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BAD KISSINGEN
Auf den Spuren eines Aufrechten
Gerhard Fischer
 |  aktualisiert: 27.04.2023 06:16 Uhr

Am 14. April 1942 sollte der Pallottiner-Pater Franz Reinisch in Bad Kissingen seinen Wehrdienst in der dortigen Sanitäts-Ersatzabteilung ableisten. Pater Reinisch erschien erst einen Tag später. Er verweigerte den Fahneneid auf Adolf Hitler und machte klar, dass er den Wehrdienst nicht leisten werde. Pater Reinisch wurde verhaftet und später vor das Kriegsgericht gebracht. In der Kurstadt begann der Kreuzweg des Geistlichen. Er endete am 21. August 1942 in Brandenburg bei Berlin durch das Fallbeil.

Einziger katholischer Geistlicher, der Eid verweigerte

Pater Reinisch, ein gebürtiger Österreicher, ist in der Forschung der einzige katholische Geistliche, der den Fahneneid auf Hitler verweigerte. Seine Entschiedenheit, für seine Überzeugungen letztendlich in den Tod zu gehen, fasziniert immer wieder Menschen, die sich mit seiner Biografie auseinandersetzen. Einer, der sich ganz intensiv mit dem Leben und Sterben des Pater Reinisch auseinandergesetzt hat, ist Franz-Josef Tremer aus Fuchsstadt bei Hammelburg (Lkr. Bad Kissingen). Der Diplom-Theologe ist ein profunder Reinisch-Kenner. Seine Idee, ein Rock-Musical zum Leben und zur Passion des Pallottiner-Paters zu schreiben, wird nun Wirklichkeit.

Im April hat das Musical „Gefährlich – Franz Reinisch – Musical über einen Aufrechten“ im Bad Kissinger Kurtheater Premiere. Geschrieben und komponiert hat das Stück Wilfried Röhrig aus Viernheim bei Mannheim.

Biografische Schnittpunkte

„Das Leben von Reinisch ist für mich die spannendste Biografie des 20. Jahrhunderts“, sagt Tremer. Seit gut 15 Jahren forscht er über den Geistlichen, der mittlerweile als Märtyrer gilt. Es gibt einige biografische Schnittpunkte, die eine Verbindung schaffen. Da ist zum einen die Stadt Bad Kissingen. Dann ist es Reinischs wie Tremers Verbundenheit zur Schönstatt-Bewegung, einer Erneuerungsbewegung innerhalb der katholischen Kirche.

1999 lebte und wohnte Tremer nahe der Würzburger Sedanstraße. In dieser Straße fand 1942 auch die erste kriegsgerichtliche Vernehmung von Pater Reinisch nach dessen Festnahme statt. Vor allem in der Schönstatt-Bewegung wird die Erinnerung an Pater Reinisch besonders gepflegt. Die Bewegung veranstaltete 1980 einen Diaabend über Pater Reinisch, der Tremers Interesse weckte. „Was mich bis heute fasziniert, ist seine grenzenlose Freiheit, seine Entschlossenheit und Geradlinigkeit“, sagt Tremer.

Fast fünf Jahre von der Idee bis zum Musical

Der Fuchsstädter ist zwar selbst als Komponist musikalisch aktiv. Die Erarbeitung eines Musicals, das den Lebensweg von Pater Reinisch mit modernen musikalischen Mitteln nachzeichnet, überließ er jedoch einem Bekannten, Wilfried Röhrig aus Viernheim bei Mannheim. Der Religionslehrer ist in der christlichen Musikszene unterwegs und leitet einen eigenen Musikverlag. Fast fünf Jahre von der ersten Idee bis zum fertigen Werk arbeitete Röhrig an dem Musical. Der Fuchsstädter Reinisch-Verehrer versorgte den Komponisten immer wieder mit Wissenswertem.

Auch Röhrig hat sich vom Lebensweg des Pater Reinisch faszinieren lassen: „Letztlich geht es um den Unterschied zwischen existieren und leben. Wer nur existiert, hängt sein Fähnchen nach dem Wind und rettet unter allen Umständen seinen Kopf. Wer lebt, steht zu seinen Überzeugungen. Im Musical findet sich der Satz 'Liebe, Freiheit, aufrechten Gang gibt es nicht zum Nulltarif'. Das ist für mich der Kern der Reinisch-Geschichte“, sagt der Komponist.

Es sind die großen Fragen, die in mal rockige und fetzige, mal weiche und ruhige Musik gekleidet sind: Was ist meine Berufung und wie komme ich ihr auf die Spur? Wie gehe ich um mit Propaganda, sprich Fake News? Wie gehe ich um mit populistischen Tendenzen? Wie gehe ich um mit sozialem Anpassungsdruck? Welche Rolle spielt mein Gewissen? Woraus schöpfe ich die Kraft, meinen Weg zu gehen?

