
Die Pandemie ist abgehakt, die Energiekrise scheint auszuklingen: Schon hoffen viele Vertreter aus dem Handwerk, dass das Schlimmste überstanden ist. "Vorsicht", warnte Bäcker-Innungsobermeister Ullrich Amthor im Winter, "wir sind da noch nicht durch".
Und er sollte Recht behalten. Inzwischen bekommen vor allem kleine Betriebe die Rechnung für staatliche Unterstützung. Insbesondere haben Corona-Hilfe und Strompreisbremse ihre Tücken und bringen einstige Nutznießer jetzt in existenzielle Bedrängnis.
Die Tücken von Corona-Hilfen und Strompreisbremse
Schon im November hatte der Bäckerfunktionär bei einem von ihm initiierten Krisengespräch in Würzburg bayerische Landtagsabgeordnete auf die Situation der hohen Energiekosten in seiner Branche aufmerksam gemacht. Jetzt scheint sich die Lage durch Regelungen der Hilfspakte und Desinteresse bei Beteiligten noch einmal zuzuspitzen.
Als Beispiel nennt Amthor die Strompreisbremse, die eigentlich eine deutliche Entlastung darstellt. Normalerweise würde er einen Strompreis bei seinem Anbieter von 27 Cent je Kilowattstunde bezahlen, womit er eigentlich einen schon recht niedrigen Tarif besitzt. Durch die Strompreisbremse müsste er rückwirkend zum 1. Januar bei 70 Prozent seines Verbrauchs aber sogar nur die Hälfte zahlen.
Höherer Abschlag für Strom plagen den Bäcker aus Rhön-Grabfeld
Tatsächlich muss er jetzt einen deutlich höheren monatlichen Abschlag in Kauf nehmen. Dabei hat er, um die Fixkosten zu senken, einen Ruhetag pro Woche eingeführt und weitere Energiesparmaßnahmen vorgenommen. Auf diese Weise spare er monatlich 2000 Kilowattstunden. Trotzdem zahlte er in diesem Jahr 2000 Euro pro Monat mehr, als er müsste.
Verantwortlich soll ein Abrechnungsfehler seines Stromanbieters sein. Er sei aber kein Einzelfall, so manchen Berufskollegen sei ähnliches widerfahren. Immerhin kann er mit einer Korrektur und einer Nachzahlung rechnen, weil die rechtliche Vorgabe eindeutig sei. Die Zinsen für die zu viel entrichteten Gebühren müsse er jedoch selbst tragen.
Corona-Hilfe wird zurückgefordert
Im Falle der Rückforderung der Corona-Hilfe werde er aber voraussichtlich den Kürzeren ziehen. Demnach muss er nach jetzigem Stand 15.000 Euro an Soforthilfe rückerstatten. Die Forderung werde mit dem Hinweis begründet, dass er seine Mitarbeiter nicht in Kurzarbeit geschickt habe.
Er beschäftige aber nur eine Vollzeitkraft, für die er das Angebot hätte wahrnehmen können. "Wenn ich die nach Hause geschickt hätte, hätte ich gleich den Betrieb schließen können, weil die anderen dann keine Arbeit haben". Dummerweise sei diese Regelung Ländersache. "In Baden-Württemberg müsste ich nichts zurückzahlen".
Gerade diese Vorgehensweise bringe kleine Betriebe in existenzielle Not, beteuert Amthor, der seine Kollegen auch im Vorstand des Bäckerei-Landesinnungsverbands vertritt. Er wisse von einem Betrieb im Landkreis Bad Kissingen, der die Aufgabe erwägt, falls es bei der Regelung bleibt.
Kampf ums Überleben
Seine eigene Bäckerei müsste jetzt auch ums Überleben kämpfen, wenn er nicht im vergangenen September den Betrieb umstrukturiert hätte. Durch die Einführung eines weiteren Ruhetags konnte er attraktivere und flexiblere Arbeitszeitmodelle anbieten. Dadurch habe er dringend benötigte neue Mitarbeiter und höchstwahrscheinlich eine Auszubildende gewinnen können, ohne an Umsatz zu verlieren.
Auch andere Branchen des Handwerks, etwa die Friseure, haben ähnliche Probleme mit der Rückzahlung der Corona-Soforthilfe. Es sollen dabei die kleinen Betriebe sein, "die mit dem Rücken zur Wand stehen". Amthor weist dazu auf die zahlreichen Bäckerbetriebe, die in jüngster Zeit kapituliert haben. Nach Zahlen des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks waren etwas mehr als 9600 Bäckerbetriebe Ende 2022 in die Handwerksrolle eingetragen.
Von Entlastungen keine Spur
Das waren rund 3,6 Prozent weniger als im Jahr davor. "Um die kleinen Betriebe kümmert sich keiner", klagt Amthor. Er habe inzwischen schon zahlreiche Abgeordnete des Bundes und des Landes angeschrieben und auch der Landesinnungsverband versuche zu intervenieren. Aber, so sein Resümee: "Von konkreten Entlastungen ist aber bisher keine Spur!"