Wenn Karl Marx nicht "Das Kapital" geschrieben hätte, wäre es ganz klar seine Sache gewesen - nur von einer ganz anderen Seite betrachtet. So hatte esder am 29. Oktober so unerwartet verstorbene Josef "Sepp" Schmitt einmal in den Raum gestellt. Natürlich mit diesem stets verschmitzten Lächeln, das zu ihm gehörte wie seine unglaubliche Leidenschaft für den Sport, seinen Beruf und seine Familie.
Der Raum, das war sein Zuhause in Bad Neustadt, das war sein Büro und sein kleines Hallenbad, in dem er täglich seine Bahnen zog. Zu seiner Aura gehörte immer seine Familie, sein Handballverein HSC Bad Neustadt, früher sein Dackel Mike und später die Deutschdrahthaarhündin Asta. Aber auch seine Doppelgarage, in der er seine "heimliche Liebe" versteckte, einen knallroten Ferrari Testarossa.
Nicht vergessen darf man an dieser Stelle seine Lebensgefährtin Andrea, die ihm gerade in den letzten Jahren und bei seinem schweren Leiden immer hilfreich und tapfer zur Seite stand. "Sie hat ihm und damit auch uns unglaublich gut getan", beschreibt Sohn Patrick die Situation in dieser Zeit.
Warum Sepp Schmitt minutiös Finanzmagazine durchwühlte
Umgeben war der Sepp aber vor allem von gut einem Dutzend Finanzmagazinen, die er minutiös durchwühlte, markierte und mit eigenen Notizen ergänzte. "Wenn die Leute meinen Rat brauchen, dann rufen sie mich an. Und da muss ich nahezu über alles Bescheid wissen", erklärte er einmal den Grund seiner täglichen Recherche, "denn es geht um Geld, manchmal um viel Geld!" Im Jahr 2019 feierte er seine 50-jährige Selbstständigkeit als Kapitalvermittler und war seit fast 40 Jahren VIP-Partner der amerikanischen Investgesellschaft "Franklin Templeton Investments".
Begonnen hat Schmitts Vita in Würzburg, wo er aufwuchs, Handball bei der TG spielte - im Übrigen zusammen mit Dirk Nowitzkis Vater Jörg - und in der HypoVereinsbank eine Ausbildung zum Bankkaufmann durchlief. In dieser Zeit lernte er seine spätere Frau Heidi kennen, die bei einer Wienerwald-Filiale in Würzburg arbeitete - und damit fast täglich ein halbes Hähnchen auf Sepps Speiseplan stand. Im Jahr 1969 läuteten die Hochzeitsglocken und Heidi mit Tochter Marion und ihrem frisch Angetrauten zogen in eine kleine Wohnung nach Bergrheinfeld. Ein Jahr später kam der gemeinsame Sohn Patrick zur Welt, am 2. Januar, exakt einen Tag nach dem Geburtstag seines Vaters.
Über einen Zwischenstopp in Dittelbrunn übersiedelten die Schmitts 1980 nach Bad Neustadt, auch deswegen, weil Sepp bereits in der Badestadt Handball spielte und des ständigen Pendelns überdrüssig wurde. Ein neues Kapitel wurde aufgeschlagen: der Sepp und "sein" HSC.
Aus VfL-Querelen ging der HSC Bad Neustadt hervor
Bereits 1977 gründete Sepp Schmitt mit einer Handvoll Gleichgesinnter nach Querelen im VfL Bad Neustadt den Handballsportclub Bad Neustadt, wurde zum 1. Vorstand gewählt und blieb über 26 Jahre dessen Präsident, Förderer und Antreiber. Als Kreisläufer stand er selbst aktiv im Team, dann machte er, schon mehr als 40 Jahre alt, bereitwillig Platz für jüngere, bessere Spieler.
Für diesen Qualitätsschub sorgte der Chef aber in Eigenregie: Mit Vladimir Haber und Jindrich Krepindl verpflichtete er zwei Spitzenleute aus der damaligen Tschechoslowakei. Es waren mit die ersten Sportler überhaupt, die Anfang der 80er Jahre in den Westen durften. Mit dem HSC ging es unaufhörlich nach oben, die Nationalteams aus China und der Sowjetunion waren in Bad Neustadt zu Gast, Pokalfights gegen namhafte Teams wurden gewonnen oder nur knapp verloren. Schließlich stand der HSC im Jahr 2002 in der 2. Bundesliga, der absolute Höhepunkt in der 44-jährigen Vereinsgeschichte.
Anderen zu sportlichen Erfolgen verholfen
Sepp Schmitt war ein Sportler durch und durch, aktiv wie passiv. Das aktuelle Jahrbuch der Stiftung Deutsche Sporthilfe, der Schmitt seit 27 Jahren als Kurator angehörte, zitiert ihn so: "Mein Wunsch war es immer Weltmeister, Olympiasieger, Europameister oder deutscher Meister zu werden. Aber leider war ich überall zu schlecht. Na, dann unterstütze ich eben die Sportler, die das Können haben und stehe ihnen bei, in guten wie in schlechten Zeiten."
Ein jüngstes Beispiel: Schmitt förderte den Leichtgewichtler und Profiboxer Artem Harutyunyan, half ihm mit Finanzspritzen und brachte ihn so dem angestrebten WM-Kampf einen Riesenschritt näher. Denn am 25. September 2021 - Sepp fieberte vor dem Fernseher mit - holte sich Artem den WBC-Titel durch einen K.o-Sieg gegen den bis dahin unbesiegten Spanier Samuel Molina.
Als ein Judoka nach 16 Weißbier kerzengerade aus dem Wiesen-Zelt marschierte
Aber der Sportfan Schmitt erkannte auch weniger "sportliche" Höchstleistungen an, zum Beispiel, als er als Mitglied des Kuratoriums des Deutschen Sports eine Gruppe nationaler Spitzenathleten zum Oktoberfest nach München einlud und da auch einen mehr als zwei Meter großen und über hundert Kilo schweren Judoka am Tisch sitzen hatte. "Der Kerl hat 16 Weißbier getrunken, hat sich blendend unterhalten und ist am Ende kerzengerade aus dem Festzelt marschiert. Dafür meinen größten Respekt", war der anerkennende Kommentar des Wiesn-Gastgebers.
Freunde des mit 76 Jahren leider viel zu früh Verstorbenen charakterisieren ihn so: prinzipientreu, ehrlich, willensstark, energisch und mutig. Sepp Schmitt war ein absoluter Ausnahmemensch, der äußerst gesellig war, gerne und viel reiste, aber daneben immer auch ein häuslicher, heimatverbundener und bescheidener Mensch blieb.
Ein "absoluter Ausnahmemensch" wird fehlen
"Ich bin anders als alle anderen, und das ist gut so", sagte Sepp Schmitt einmal über sich selbst. Und das war er, der Josef Schmitt, der Sepp, der Kapitalmensch, der Sportsmann, der Familienvater, der Reiselustige, der Ferraripilot, der Hundenarr. Er war wirklich ein absoluter Ausnahmemensch, der jetzt seiner Familie, seinen vielen Freunden und Bekannten so sehr fehlen wird.
Die feierliche Beisetzung findet an diesem Mittwoch, 10. November, um 12.45 Uhr am Stadtfriedhof in Würzburg statt. Es gelten die aktuellen Corona-Regelungen am Friedhof.