Willi Sturm (Hollstadt) bringt es auf den Punkt. "Wenn ich sehe, was Ihr jetzt für eine Ausrüstung habt. Kein Vergleich zu uns damals!" Der rüstige 79-Jährige betrachtet in seiner rotblauen Bergwacht-Jacke den wendigen Allrad-SUV, den Bereitschaftsleiter Oliver Scheuplein (Heustreu) einparkt. "Wir waren froh, als wir damals einen geländegängigen Bulli hatten. Aber: Wenn du mit dem dreimal hoch zum Kreuzberg gefahren bist, war der Tank leer!"
Jugend und Erfahrung in der Bereitschaft
Zeiten und Techniken ändern sich. Das kann man gerade an der Bergwacht Bereitschaft Bischofsheim nachvollziehen. Sie feiert am Wochenende ihr 50-Jähriges. Dabei wird auch die erweiterte Hütte am Kreuzberg eingeweiht. Am Bau dieser Hütte haben sowohl Willi Sturm als auch Johannes Neumann (Haselbach) mitgearbeitet. Sturm steht als einer der ältesten Mitglieder für die Anfänge der Bereitschaft, der 21-jährige Haselbacher für die Zukunft der Bergwacht Bischofsheim, wie sie jetzt heißt.
Gründungsantrag wurde verwehrt
"Das war damals ein rechtes Hin und Her", erinnert sich Sturm. Bereits 1968 hatten Skifahrer des Rhönklubs Bad Neustadt eine Bergrettung initiieren wollen. Nach dem regen Liftbau in der Rhön hatten sie den Bedarf erkannt, zumal die Sanitätskolonne Haselbach mit dem Ansturm der Wintersportler "personell und technisch" kaum zurechtkam. An das BRK-Präsidium stellten sie schnell den Antrag, eine Bergwacht in der Rhön zu gründen. Das wurde den Rhönern aber verwehrt - aus organisatorischen Gründen, wie es damals aus München hieß.
"Im September des nächsten Jahres haben wir trotzdem eine Bereitschaft Bad Neustadt mit 30 Mitgliedern gegründet." Willi Sturm, der gebürtige Wegfurter, zählte dazu. "Vom Baugeschäft Manger haben wir einen beheizbaren Bauwagen bekommen, den wir am Kreuzberg aufgestellt haben", erzählt der drahtige Bergwachtler, der bald seinen 80. feiert. Mit diversem Winterrettungsgerät aus München haben die wackeren Rhöner ihren Dienst im Dezember 1969 aufgenommen - und nach der ersten Saison stolz ihre Einsätze präsentiert (1060 Dienststunden, 88 Einsätze, davon 69 Bein-, sechs Arm- und acht Kopfverletzungen, drei Schnittwunden sowie je eine Becken- und Rückenverletzung).
Das Okay kam nach geheimer Nachtsitzung
Nur: Das Ganze war offiziell noch gar nicht genehmigt aus Sicht des Bergwacht-Präsidiums. Nach heftigem Briefwechsel kam am 20. September 1970 eine Abordnung aller bayerischen Bergwacht-Abschnitte in die Rhön. Nach einer spannungsgeladenen Besprechung, an der der BRK-Kreisvorsitzende Theo Schleicher, BRK-Kreisgeschäftsführer Hans Wolf, Amtsrat Theo Korb und die Aktiven Karl-Walter Ochs, Hubert Diegelmann, Rudolf Skala, Hans Ludwig, Dieter und Reinhart Gros teilnahmen, ging es nochmals an die Lifte an Kreuz-, Arns- und Feuerberg. "Das brachte dann die Wende", erinnert sich Sturm. Und danach wurde in einer geheimen Nachtsitzung die Gründung eines eigenen Bergwacht-Abschnittes Rhön beschlossen. Das wurde bei der Landesausschuss-Sitzung am 14. November in Dachau bestätigt.
Erster Abschnittsleiter wurde Hans Ludwig aus Bad Neustadt. "Dem Hans, Theo Korb und Otto Bayer ist es zu verdanken, dass wir 1971 eine Hütte bauen konnten. Das war eine ganz schöne Plackerei, bis wir bei dem Basalt dort oben das Fundament ausgehoben hatten. Alles mit Pickel und Schaufel!", schwitzt Willi Sturm 48 Jahre später immer noch.
