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OSTHEIM
Bierkästen statt Munitionskisten
Braumeister Stephan Kowalsky in der neuen „BrauFabrik“ mit einem frisch gezapften Glas Rhönpiraten-Bier.
Foto: Josef Kleinhenz | Braumeister Stephan Kowalsky in der neuen „BrauFabrik“ mit einem frisch gezapften Glas Rhönpiraten-Bier.
Josef Kleinhenz
 und  Thomas Pfeuffer
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:44 Uhr

Ostheim ist eine Stadt mit Brautradition. Und nicht zuletzt deshalb hat sich Stephan Kowalsky mit seiner kleinen Privatbrauerei – den „Rhönpiraten“ – genau hier niedergelassen.

Arbeit bis tief in die Nacht

„Für mich wird da ein Traum wahr“. Man sieht Kowalsky seine Begeisterung regelrecht an, wie er da in den Räumen seiner „neuen Brauerei“ in der ehemaligen Ostheimer Scheermühle steht. Davon, dass so ein Traum allerdings enorm viel Arbeit oft bis tief in die Nacht bedeuten kann, weiß seine Frau Claudia.

In der Tat, auch wenn man es sich in den Tagen zuvor in Anbetracht der zahlreichen Handwerker auf dem Gelände noch nicht so recht vorstellen kann, ab diesen Donnerstag sollen die Arbeiten soweit abgeschlossen sein, dass die neue Brauerei samt einem neuen Biergarten unter dem Motto „aus Holzfabrik wird Braufabrik“ an drei Tagen feierlich eröffnet werden kann.

Beginn im Keller

Die Idee von Stephan Kowalsky, sich selbstständig zu machen, entstand aus seiner Leidenschaft, Bier zu brauen. Seine größte Herausforderung als Existenzgründer war es, so Kowalsky, vom Bionade-Geschäftsführer zurück zu den Wurzeln der Braukunst zu gelangen, eine Brauerei einzurichten und sich an den Braukessel zu stellen. Das hat er nach eigenem Bekunden bis heute nicht bereut. Erste Gehversuche mit der Brauerei wagte der heute 47-jährige Existenzgründer im April 2012 im hauseigenen Keller. Die Versuche waren so erfolgreich, dass er beschloss, sein Projekt zu professionalisieren und auf größere Beine zu stellen.

Wechselvolle Geschichte

So rückte die ehemalige „Holzfabrik“, wie sie in Ostheim genannt wird, in seinen Blickpunkt. Nach einer wechselhaften Geschichte waren das Gelände samt Firmengebäude, in dem in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zahlreiche Ostheimer bei der Produktion von Griffelkästen und später von Munitionskisten ein Auskommen fanden, in den Besitz seiner Mutter, Sigrid Peter-Leipold (71), gekommen. Die verpachtete ihm Gebäude und eine Teilfläche, während der Rest von Bionade genutzt wird.

Wie vor 100 Jahren

„Es war eine Ruine“, beschreibt Kowalsky den Zustand des Gebäudes, als die Arbeiten im März des vergangenen Jahres anliefen.“ Es musste komplett saniert werden. Die erste wichtige Etappe war Ende 2017 erreicht, als die Brauerei in den neuen Räumlichkeiten den Betrieb aufnahm. Braumeister Kowalsky, früher Geschäftsführer von Bionade, stellt hier seither acht biozertifizierten Bierspezialitäten auf Basis des Reinheitsgebots nach alten Rezepten her und bringt sie auf den Markt. Hopfen, Gerste, Malz und Wasser naturbelassen zu Bier zu brauen „wie vor 100 Jahren“, beschreibt er seine Philosophie.

Nun folgt die zweite Etappe. Um sein Geschäft auf mehrere Beine zu stellen, sollen Brauereiführungen angeboten und auf dem Gelände am Streuufer ein Biergarten eröffnet werden. Dazu entstanden unter anderem eine Küche mit Ausschank, ein „Show-Room“ mit Verkostungsbereich für die Führungen und Sanitäranlagen.

