in einem toleranten Umfeld aufwachsen
Mit der ganzen Familie verfolgte Eva Weigand (33) aus Bad Königshofen die Demonstration. Die zweifache Mutter besuchte die Veranstaltung, weil sie dazu beitragen möchte, dass ihre Kinder in einem toleranten Umfeld aufwachsen und als Erwachsene ebenfalls in einem freien und demokratischen Land leben können. "Die Würde des Menschen ist unantastbar" ist ihr Leitbild. Alle Menschen seien gleich viel wert. Sie kennt viele hervorragend integrierte Migranten und empfindet sie als große Bereicherung.
Udo Maly hat Angst vor den Zielen der AFD
Die Angst vor den Zielen der AFD hat Udo Maly (66) aus Wülfershausen auf den Marktplatz geführt. Rechte Ideologien rufen bei ihm Erinnerungen an seine Familiengeschichte wach. Sein Vater wurde nach dem Zweiten Weltkrieg aus seiner Heimat Mähren in die Bundesrepublik ausgebürgert. Der Begriff Remigration hat für ihn deshalb eine besonders schreckliche Bedeutung. Die Familie lebte hier zunächst in bitterster Armut. Er kann nicht verstehen, dass es Menschen gibt, die anderen so etwas antun wollen. Ehrenamtlich setzt er sich für die Ukrainehilfe in Münnerstadt ein. Es gibt aber Gruppen, die diese Arbeit ablehnen und Flüchtlinge wie Mitarbeiter mal offen, meist aber verdeckt anfeinden. Seinem Kollegen habe man auch schon mal die Reifen platt gestochen. Mit seinem Kommen möchte er ein Zeichen setzen für ein friedliches Miteinander.
Charlotte Zado wünscht sich, dass die schweigende Mehrheit sich jetzt äußert
Seit September letzten Jahres lebt Charlotte Zado (18) in Bad Königshofen. Sie besucht die Berufsfachschule für Musik und stammt aus Perleberg in Brandenburg. Dort hat sie bereits reichlich Erfahrungen mit rechtem Gedankengut machen müssen, die Mehrheit der jungen Männer dort sei in der rechten Szene aktiv. Drohungen und Gewalt gegen Andersdenkende seien an der Tagesordnung. Diese Situation hat sie sehr belastet. Umso erschrockener war sie, als sie die freitäglichen "Spaziergänger" in Bad Königshofen erleben musste. Sie möchte für das demonstrieren, was sie bewegt, und wünscht sich, dass die schweigende Mehrheit sich jetzt äußert und darauf aufmerksam macht, was in unserem Land gerade passiert.
Nie wieder solle jemand aufgrund seiner Herkunft gedemütigt werden, sagt Jutta Krämer
Für Jutta Krämers Haltung zum Rechtsextremismus steht ein Zitat von Gerhard Bronner (1922-2007), einem Wiener Juden, dessen Eltern in einem Vernichtungslager ums Leben kamen. Sie trägt den Text auf einem Plakat mit sich: "Es gibt drei Dinge, die sich nicht vereinen lassen: Intelligenz, Anständigkeit und Nationalsozialismus. Man kann intelligent und Nazi sein. Dann ist man nicht anständig. Man kann anständig und Nazi sein. Dann ist man nicht intelligent. Und man kann anständig und intelligent sein. Dann ist man kein Nazi." Nie wieder solle jemand aufgrund seiner Herkunft gedemütigt werden und die Grundlage dafür müsse jetzt gelegt werden.
Alle Teilnehmenden eint die aufrichtige Sorge darum, dass Freiheit und Demokratie durch extreme politische Ausrichtungen Schaden nehmen könnten.