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Wollbach
Bayern will eigenes Ladenschlussgesetz: Bleibt der 24-Stunden-Supermarkt Tante Enso in Wollbach bald sonntags zu?
Der Tante Enso Mini-Supermarkt in Wollbach hat durchgehend geöffnet. Ob das so bleibt, ist unklar. Warum ein neues Gesetz die Zukunft des Ladens bedrohen könnte.
Noch kann man auch sonntags bei Tante Enso in Wollbach einkaufen. Bleibt es auch künftig so?
Foto: Klaus-Dieter Hahn | Noch kann man auch sonntags bei Tante Enso in Wollbach einkaufen. Bleibt es auch künftig so?
Klaus-Dieter Hahn
 |  aktualisiert: 05.06.2024 02:43 Uhr

Mal kurz am Ostersonntag schnell noch die fehlende Schlagsahne einkaufen oder für die zu Besuch weilenden Enkel die heiß geliebten Bananen besorgen: Der Tante-Enso-Laden in Wollbach machte es bislang möglich, auch an Sonn- und Feiertagen dringende Besorgungen zu erledigen. Ob das so bleibt, hängt von der Bayerischen Staatsregierung ab, die bald ein eigenes Ladenschlussgesetz erlassen will.

Bisher gilt auch in Bayern noch das alte Bundesladenschlussgesetz aus den 1950er-Jahren. Das Ladenschlussgesetz, das nun für Bayern erlassen werden soll, soll neben weiteren langen Einkaufsnächsten auch den Betrieb sogenannter digitaler Kleinstsupermärkte gesetzlich regeln. So sieht es auch der Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern vor. Beides ist im bisherigen Gesetz nur unzureichend festgelegt.

Nur Läden unter 100 Quadratmeter sollen durchgehend öffnen dürfen

Der Grund: Gerichte in Hamburg und Hessen haben entschieden, dass es sich bei den digitalen Kleinstsupermärkten nicht um Automaten, sondern um Verkaufsstellen handelt, die wiederum an die Ladenöffnungszeiten gebunden sind. Allerdings soll nach den bayerischen Vorstellungen die durchgehende Öffnung jedoch Läden erlaubt sein, deren Verkaufsfläche nicht größer als 100 Quadratmeter und in denen kein Verkaufspersonal anwesend ist. Weitere Einschränkungen soll es geben, wenn auch sonntags oder feiertags geöffnet sein soll: etwa eine Beschränkung der Öffnungszeiten oder des Warensortiments.

Welche Auswirkungen hätten diese gesetzlichen Änderungen auf den "Tante Enso"- Mini-Supermarkt in Wollbach? Dazu äußerte sich der Mitbegründer und Sprecher des Vorstands des Bremer Unternehmens "Tante Enso", Norbert Hegmann, gegenüber dieser Redaktion.

Frage: Wie hoch ist im Wollbacher "Tante-Enso"-Laden der Umsatz an Sonntagen?

Norbert Hegmann: Aktuell werden circa 18 bis 20 Prozent der Gesamtumsätze an Sonn- und Feiertagen in Wollbach generiert.

Sind an Sonntagen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter im Laden beschäftigt und füllen zum Beispiel Regale mit Waren auf?

Hegmann: Nein, es finden zu keinem Zeitpunkt an Sonn- und Feiertagen Arbeiten im Geschäft statt.

Der "Tante-Enso-Laden" in Wollbach weist als digitaler Kleinstsupermarkt mit Vollsortiment und ohne Verkaufspersonal mehr als 100 Quadratmeter Verkaufsfläche auf. Er müsste, wenn ein solches Gesetz wie oben dargestellt erlassen wird, sonntags schließen und seine Öffnungszeiten anpassen. Wäre diese Situation existenzgefährdend? 

Hegmann: Der Tante-Enso-Store in Wollbach hat etwa 260 Quadratmeter Verkaufsfläche. Wir haben an den vielen Tante Enso-Standorten gelernt, dass sich die Menschen ein Haushalts-Vollsortiment wünschen, um den täglichen Bedarf an Lebensmitteln vollständig abdecken zu können. Hierbei benötigen wir mindestens 200 bis maximal 300 Quadratmeter, um etwa 3000 bis 4000 Artikel vor Ort anbieten zu können. Wir sind ausschließlich in kleineren Orten (weniger als 3000 Menschen), die es schwer haben, eine fußläufige Lebensmittelversorgung zu erhalten oder zu halten. Mit unserem 24/7 -Konzept können wir die geringen Potenziale in diesen Orten sehr gut erschließen. Der Verlust von bis zu 20 Prozent würde in Wollbach einen sehr großen Einschnitt bedeuten und gegebenenfalls auch die Wirtschaftlichkeit des Standortes bedrohen.

Gibt es Lösungswege oder Alternativen für den Wollbacher Laden?

Hegmann: Eine Möglichkeit sehen wir darin, den öffentlichen Zutritt für jedermann einzuschränken und die Tante Enso-Geschäfte nur für eine geschlossene Gruppe zu öffnen. Hier denken wir an die Teilhaber der Genossenschaft. Wir sind mit einer renommierten Kanzlei für Verwaltungsrecht dabei, alternative Lösungen zu entwickeln, um die Versorgung in den Orten weiterhin wirtschaftlich anbieten zu können. Alternativ könnte eine Sonderregelung für Dorfgeschäfte in die Gesetzgebung eingearbeitet werden.

Wie stellt sich Tante Enso dieser Problematik? Können die Läden bei einer Sonntagsschließung noch wirtschaftlich betrieben werden?

Hegmann: Eine Schließung an Sonntagen wird dazu führen, dass ein Teil unserer Filialen nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden kann. Wir suchen einen Weg, der für Verwaltungen und uns möglichst mit geringem Aufwand nutzbar gemacht werden kann. Wir sind in vielen Bundesländern in einem sehr guten Austausch und hoffen auf baldige Lösungswege.

Was meint die Kundschaft? Wie stark frequentiert ist der Laden zwischen 22 und 6 Uhr?

Hegmann: Wir haben unsere Kunden befragt und dabei die hohe Bedeutung von 24/7 als Antwort erhalten: 71 Prozent halten die durchgehende Öffnung für sehr wichtig oder wichtig. Die Nutzung der Tante Enso-Geschäfte zwischen 22 und 6 Uhr ist aber sehr selten. Es kommt pro Standort nur zu wenigen Einkäufen pro Monat in diesem Zeitfenster.

 
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