Zukunftspläne

Dem Brauereichef schwebt vor, ihr das gesamte Areal von einem Hektar Fläche abzukaufen. Damit möchte er – so seine Zukunftsplänen – die Chance nutzen, einen größeren Biergarten und (Tages-)Campingplatz zu installieren und die Brauerei weiter auszuweiten. Damit würde der Betrieb auf weitere Standbeine gestellt. Eine Abfüll- oder Reinigungsmaschine anzuschaffen, ist ein weiteres Ziel des frischen Unternehmers. Im Moment werden die Flaschenbiere noch von Hand abgefüllt und etikettiert, während die Flaschenreinigung extern erfolgt.

Ein Glücksfall ist es auch, dass er einen Rentner als Brauer und Mälzer anstellen konnte und einen versierten Elektriker sowie seine Frau Claudia (45) als Allrounderin. Das Personal besteht daneben im Moment aus drei flexiblen Teilzeitkräften und wird eher familiär geführt.

Rohstoffe aus der Region

Rohstoffe zum Brauen aus der Region werden von Stephan Kowalsky bevorzugt eingesetzt, denn es geht ihm auch um das Gefühl von Heimat und Vertrauen. Den Gersten- und Weizenmalz bezieht er daher von der Rhön-Malz Lang aus Mellrichstadt nicht weit vom Betriebsstandort entfernt; den Hopfen aus der Oberpfalz.

Kowalsky verfolgt diese Ziele, um letztlich auch das Angebot des Ostheimer Fremdenverkehrs zu unterstützen: „Die Rhönpiraten wollen die heimische Braukunst und den Wachstumsmarkt Urlaub in Deutschland nach dem Slow-Food-Gedanken miteinander verknüpfen“. Erst kürzlich sei Ostheim das Siegel „Genussort Bayern“ verliehen worden. Bei der Vergabe habe das Staatsministerium erklärt: „Ostheim zeichnet sich durch eine besonders gelungene Kombination aus ortstypischen Spezialitäten, handwerklicher Herstellung und gelebtem Genuss aus“. Dazu möchte der Braumeister der „Rhönpiraten“ mit seinem „speziellem Bier für Individualisten“ ebenfalls einen Beitrag leisten.

Seniorennachmittag, Festakt und Biergarteneröffnung: Das Festprogramm

Die Brauereieröffnung wird diesen Donnerstag, am Samstag und am 1. Mai gefeiert. Den Auftakt bildet diesen Donnerstag von 15 bis 18 Uhr ein Seniorennachmittag mit einem Unterhaltungsangebot. Verbunden wird das Beisammensein natürlich mit einer Brauereibesichtigung.

Ein „Tag der offenen Tür“ beginnt am Samstag ab15 Uhr. Nach dem Festbieranstich sind die Gäste eingeladen, wiederum an einer Brauereiführung teilzunehmen. Ab 16 Uhr gibt es Live-Musik, um 18 Uhr steigt im 500 Sitzplätze fassenden Zelt ein Festakt. Für den nötigen Schwung sorgt dabei eine Stimmungskapelle. Der Eintritt ist frei.

Am Dienstag, 1. Mai, wird dann offiziell der Start in die neue Biergartensaison gefeiert. Los geht?s um 10 Uhr mit Live-Musik. Für Kinder gibt es einen „Piratenspielplatz“. Für die Erwachsenen dürfte ein „Rohstofflehrpfad“ von Interesse sein, der die natürlichen Rohstoffe der Rhönpiraten-Biere erfahrbar machen soll.

Die letzten Arbeiten laufen: Damit Besucher wissen, dass sie hier richtig sind, wird das Brauereischild angebracht.
Foto: Thomas Pfeuffer | Die letzten Arbeiten laufen: Damit Besucher wissen, dass sie hier richtig sind, wird das Brauereischild angebracht.
 
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