Die Rahmenhandlung des Musicals ist die historisch verbürgte Überführung von Reinischs Urne von Berlin nach Schönstatt bei Koblenz. Ein Geistlicher und zwei junge Hamburger unterhalten sich während dieser Fahrt über das Leben des Kriegsdienstverweigerers. Kindheit, Jugend, die religiöse Berufung und sein schließlicher Kreuzweg kommen in dem Musical zur Sprache. Mittlerweile liegen die CD, das Liederbuch und der Notentext zu dem Musical vor. Neben seiner Premiere in Bad Kissingen wird das Stück auch in Vallendar-Schönstatt, dem spirituellen Zentrum der Schönstadt-Bewegung, aufgeführt.

Franz-Josef Tremer freut sich auf die Premiere im April und darüber, dass die Stadt Premierenort ist. Es gibt ein Reinisch-Denkmal in Bad Kissingen.

Eine Erinnerungsplakette, die viele Jahre in der US-Kaserne an den Kriegsdienstverweigerer Reinisch erinnerte, bekam 2001 durch Pfarrer Oskar Pflüger in der Stadtpfarrkirche Herz Jesu an der Seitenwand einen würdigen neuen Platz. „Ein Gedenkort für einen Kriegsdienstverweigerer, das ist schon etwas“, sagt der Reinisch-Forscher Tremer.

Er ist gespannt, wie das Musical auf die Zuhörer wirken wird, ob auch sie die Bewunderung für den Pallottiner-Pater Franz Reinisch teilen werden. „Sein Gewissen war so glasklar“, bewundert Tremer den Mann, der sich der Nazidiktatur widersetzte. „Diese Resilienz, diese innere Widerstandskraft, sie ist bewundernswert“. Am 14. April ist in Bad Kissingen Gelegenheit, diese innere Widerstandskraft kennenzulernen.

Pater Franz Reinisch, das Musical und ein Würzburger Vortragsabend

Franz Dionysius Reinisch, 1. Februar 1903 in Feldkirch-Lewis im österreichischen Vorarlberg geboren, wurde am 21. August 1942 im Zuchthaus Brandenburg-Görden enthauptet. Mit 22 Jahren trat er in das Priesterseminar in Brixen/Tirol ein und wurde 1928 im Innsbrucker Dom zum Priester geweiht.

1934 kam er erstmals nach Schönstatt und lernte die gleichnamige Erneuerungsbewegung der katholischen Kirche kennen. Am 12. September 1940 erhielt er Rede- und Predigtverbot, nachdem er immer wieder die Unvereinbarkeit des christlichen Glaubens mit den Vorstellungen des Nazi-Regimes thematisierte: „Ich kann als Christ und Österreicher einem Mann wie Hitler niemals den Eid der Treue leisten. Es muss Menschen geben, die gegen den Missbrauch der Autorität protestieren; und ich fühle mich berufen zu diesem Protest.“ Am 15. April 1942 verweigerte er den Fahneneid auf Adolf Hitler und wurde daraufhin inhaftiert und wenige Monate später hingerichtet. Seit 2013 läuft der Seligsprechungsprozess für Pater Reinisch

Das Musical „Gefährlich – Franz Reinisch – Musical über einen Aufrechten“ von Wilfried Röhrig hat am Samstag, 14. April, um 19 Uhr im Kurtheater Bad Kissingen Premiere. Tickets bei der Tourist-Info Bad Kissingen unter Tel. (0 971) 80 48 44 4.

CD, Textausgabe und Notenausgabe sowie weitere Infos zum Musical beim Musikverlag www.rigma.de

„Aufrecht mit allen Konsequenzen“ lautet ein Vortragsabend im Würzburger Burkardushaus, Tagungszentrum am Dom, am Freitag, 23. Februar, um 19 Uhr. Referenten sind Regionaldekan Martin Emge, Prof. Dr. Eberhard Schockenhoff (Moraltheologe Uni Freiburg), Wilfried Röhrig und Franz-Josef Tremer.

Franz Josef Tremer aus Fuchsstadt (Lkr. Bad Kissingen) forscht seit vielen Jahren über Pater Franz Reinisch, der den Fahneneid auf Adolf Hitler verweigerte und dafür hingerichtet wurde. Von ihm stammt die Idee für ein Reinisch-Musical, das nun von Wilfried Röhrig verwirklicht wurde. Tremer steht vor der Erinnerungsplakette, die in der Bad Kissinger Herz-Jesu-Kirche angebracht wurde.
Foto: Gerhard Fischer | Franz Josef Tremer aus Fuchsstadt (Lkr. Bad Kissingen) forscht seit vielen Jahren über Pater Franz Reinisch, der den Fahneneid auf Adolf Hitler verweigerte und dafür hingerichtet wurde.
Gedenkfeier Pater Reinis       -  Charakterstark: Pater Franz Reinisch, der in Bad Kissingen den Eid auf Adolf Hitler verweigerte.
Foto: Peter Klopf | Charakterstark: Pater Franz Reinisch, der in Bad Kissingen den Eid auf Adolf Hitler verweigerte.
 
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