Der Einzelhandel in den Innenstädten war schon vor der Corona-Pandemie wegen der zunehmenden Online-Bestellungen in schwieriges Fahrwasser geraten. Das Auf und Ab im vergangenen Jahr mit Öffnungen und Schließungen je nach Infektionslage verschlimmerte die Lage noch erheblich. Zwar gab und gibt es staatliche Unterstützungszahlungen, doch die fließen meist langsam, sind mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden und reichen natürlich hinten und vorne nicht. Immerhin können sich die Bad Königshöfer aber auf ihre treue Kundschaft verlassen, wie Carmen Lang, die Vorsitzende der gut 100 Mitglieder starken Werbegemeinschaft in einem Gespräch mit dieser Redaktion betonte. Unter den Mitgliedern sind 32 Einzelhändler.
Carmen Lang gewährte auch Einblick in ihre persönliche Lage. Als Einzelhändlerin ihrer Größe standen ihr im Frühjahr und Sommer vergangenen Jahres maximal 9000 Euro an Soforthilfen zu. Die erste Rate in Höhe von 5000 Euro sei nach Ausfüllen des Fragebogens recht schnell gekommen. Als dann aber dann wenige Wochen später nur 2500 statt der erhofften 4000 Euro gewährt wurden, obwohl sie genau die gleichen Angaben gemacht hatte, wie beim ersten Mal, fragte die Besitzerin des Baby- und Teenieshops Bambino nach.
Nicht alle Ausgaben werden erstattet
Die nette Frau in der Verteilungsstelle in München habe ihr erklärt, dass einige der eingereichten Ausgaben nicht erstattet würden. Vor Ausreichung der ersten Rate sei dies aber zunächst nicht geprüft worden, weil die Zahlungen ja schnell erfolgen sollten. Neben Mietkosten, Gas, Strom, Versicherungen, Kredit- und Leasingraten für geschäftliche Dinge hatte Carmen Lang auch Rechnungen angegeben, die aber nicht anerkannt werden, wie sie beim Gespräch erfahren hat. Jetzt rechnet sie damit, einen Teil der ersten Rate zurückzahlen zu müssen.
Die Vorsitzende der Werbegemeinschaft weiß von einer ganzen Reihe von Bad Königshöfer Geschäftsleuten, die in einer ähnlichen Situation sind. Die grassierende Unsicherheit hat mittlerweile schon teils besorgniserregende Dimensionen erreicht. Es gebe Betroffene, die sich gar nicht mehr trauen, Hilfsanträge zu stellen, weil sie fürchten, durch versehentliche Falschangaben irgendwann strafrechtlich verfolgt zu werden, sagt Eva Tittel von der in Bad Königshofen beheimateten Steuerberatungsgesellschaft Heumann.
Vorschriften werden ständig geändert
Die diplomierte Betriebswirtin befasst sich intensiv mit dem Regelwerk der Corona-Hilfen, weil die neuerlichen Hilfen für November und Dezember ohne ausreichende Fachkenntnis nicht beantragt werden können. Ein mühsames Geschäft, zumal ständig Vorschriften geändert würden, wie Eva Tittel sagt, die für etwa 20 Kunden in Sachen Corona tätig ist. Die Abschlagszahlungen für November seien noch ziemlich rasch nach der Beantragung Mitte Dezember eingegangen, auf die ersten Bewilligungsbescheide für den Rest habe man bis Mitte Januar warten müssen. Nicht vor Mitte März rechnet sie mit den Dezemberhilfen.
Bei allen Sorgen ist Werbegemeinschaftsvorsitzende Lang froh über die treuen Kunden, die jetzt auch trotz des hohen Aufwandes beim Click- und Collect-Service mitmachen. Dabei bestellen Kunden über die Website des Geschäftes Artikel und holen sie vor Ort ab. "Das ist sehr nett von den Kunden, dass sie uns so unterstützen", sagt Carmen Lang. Trotzdem hegt sie ein wenig den Verdacht, dass manche Menschen Hemmungen haben, zum Telefonhörer zu greifen, weil sie vielleicht glauben, zu stören. "Wir freuen uns über jeden Anruf", verspricht sie auch im Namen der anderen Einzelhändler.
Mancher Service ist enorm. So hat etwa das Schuhhaus Rambacher im Dezember nach telefonischer Bestellung eine Auswahl Schuhe zum Kunden gebracht und dann später wieder abgeholt. Um so mehr ärgert sich Gaby Neugebauer, die zusammen mit ihrer Schwester Sabine Guck das Geschäft seit 24 Jahren leitet, dass in so schweren Zeiten Discounter auch Schuhe verkaufen dürfen. Und sie fragt sich: "Sind wir nicht auch systemrelevant, wenn im Winter Menschen ohne Schuhe dastehen?"