Über das Skifahren zur Bereitschaft
Der Hollstädter ist durch sein Faible zum Skifahren Bergwachtler geworden. "Ich war beim Skiklub in Neustadt. Und da hieß es, 'das machen wir jetzt!' Dann haben wir es eben gemacht und waren Bergwachtler", sagt Sturm verschmitzt. Johannes Neumann nahm sein bester Kumpel Lukas Leiber mit zur Bereitschaft. "Ich bin Feuerwehrmann und weiß, wie wichtig Helfen ist!" Für den Mechatroniker-Azubi bei Preh standen kurz vor dem Jubiläum die letzten Prüfungen an. 30 Theorie-Fragen zum Rettungsverfahren und praktische Übungen wie einen Schweizer Flaschenzug oder Seilverlängerungen musste er da zeigen. "Acht bis zehn Stunden in der Woche habe ich dann schon aufgewendet für die Vorbereitung", bestätigt er.
Wer aktiv in der Bergwacht ist, muss jedes Jahr einmal zur Rezertifizierung seiner Kenntnisse nach Bad Tölz. Da werden Techniken wie Reanimation, Höhenrettung und Seilbahn-Evakuierung aufgefrischt und geprüft. Dass die blau-roten Kräfte das nicht nur im Winter beweisen müssen, bestätigt Bereitschaftsleiter Scheuplein: "Vor zwei Wochen waren wir als Höhenretter für Geiselwind voralarmiert und wenn die Rhönklinikum-Seilbahn kommt, sind wir natürlich auch gefragt." Bei Vermisstensuchen sind sie dabei, haben gar eine Drohne im Einsatz. Auch bei Verletzungen von Radfahrern und Gleitschirm-Fliegern werden sie schnell alarmiert. "Meist liegen die in unwegsamem Gelände. Da greifen wir ein, um die Verletzten zum Hubschrauber zu transportieren", so Scheuplein.
Willi Sturm erinnert sich an eine Rotte holländischer Fallschirm-Springer. Sie waren bei einem Manöver in der Rhön samt und sonders im Wald gelandet. "Die mussten wir alle von den Bäumen holen", lacht der ehemalige kaufmännische Angestellte bei Siemens. Bei anderen Einsätzen gibt es eher weniger zu lachen. "Da muss man professionell mit umgehen", weiß schon der junge Neumann.
Bergwacht macht auch Naturschutz
Die Bergwacht macht Sach-, Mensch- und Tierrettung und ist auch für Naturschutz da. Die Bereitschaft Rhön hat in ihrem Jubiläumsjahr 26 Mitglieder, davon sind 21 aktiv, vier Anwärter, einer ist derzeit inaktiv. Sie kann aber auf 51 Fördermitglieder bauen. In diesem Jahr hatte sie 24 Einsätze (drei Radunfälle, vier beim Laufen, neun beim Wandern und sechs Sonstige). Auffällig sind die Einsätze beim Skispringen: bayernweit gab es drei, zwei davon waren in Haselbach.
Nicht zuletzt für diese Einsätze musste die Hütte auch vergrößert werden. Nun gibt es einen eigenen Sanitätsraum, der separat abtrennbar ist. "Da können sich Erschöpfte ausruhen und aufwärmen", erklärt Oliver Scheuplein. In einem Anbau ist jetzt auch der Akia besser untergebracht. Für diese Hütte wurden bisher 52 000 Euro an Materialkosten (inklusive Fenster, Boden und Zimmererarbeiten) sowie 2500 Arbeitsstunden aufgewendet.
Sieben Einsätze hintereinander
Mit einem schönen Ausblick auf die Kreuzbergpisten, das Brendtal und die Hochrhön lässt es sich im Dienst dort aushalten. Und die Geselligkeit darf auch nicht zu kurz kommen. "Ich kann mich an einen Winternachmittag erinnern, als wir schon schön gesungen haben - und dann hintereinander noch zu sieben Einsätzen gerufen wurden", erzählt Willi Sturm. Genau dafür sind Bergretter wie er und Johannes Neumann ja da.
50 Jahre Bergwacht Rhön: Die Jubiläumsfeierlichkeiten beginnen am Samstag, 21. September, mit einem Festabend samt Ehrungen um 18 Uhr im Rentamt in Bischofsheim. Am Sonntag ist Festbetrieb ab 10.30 Uhr an der Hütte am Kreuzberg. Sie kann besichtigt werden. Die Segnung findet um 14 Uhr bei einem Berggottesdienst statt.