
Das Ergebnis der Landtagswahl mit dem höchsten Stimmanteil der AfD in Unterfranken macht auch die Einwohner der betroffenen Gemeinde Willmars fassungslos. Nach einem Presseartikel der vergangenen Woche begaben sich auch die Teilnehmer der Bürgerversammlung auf Suche nach den Gründen für das Wahlverhalten von zahlreichen Mitbewohnern. Eine eindeutige Erklärung gab es nicht, nur die einhellige Ansicht, dass es in der Gemeinde keine rechte Szene, sondern lediglich Protestwähler gebe.
"Ich war entsetzt, als ich die Zahlen las", fasste Reinhold Herbst nach dem Bericht von Bürgermeister Reimund Voß die Stimmung unter den Anwesenden zusammen. Auch Herbst hatte keine eindeutigen Gründe parat, erinnerte vielmehr daran, dass noch nicht vor langer Zeit Willmars eine SPD-"Hochburg" gewesen sei, und dass wohl existenzielle Ängste und umstrittene politische Entscheidungen eine Rolle bei der Stimmabgabe gespielt haben müssten.
Darüber hinaus warf Herbst aber auch der Gemeinde Untätigkeit vor. "In den letzten 20 Jahren hat sich nichts getan, um die Gemeinde attraktiver zu machen", behauptete Herbst. Kevin Lörzer ergänzte, dass es nicht einmal einen Jugendtreff gebe, obwohl der seit längerem angemahnt werde.
Ein weiteres Indiz für kontraproduktive Arbeit des Gemeinderats sei die Entscheidung zum geplanten Verkauf der Zollhäuser in Willmars, den Michael Emmert massiv anprangerte. Für ihn sei die Vorgehensweise mit dem Einschalten eines Maklers und eines seines Erachtens nach viel zu niedrigen Verkaufspreises nicht nachvollziehbar.
Die Gemeinde habe die beiden Häuser einst mit der Absicht erworben, günstigen Wohnraum für junge Leute bereitzustellen, beteuerte Emmert. In der Anzeige werde hingegen geworben, dass Investoren durch Erhöhung der Miete eine attraktive Rendite erzielen könnten. Eine Frau forderte unter Applaus zahlreicher Teilnehmer, den Verkauf sofort zu stoppen.
Dritter Bürgermeisterin Silvana Glaß machte hingegen auf einen hohen Sanierungsstau aufmerksam, den die Gemeinde nur schwer finanzieren könne. Bürgermeister Reimund Voß notierte sich jedoch den Einwand und will das Thema noch einmal erörtern.
Die eingeschränkte Handlungsmöglichkeit und eine vermeintlich fehlende Entwicklung erklärt sich allerdings auch aus den Haushaltszahlen und Einwohnerstatistik, die der Bürgermeister eingangs seiner Ausführungen vorstellte. Die Bevölkerungsentwicklung weise einen kontinuierlich nach unten gerichteten Trend auf. Dabei sei die Einkommensteuerbeteiligung die zweitwichtigste Einnahmequelle der Gemeinde. An Gewerbesteuer werde in diesem Jahr gerade noch 50.000 Euro erwartet, eine Stabilisierungshilfe bleibe in diesem Jahr aus.
Die Gemeinde muss vielmehr für ihre Verhältnisse kräftig in die Sanierung der ehemaligen Schule investieren, was dann den Schuldenstand auf bald 1200 Euro je Einwohner fast verdreifachen lässt. Als Voß erwähnte, dass in dem Projekt auch der Einbau einer Hackschnitzelheizung berücksichtigt ist, regte Reinhold Herbst den Ausbau eines Nahwärmenetze an. Voß verwies hingegen auf eine Stellungnahme eines Ingenieurbüros, das für den ländliche Raum eher auf Wärmepumpen setzt.
Trotz knapper Mittel hat sich die Gemeinde aber der Bayerischen Gigabitrichtlinie angeschlossen und will bei einer Förderung von 90 Prozent einen Vollausbau des Breitbandnetzes anstreben, fuhr Voß fort. Dazu wird im November eine Informationsveranstaltung in Fladungen angeboten.
Zu guter Letzt wies Voß auf die geplante Ausweisung eines Wanderwegs als Extratour des Hochrhöners rund um Willmars hin. Das Vorhaben soll schon in den nächsten Tagen angegangen werden. Aus Mitteln des Regionalbudgets wurde die Einrichtung eines Erzähl- und Singcafés bestritten, während die Freischaltung einer Gemeinde-App voraussichtlich erst gegen Ende des Jahres vorgesehen ist.