Bad Königshofen in den Tagesthemen – das hat Seltenheitswert. Gleich nach dem Streit im englischen Königshaus lenkt Sprecherin Caren Miosga den Blick auf die ehemaligen afghanischen Ortskräfte. Gezeigt wird das Foto von Flüchtlingen, die vor den Taliban in Sicherheit gebracht werden, auf dem Boden eines Flugzeuges ohne Sitze. Einige davon sind in der unterfränkischen Provinz, in Bad Königshofen, informiert die Sprecherin. Das Ankommen werde ihnen nicht immer leicht gemacht.
"Endlich sind die Übersetzungen der Zeugnisse da, auf die haben wir sechs, sieben Wochen gewartet", sagt Helfer und Stadtrat Frank Helmerich (Team 2020) zu Beginn des Beitrags. Neben Sabine Rhein, Helferin und Stadträtin (Grüne) sitzt er mit einigen Geflüchteten am Tisch ihrer Unterkunft. Beide kümmern sich gemeinsam mit drei anderen Helfern um rund 60 ehemalige Ortskräfte, trotz eigener Familie und Fulltimejobs. "Die Bürokratie macht uns am meisten zu schaffen", berichtet Helmerich. "Wir haben hunderte von Formularen, die wir jeden Tag ausfüllen müssen, wir versuchen Wohnungen zu organisieren und Fahrräder, damit sie wenigstens mobil sind." Führerscheine gebe es noch keine. "Wir kommen da an unsere Grenzen", stellt er fest.
Ein Fass ohne Boden
Anfangs habe man gedacht, es seien 12 Familien, die man gut integrieren könne, aber sobald man ihnen eine Wohnung besorgt habe und sie heraushole aus der Gemeinschaftsunterkunft, käme eine neue Familie. "Und wir fangen von vorne an", stellt Rhein fest. "Alle Erklärungen, alle Anträge – das ist ein Fass ohne Boden. Wir machen das schon seit so vielen Monaten, das zehrt."
Der Ingenieur Hedayat Muslih lebt mit seiner sechsköpfigen Familie seit einem Jahr in der Gemeinschaftsunterkunft, er blättert zahlreiche Formulare auf den Tisch. Man könne sie nicht verstehen und wisse nicht, wie man darauf antworten soll, erklärt er. "Die Leute vom Helferkreis helfen uns sehr."
Der Markt ist leergefegt
Gut erhaltene Möbel zu organisieren, wird immer zeitaufwendiger, der Markt sei durch die Ukraineflüchtlinge leergefegt, heißt es in den Tagesthemen. Neben den Ehrenamtlichen kümmern sich Wohlfahrtsverbände und das Jobcenter um die ehemaligen Ortskräfte. Allerdings gebe es bei den Behörden strukturelle Probleme, beklagt Rhein. "Wir können sie nur ganz schlecht erreichen, wenn wir eine Frage haben." Es fühle sich auch keiner verantwortlich für die einzelnen Problematiken.
Die Kosten für die Unterbringung bezahlt zum großen Teil der Freistaat Bayern, der Bund und die Kommunen beteiligen sich finanziell. In Landratsamt gibt es eine Flüchtlings- und Integrationsberatung. Die Sendung zeigt die beiden Helfer im Gespräch mit Landrat Thomas Habermann. Er zeigt Verständnis. "Nach sieben Jahren, seit 2015, werden die Ehrenamtlichen auch müde", stellt er fest. "Ich bin so dankbar, dass wir sie alle haben." Es kämen jetzt noch die ukrainischen Flüchtlinge dazu.
Landrat: Es braucht mehr Sprachkurse
Eine Lösung sieht der Landrat darin, dass die Geflüchteten schneller befähigt werden, sich selbst um ihre Angelegenheiten zu kümmern. "Die Menschen müssen integriert werden, das heißt, sie brauchen Sprachkurse, viel intensiver, ohne lange Zertifizierungen der Lehrerinnen und Lehrer, das dauert alles viel zu lange." Man brauche auch bessere Jobvermittlung. Dazu müsse die Bundesagentur für Arbeit und die Bundesrepublik die Voraussetzungen schaffen. "Weg mit den dicken Formularen, einfacher werden", fordert er. Man müsse schneller und effektiver werden. Außerdem sollte zusätzliches Personal eingestellt werden, doch dazu müsse mehr Geld investiert werden.
Am Ende des Berichts wird noch einmal Frank Helmerich gezeigt, wie er einem Geflüchteten ein Fahrrad übergibt, das er besorgt hat. Er fordere eine hauptamtliche Kraft, wird berichtete, doch getan hat sich noch nichts. Für die jetzigen Behörden-Mitarbeiter zeigt er Verständnis und erwartet nicht mehr Hilfe. Auch bei ihnen herrsche Personalmangel und Überforderung. "Sie arbeiten auch über ihre Leistungsgrenze", bemerkt er.
Mit dem Resultat sehr zufrieden
Wie ist die Resonanz am Tag nach der Ausstrahlung? Sabine Rhein war überrascht, dass das Thema in den Tagesthemen gezeigt wurde, das war vorher nicht bekannt. Im Vorfeld waren Helmerich und sie vom zuständigen Journalisten über den Inhalt des Beitrags informiert worden. Dieser legte den Schwerpunkt darauf, dass die Helfer von den Behörden im Stich gelassen werden. "Das stimmt ja so gar nicht, sie sind einfach überfordert. Wir konnten das noch ändern", berichtet Rhein in einem Telefonat.
Von 9 Uhr morgens bis 17 Uhr nachmittags wurde in Bad Königshofen und Bad Neustadt gedreht. "Jede Szene wird x-Mal wiederholt, bis alles passt. Einmal bellt ein Hund, einmal läuten die Glocken – es war nicht einfach." Etwas Angst hatten die Protagonisten, wie das alles zusammengeschnitten wird und wie das Endergebnis aussieht. Mit dem Resultat ist sie sehr zufrieden.